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Bauen nach neuem Recht

Wer Bauleistungen vergibt oder eine Bauleitung übernimmt, sollte das neue Bauvertragsrecht kennen. Unter anderem bei Abschlagszahlungen, Kündigung, Abnahme und Nachträgen hat sich einiges geändert.

01.08.20187 Min. Kommentar schreiben

Von Carsten Eichler

Am 1. Januar 2018 ist das neue Bauvertragsrecht in Kraft getreten. Der Gesetzgeber hat damit im Werkvertragsrecht – endlich – als neuen und eigenständigen Vertragstyp den Bauvertrag eingeführt, der das Werkvertragsrecht an die Gegebenheiten am Bau anpassen soll. Dabei hat er die allgemeinen Vorschriften zum Werkvertragsrecht angepasst, ergänzt und teilweise verschoben. Diese sind weiterhin in den Paragrafen 631 bis 650 BGB geregelt. Die Paragrafen 650 a bis 650 h BGB enthalten nunmehr die Sonderregelungen für den neu eingeführten Bauvertrag.

VOB/B und Vertragsgestaltung

Höchst umstritten ist aktuell, inwieweit die Vereinbarung der VOB/B das neue Bauvertragsrecht außer Kraft setzen kann. Die VOB/B wurde nicht an das neue Recht angepasst, ist aber weiterhin gesetzlich privilegiert, wenn sie ohne Abweichungen vereinbart wird. Hier ist in der Praxis viel Streitpotenzial zu erwarten.

Aufgrund der bestehenden rechtlichen Unsicherheiten kann hinsichtlich der Vertragsgestaltung im Moment nur dazu geraten werden, den Bauherrn auf die bestehenden Risiken deutlich hinzuweisen und anwaltliche Beratung zu empfehlen, bis wieder klarer beurteilt werden kann, in welchem Rahmen man durch vertragliche Regelungen vom neuen Bauvertragsrecht abweichen darf. Auch die Weitergabe von gängigen Vertragsmustern muss im Moment mit Vorsicht genossen werden. All dies gilt umso mehr, da Architekten auch weiterhin vermeiden sollten, unzulässige Rechtsberatung zu betreiben.

Abschlagszahlungen

Der § 632 a BGB, der die Berechtigung zu Abschlagszahlungen regelt, wurde dahin gehend angepasst, dass hinsichtlich der Höhe der Abschlagszahlung nicht mehr an den Wertzuwachs beim Auftraggeber, sondern nun an den Wert der vom Unternehmer erbrachten Leistung angeknüpft wird. Diese Regelung ist deutlich praxistauglicher, ist aber nur eine Angleichung an den bekannten § 16 VOB/B. Da der Gesetzgeber es unterlassen hat, weitere Probleme, wie zum Beispiel die Frage der Berechnung einer Abschlagszahlung bei einem Pauschalvertrag, gesetzlich zu regeln, ist dem Bauherrn ohnehin zu empfehlen, Zahlungspläne mit den Handwerkern zu vereinbaren.

Kündigung aus wichtigem Grund

Eine Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund war bisher gesetzlich nicht vorgesehen. Die Rechtsprechung hat diese aber bereits seit Langem zugelassen, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, ein völlig zerrüttetes Rechtsverhältnis zu beenden. Diese Möglichkeit ist nun in § 648 a BGB ausdrücklich gesetzlich geregelt. Es bleibt dabei, dass der Kündigende den wichtigen Kündigungsgrund in einem späteren Prozess darlegen und beweisen muss. Solche Gründe können zum Beispiel eine unberechtigte Baueinstellung, eine unberechtigte Kündigung oder ein beharrlicher Verstoß gegen die Regeln der Technik sein. Das Recht des Auftraggebers zur freien, das heißt „grundlosen“, Kündigung besteht weiter fort, ist neuerdings allerdings, statt wie bisher in § 649, im frei gewordenen § 648 zu finden. Die Frage der Kündigung eines Bauvertrages ist aber sicherlich nicht mehr vom Architekten im Rahmen der Bauleitung zu behandeln, sondern Sache des Auftraggebers. Interessant ist an der Einführung des § 648 a BGB allerdings für die Praxis, dass damit die bekannten Regelungen zu den Bauhandwerkersicherungen nicht mehr in den §§ 648 und 648 a BGB zu finden sind, nach denen sie im Sprachgebrauch am Bau regelmäßig benannt werden, sondern nun in den §§ 650 e und 650 f BGB geregelt werden.

