Das könnte Sie auch interessieren
Text: Dieter Schenk
Flachdächer werden immer mehr zu Arbeitsplätzen. Nicht nur die Abdichtung und die Dachbegrünung müssen regelmäßig gepflegt werden, die dort immer häufiger installierten technischen Anlagen, wie Klimageräte, Solar- und Mobilfunkanlagen, müssen ebenfalls kontrolliert und gewartet werden. Dementsprechend steigt auch die Zahl der Fachkräfte, die das Flachdach für die Arbeiten betreten müssen. Die seit Januar 2017 gültige Ausgabe der DIN 4426 „Einrichtungen zur Instandhaltung baulicher Anlagen – Sicherheitstechnische Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege – Planung und Ausführung“ berücksichtigt nun diese Entwicklung, indem die Norm um Kapitel zur Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen ergänzt wurde.
Die neuen Regelungen für die Absturzsicherung bei Dachbegrünungen finden sich in Kapitel 5.6 der DIN 4426. Dabei wird – analog zur Einstufung aus den Dachbegrünungs-Richtlinien der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) – unterschieden in:
- Extensivbegrünungen, bei deren Wartung eine Absturzsicherung durch PSAgA (Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz) zulässig ist und (mindestens) Einzelanschlagpunkte oder lineare Anschlageinrichtungen zu installieren sind.
- Intensivbegrünungen, für die permanente Schutzmaßnahmen (z. B. ausreichend hohe Attika oder Geländer) vorzusehen sind.
- Einfache Intensivbegrünungen, hier sind die Schutzmaßnahmen planerisch auf die zu erwartende Pflegehäufigkeit abzustimmen.
Die Norm führt weiter aus: „Schienensysteme sind anderen linearen Einrichtungen zum Anschlagen von PSAgA vorzuziehen.“ Hinter dieser Empfehlung stehen Praxiserfahrungen, wonach es bei Seilsystemen vorkommen kann, dass das Seil durchhängt und überwachsen werden kann, wodurch die Nutzung beeinträchtigt wird. Außerdem spielt hier die gegenüber Schienensystemen verminderte Blitzstrom-Festigkeit mit hinein.
Die Forderung nach einem dauerhaften Geländer bei Intensivbegrünungen wird nicht bei allen Architekten auf Gegenliebe stoßen. Ein kleines „Schlupfloch“ lässt die Norm mit folgender Ergänzung zu: „Ist bei der Änderung dauerhafter baulicher Anlagen ein Geländer als permanente kollektive Schutzmaßnahme an der Absturzkante des Daches aus technischen Gründen nicht möglich, kann eine Kombination von in der Dachfläche befindlichem Geländer und dauerhafter linearer Anschlageinrichtung zum Einsatz kommen.“ Die Norm trägt damit der Überlegung Rechnung, dass viele Personen, die sich in einer Dachinnenfläche aufhalten, sich häufig nicht der Besonderheiten und Gefahren des Arbeitsplatzes Dach bewusst sind. Diese Personen müssen durch einen Kollektivschutz gesichert werden. Die wenigen Personen, die sich am Dachrand bewegen müssen, um dort beispielsweise Pflegemaßnahmen durchzuführen, müssen sich des erhöhten Gefährdungspotenzials bewusst sein, beziehungsweise in entsprechenden Sicherheitseinweisungen darauf hingewiesen werden. Sie sind damit in der Lage, unter den besonderen Bedingungen der PSAgA zu arbeiten. Sicherlich für manche Projekte ein guter Kompromiss, allerdings bedarf es dazu der Argumentation, dass ein Geländer direkt am Dachrand aus technischen Gründen nicht möglich ist. So betrachtet regelt die neue DIN 4426 die Absturzsicherung angemessen, weder wird das Thema verharmlost noch verkompliziert.
Dieter Schenk ist Geschäftsführer der ZinCo GmbH und Delegierter des Deutschen Dachgärtner Verbandes DDV im DIN 4426-Ausschuss
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: