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Wenn sich die Wege trennen

Bei einer Kündigung müssen Arbeitgeber und Beschäftigte Fristen und Formalien beachten. Der Kündigungsgrund bleibt dennoch oft im Dunkeln.

31.10.20178 Min. Kommentar schreiben

Von Julia Oesterling

Während es bei Arbeitnehmern teilweise heißt, dass sie „innerlich gekündigt“ haben, geht eine ausgesprochene Kündigung meistens vom Arbeitgeber aus. „Kommen Sie bitte nach dem Mittagessen in mein Büro“, heißt es dann etwa. Vielleicht gab es schon eine Vorahnung oder aber das Gespräch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt ganz überraschend. Der Vorgesetzte schiebt ein Blatt Papier mit der Überschrift „Ordentliche Kündigung“ über den Schreibtisch. „Wir wollen das Arbeitsverhältnis mit Ihnen nicht fortsetzen, Sie sind ab sofort von der Arbeit freigestellt. Bitte quittieren Sie hier, dass Sie die Kündigung erhalten haben“, könnte es dazu heißen.

Zugang der Kündigung und Klagefrist

In der Regel möchte ein Arbeitgeber die Übergabe der Kündigung durch eine Unterschrift bestätigt bekommen, weil er damit deren Zugang beweisen kann. Trotzdem sollten die Beschäftigten nichts unterschreiben, da sie in diesem Moment nicht überblicken können, ob auf dem Papier neben dem Erhalt der Kündigung noch etwas anderes steht. Vorgelegte Unterlagen sollten mit nach Hause genommen und in Ruhe durchgesehen werden. Es gibt auch keine Verp‘flichtung zur Bestätigung des Erhalts der Kündigung. Wenn der Arbeitgeber den Zugang des Schreibens beweisen möchte, kann er einen Zeugen hinzurufen oder auch die Kündigung per Kurierdienst oder Einschreiben bei dem Beschäftigten zu Hause zustellen lassen. Der Zugang der Kündigung ist wichtig, weil ab diesem Tag eine Dreiwochenfrist beginnt, innerhalb derer der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben kann. Wird die Frist auch nur um einen Tag überschritten, so wird die Kündigung als wirksam angesehen, unabhängig davon, ob ein Kündigungsgrund vorlag. Ausnahmen werden von den Gerichten nur selten zugelassen.

Freistellung

Eine Freistellung von der Arbeit bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kommt häu“fig vor, denn die Arbeitsmotivation nach Ausspruch einer Kündigung ist in der Regel nicht mehr hoch. Der Arbeitnehmer muss dann nicht mehr arbeiten. Bei einer einseitigen Freistellung durch den Arbeitgeber muss dieser jedoch trotzdem weiter das Gehalt zahlen.

Kündigungsgrund oft unklar

Zumindest im Kündigungsschreiben muss der Arbeitgeber seine Gründe nicht darlegen. Nur bei einer fristlosen Kündigung ist er gemäß § —˜—626 Abs. 2˜ S. 3 ™des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zwar gesetzlich verpfl‘ichtet, auf Verlangen die Gründe mitzuteilen. Weil das Gesetz jedoch kaum eine Sanktion im Falle des Schweigens vorsieht, wird häu“fig nicht geantwortet. Es gibt unvermeidliche und daher erwartbare Kündigungen, etwa bei starkem Auftragsrückgang. Oder ein Mitarbeiter ist schon seit Langem krank oder hat einen gravierenden Fehler begangen und rechnet daher selbst mit einer Kündigung. Gekündigte Mitarbeiter hingegen, die etwa vor Kurzem noch eine Bonuszahlung oder ein Lob für ihre guten Leistungen bekommen haben, stehen oft vor einem Rätsel: Hätte ich auf der Weihnachtsfeier besser nicht von meinem Kinderwunsch erzählen sollen? War die leise Kritik an dem Vorgesetzten vor ein paar Wochen der Auslöser? In vielen Fällen wird man die genauen Gründe gar nicht oder erst in einem Kündigungsschutzprozess erfahren. Denn erst vor dem Arbeitsgericht muss der Arbeitgeber die Kündigung begründen, damit das Gericht überprüfen kann, ob die Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt ist. Dieses Gesetz ist allerdings nur anwendbar, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate Bestand hatte und im Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit arbeiten.Teilzeitbeschäftigte werden bei der Berechnung anteilig gezählt. Der Arbeitgeber muss für die soziale Rechtfertigung der Kündigung dringende betriebliche Erfordernisse, personenbedingte oder verhaltensbedingte Gründe vorbringen.


Dringende betriebliche Erfordernisse

Ein dringendes betriebliches Erfordernis ist beispielsweise ein starker Auftragsrückgang. Wenn es mehrere Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten gibt, muss der Arbeitgeber unter ihnen eine Sozialauswahl treffen. Anhand der Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung der Beschäftigten muss er die seiner Ansicht nach am wenigsten schutzwürdige Person auswählen. Diese Auswahl würde im Rahmen eines Prozesses überprüft werden.

Personenbedingte Gründe

Ein personenbedingter Kündigungsgrund ist zum Beispiel ein langer krankheitsbedingter Ausfall, wenn auch zukünftig keine Besserung erwartet werden kann. Zu beachten ist in diesem Fall, dass der Arbeitgeber bei insgesamt mehr als sechs Wochen Krankheit im Jahr verpflichtet ist, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. In diesem Verfahren sollen Möglichkeiten zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit geprüft und der Arbeitsplatz dadurch erhalten werden. Hat der Arbeitgeber dieses Verfahren nicht durchgeführt, so wird es für ihn schwierig, eine krankheitsbedingte Kündigung vor Gericht zu rechtfertigen.