Feststellung des Leistungsstands

Laut der Regelung des neuen § 648 a Abs. 4 BGB kann nach der Kündigung jede Vertragspartei von der anderen eine gemeinsame Feststellung des Leistungsstands verlangen. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie der Feststellung unentschuldigt fern, trifft sie im Folgenden die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Mit der Leistungsfeststellung ist zwar weder eine Abnahmewirkung noch eine Mangelfeststellung im Rechtssinn verbunden, der Vorteil liegt jedoch darin, dass der Leistungsstand zum Kündigungszeitpunkt zwischen den Parteien bindend festgestellt wird. Im Fall einer Kündigung durch den Unternehmer, der gleichzeitig eine Leistungsfeststellung fordert, ist dem Bauherrn daher dringend zu raten, an dieser teilzunehmen und diese nicht mit vorgeschobenen Gründen zu verhindern, da das Tragen der Beweislast bei späteren Behauptungen des Unternehmers über den Leistungsstand erhebliche Nachteile haben wird.

Neues zur Abnahme

Nach dem neuen § 640 Abs. 2 BGB gilt eine Bauleistung zukünftig als abgenommen, wenn der Unternehmer dem Bauherrn nach Fertigstellung eine angemessene Frist zur Abnahme setzt und der Bauherr die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert hat (siehe auch hier). Auch auf diese mögliche Fiktion der Abnahme ist der Bauherr hinzuweisen, diese kann allerdings, wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, leicht verhindert werden, indem innerhalb der gesetzten Abnahmefrist auch nur ein einziger Mangel angezeigt wird.

In § 650 g BGB ist zur Abnahme jetzt ergänzend geregelt, dass der Unternehmer auch im Fall der Verweigerung der Abnahme eine Zustandsfeststellung verlangen kann. Auch hier führt eine Verweigerung zur Umkehr der Beweislast und sollte deswegen unbedingt vermieden werden. Der Unternehmer darf in diesem Fall nämlich eine einseitige Zustandsfeststellung durchführen und in der Praxis wird wohl davon auszugehen sein, dass diese nur wenige oder keine Mangelfeststellungen enthalten wird. Ungeklärt ist, was passiert, wenn die Parteien sich bei der Zustandsfeststellung nicht auf den Zustand einigen können. Nach der Gesetzesbegründung soll dann keine einseitige Zustandsfeststellung möglich sein. In der juristischen Literatur wird allerdings auch die Auffassung vertreten, dass diese für den Unternehmer möglich sein soll. Diese Frage wird zukünftig die Rechtsprechung beantworten müssen.

Neues Anordnungsrecht

Am ungewohntesten und schwierigsten wird der Umgang mit den neuen Regelungen zum Anordnungsrecht des Bauherrn sowie zur Höhe der Nachtragsforderung des Bauunternehmers sein. § 650 b Abs. 1 BGB regelt nun erstmals ein gesetzliches Anordnungsrecht des Bauherrn. Dabei wird zwischen Änderungen des vereinbarten Werkerfolgs und Änderungen zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs unterschieden. Die Parteien sollen sich über die Änderung und die Kosten zunächst auf Basis eines Angebots einigen. Erst nach 30 Tagen kann der Bauherr die Leistung einseitig anordnen. Bei Änderungen des vereinbarten Werkerfolgs muss der Unternehmer ein Angebot nur vorlegen und der Anordnung nur folgen, wenn ihm dies zumutbar ist. § 650 c BGB regelt unter Abweichung vom bisher Gewohnten, dass sich die Höhe der Vergütung nur noch nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für Allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn richtet. Der Unternehmer kann wahlweise auch auf eine vorab hinterlegte Urkalkulation zurückgreifen. Dann wird nämlich vermutet, dass die auf Basis der Urkalkulation fortgeschriebene Vergütung den tatsächlichen Kosten entspricht. Gemäß § 650 c Abs. 3 BGB kann der Unternehmer nach der Anordnung bei der Berechnung von fälligen Abschlagszahlungen sofort 80 Prozent seines Nachtragsangebots in Rechnung stellen. Ein Ausgleich auf Basis der tatsächlichen Kosten erfolgt dann erst mit der Schlussrechnung. Um überhöhte Angebote zu vermeiden, sind überschießende Beträge bis zur Rückzahlung mit neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Sollten die Parteien sich über die Anordnung, die Nachtragshöhe oder eine Abschlagsforderung uneinig sein, können beide zur schnellen Klärung eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragen.

Die vielen noch offenen Einzelfragen zum konkreten Umgang mit diesen Regelungen wird leider erst die Rechtsprechung der nächsten Jahre klären. Bis dahin ist davon auszugehen, dass das Einigungsmodell jedenfalls dann zu einem erheblichen Zeitverlust führt, wenn eine geforderte Leistung auf dem kritischen Weg liegt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann der Architekt dem Bauherrn daher wohl nur damit helfen, im Fall der Fälle zu versuchen, mit dem Unternehmer schnellstmöglich sinnvolle Einigungen zu erreichen. Zum strittigen Umgang mit Einzelfragen wird dem Bauherrn erneut zu raten sein, schnell anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.p

Carsten Eichler ist Rechtsanwalt bei der Kanzlei Eversheds Sutherland (Germany) LLP in München und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.


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