Interview: Marion Goldmann
Herr Wiegand, welche Eigenschaften muss Konstruktionsvollholz haben?
Einige Anforderungen sind in Normen geregelt. Die bauaufsichtlichen Anforderungen sind in der Produktnorm DIN EN 15497 enthalten. Doch Angaben zur Einschnittart und zur Oberflächenqualität sind darin nicht festgelegt, sondern sind in einer Verbändevereinbarung definiert. Die darin geforderte technische Trocknung auf eine Holzfeuchte von maximal 20 Prozent ist mittlerweile Standard.
Das war nicht immer so?
Nein. Das war sogar der Anlass, die Überwachungsgemeinschaft Konstruktionsvollholz zu gründen. Das war 1994. Damals war das verfügbare „Bauholz normaler Güte“ in der Regel nur halbtrocken und konnte so nicht im Holzrahmenbau eingesetzt werden, dessen Aufschwung zu dieser Zeit begann. Für den Holzrahmenbau wird maßhaltiges und aufgrund der luftdichten Ausführung trockenes Holz benötigt. Um den Holzrahmenbau funktionsgerecht und wirtschaftlich realisieren zu können, wünschte die Holz verarbeitende Industrie ein qualitätsüberwachtes Vollholzprodukt.
Daraufhin haben der Verband der Deutschen Säge- und Holzindustrie und der Bund Deutscher Zimmerermeister entsprechende Eigenschaften für Konstruktionsvollholz definiert.
Ja, die erste Fassung dieser Verbändevereinbarung stammt aus dem Gründungsjahr, wobei die Anforderungen seitdem fortlaufend der technischen Entwicklung angepasst werden. Im Wesentlichen handelt es sich danach bei Konstruktionsvollholz um nach der Festigkeit sortierte und auf eine Holzfeuchte von maximal 15 +/-3 Prozent technisch getrocknete Vollholzprodukte mit definiertem Einschnitt. Im Vergleich zu herkömmlichen Holzbaustoffen neigen sie deutlich weniger zu Rissbildung und zum Verdrehen. Neben einer Reihe weiterer Kriterien sind in der Vereinbarung zwei Oberächenqualitäten definiert. Die technische Holzfeuchte ist zudem Voraussetzung für den zwischenzeitlich üblichen Verzicht auf vorbeugenden chemischen Holzschutz nach DIN 68800.
Ist diese Qualität garantiert?
Zunächst einmal haben sich alle Firmen, für die die Verbändevereinbarung gilt, freiwillig zur Einhaltung dieser höheren Qualität verpflichtet. Es besteht aber kein Zwang zur Qualitätsüberwachung für die Holz verarbeitende Industrie sowie die Zimmereibetriebe. Die Unternehmen können ihr Produkt Konstruktionsvollholz nennen und damit ausdrücken, dass sie die Vereinbarung mit der Überwachungsgemeinschaft Konstruktionsvollholz einhalten. Eine geprüfte Qualität erhält der Kunde aber nicht.
Um sicherzugehen, dass die Qualität auch eingehalten wird, haben sich deshalb unsere aktuell 35 Mitglieder für eine Fremdüberwachung durch unabhängige Prüfstellen entschlossen. Nur diese Firmen dürfen das Holz dann mit dem eingetragenen Warenzeichen KVH® bezeichnen.
KVH®, KVH, Konstruktionsvollholz? Es ist schwierig, hier die Unterschiede zu erkennen.
Das ist richtig. Im Nachhinein betrachtet, hätte man in der Verbändevereinbarung grundsätzlich eine Fremdüberwachung fordern sollen. Es ist vor allem der Eindruck entstanden, KVH sei die Abkürzung für Konstruktionsvollholz. Das ist falsch. Im Prinzip muss man drei Qualitätsstufen unterscheiden: Konstruktionsvollholz muss die bauaufsichtlichen Anforderungen erfüllen und ist mit dem CE-Zeichen gekennzeichnet. Zusätzlich muss Konstruktionsvollholz die Anforderungen gemäß der Verbändevereinbarung erfüllen, es trägt ebenfalls das CE-Zeichen und darf Konstruktionsvollholz genannt werden. Das Kürzel KVH und das grüne Logo KVH® dürfen nur die Mitgliedsfirmen der Überwachungsgemeinschaft verwenden. Hier sind die Produkte güteüberwacht.
Wie muss die Ausschreibung und Kontrolle von güteüberwachtem KVH® erfolgen?
Auf unserer Website sind verschiedenste Publikationen veröffentlicht, darunter die Broschüre „Technische Informationen“. Sie enthält auch einen Muster-Ausschreibungstext. Wichtig ist, dass KVH® entsprechend der Verbändevereinbarung und der Überwachungsgemeinschaft – also nicht „Konstruktionsvollholz“ – bestellt wird. Kontrollieren kann der Architekt das auf dem Lieferschein, worauf mit dem Kürzel KVH oder dem „KVH®“-Logo die Qualität bestätigt wird.
Im Rahmen der Ausschreibung muss der Architekt auch die Oberflächenqualität bestimmen. Sie erwähnten eingangs, dass dafür keine Regelung existiert.
Die Produktnorm DIN EN 15497 macht keine Angaben zur Oberflächenqualität. Daher wurde sie in der Verbändevereinbarung definiert. Planer und Bauherren sollten sich zunächst Gedanken über die Auswahl der Oberflächenqualität machen. Bei Bauteilen mit großem Abstand zum Auge des Betrachters werden Wuchseigenschaften, wie Astgröße und Astzustand, kaum wahrgenommen. „Astfreies Holz“ gibt es praktisch nicht. Eine Größenbeschränkung von Ästen über die Anforderungen der Festigkeitssortierung hinaus ist betriebstechnisch in der Regel nicht möglich, aber aus ästhetischen Gründen meist auch nicht notwendig. Es ist der Astzustand, also verfärbte oder ausgefallene Äste, der festzulegen ist.
Hier geht es zum PDF eines Beitrags, der den Umgang mit den Oberflächenqualitäten detailliert erläutert.
MEHR INFORMATIONEN
Die Überwachungsgemeinschaft Konstruktionsvollholz hat eine Reihe von Merkblättern und Broschüren veröffentlicht. Zum Beispiel:
Technische Informationen: Infos zur Planung und Bemessung
Vereinbarung über KVH: Definition der Qualitätsanforderungen
Merkblatt zum Einsatz von KVH® ohne chemischen Holzschutz:
Bedingungen und Anwendbarkeit
Merkblatt zum Umgang mit KVH®: Lagerung auf der Baustelle
Umwelt-Produktdeklarationen: EPDs zu KVH® sowie Balkenschichtholz
Mehr Informationen zum Thema Technik erhalten Sie hier