Verhaltensbedingte Gründe

Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund liegt vor, wenn der Arbeitnehmer die Interessen des Arbeitgebers durch sein Verhalten negativ beeinträchtigt, also gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt. Im Februar 2017 hatte das Landesarbeitsgericht Köln über den Fall einer außerordentlichen Kündigung zu entscheiden (Urteil vom 7. Februar 2017, Az.: 12 Sa 745/16). Der angestellte Arbeitnehmer hatte sein privates Profil im Online-Karrierenetzwerk XING auf den Status „Freiberufler“ geändert. Der Arbeitgeber sprach daraufhin die fristlose Kündigung aus und begründete dies mit einer unerlaubten Wettbewerbstätigkeit. Das Landesarbeitsgericht ließ allein das Umstellen des Profils jedoch nicht als wichtigen Grund gelten und hat die Kündigung zurückgewiesen. Bei leichten Pflichtverletzungen müsse der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erteilen.

Auch wenn sie sich im Nachhinein als unwirksam erweist, bereitet eine fristlose Kündigung dem Arbeitnehmer Probleme, denn das Arbeitsamt verhängt in der Regel zunächst eine Sperrfrist, in der kein Arbeitslosengeld gezahlt wird, weil es davon ausgeht, dass der Verlust des Arbeitsplatzes selbst verschuldet ist. Dies gilt übrigens auch im Falle der Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer.


Auch wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, kann eine Kündigung unwirksam sein. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Kündigung gegen ein Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz oder gegen die guten Sitten verstößt.

Besonderer Kündigungsschutz

Einen besonderen Kündigungsschutz gibt es für schwerbehinderte Arbeitnehmer, Schwangere, Beschäftigte in Elternzeit sowie Mitglieder des Betriebsrats oder der Schwerbehindertenvertretung. Eine Kündigung dieser Personengruppen ist nur in Ausnahmefällen möglich.

Abmahnung

Bei leichten Pfl‚ichtverletzungen wird von den Gerichten in der Regel verlangt, dass der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung erteilt. Diese rügt ein konkretes Fehlverhalten und warnt mit einer Kündigungsandrohung vor weiteren Verstößen. Sie erfolgt aus Beweisgründen fast immer schriftlich. Es gibt keine Vorgabe, wie viele Abmahnungen der Arbeitgeber vor einer Kündigung ausgesprochen haben muss, sondern es kommt auf die Schwere des Verstoßes an.

Kündigungsfrist

Für eine fristlose Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist braucht der Arbeitgeber immer einen wichtigen Grund. Es muss für ihn unzumutbar sein, die Kündigungsfrist abzuwarten. Dies ist bei schweren Verfehlungen, wie zum Beispiel Straftaten, der Fall. Die Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung ergibt sich aus dem Gesetz, dem Arbeitsvertrag oder auch einem Tarifvertrag. In § ˆ‰622 BGB sind die Mindestfristen vorgegeben. Hat ein Arbeitsverhältnis zum Beispiel weniger als zwei Jahre bestanden, so können der Arbeitgeber und die Beschäftigten mit einer Frist von vier Wochen zum 15Ž‘. oder zum Ende des Kalendermonats kündigen. Mit zunehmender Betriebszugehörigkeit verlängert sich diese Frist für den Arbeitgeber. Im Arbeits- oder Tarifvertrag können auch längere Kündigungsfristen vereinbart werden. Während einer vereinbarten Probezeit kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

Klage

Nach Erhebung einer Kündigungsschutzklage beraumt das Arbeitsgericht in der Regel innerhalb von einigen Wochen den ersten Gerichtstermin an. Dieser Termin heißt Gütetermin, weil eine gütliche Einigung in einem gerichtlich dokumentierten Vergleich erzielt werden soll. Tatsächlich werden circa 80“” Prozent der Fälle vor dem Arbeitsgericht durch einen solchen Vergleich beendet. Dieser kann bei einer betriebsbedingten Kündigung so aussehen: Der Arbeitnehmer erklärt sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen, unter Einhaltung der Kündigungsfrist, einverstanden. Der Arbeitgeber zahlt als Ausgleich eine Abfi–ndung und erteilt ein Arbeitszeugnis mit der Note „sehr gut“. Was genau der Grund für die Kündigung war, wird dann nicht mehr geklärt. Der Rechtsstreit ist damit erledigt. Ein Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht ist teuer. Das liegt an einer Sonderregelung, nach der in der ersten Instanz jede Seite ihren Anwalt selbst bezahlen muss, auch wenn sie den Prozess gewinnt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, die Klage ohne anwaltliche Unterstützung beim Arbeitsgericht zu erheben oder sich gegen sie zu verteidigen. Gerichtskosten entstehen beim Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs dagegen nicht. Im Falle eines Urteils muss die unterliegende Partei die Gerichtskosten tragen. Falls beide Parteien teilweise recht bekommen, werden die Gerichtskosten unter ihnen aufgeteilt. Eine Rechtsschutzversicherung für Arbeitsrecht übernimmt in der Regel die Kosten für eine Kündigungsschutzklage. Auch die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft sichert den kostenlosen gewerkschaftlichen Rechtsschutz bei arbeitsrechtlichen oder sozialrechtlichen Streitigkeiten.

Julia Oesterling ist Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei Betz Rakete Dombek in Berlin.

Hinweis: Zugunsten der Lesbarkeit wird in diesem Beitrag das generische Maskulinum benutzt, das alle Geschlechter einschließt. Das Manuskript der Autorin sah eine sprachliche Genderung vor.


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