Von Christoph Gunßer
34 Meter ragt der Quader am Eingang des Gartenschaugeländes in die Höhe. In Holz ist das bislang bundesweit Spitze. Doch wie bei zahlreichen anderen derzeit geplanten Holztürmen kommt der „skaio“ nicht ohne einen Erschließungskern aus Stahlbeton aus, der mit Rettungsaufzug viel Platz beansprucht. Auch die Fassade ist nicht ganz aus Holz: Großzügige Fensteröffnungen waren nur mit kräftigen Unterzügen aus Stahl machbar. Und gegen den Angriff des Wetters werden noch Paneele aus Alu vors Massivholz gehängt, das aber innen und in der Deckenuntersicht sichtbar bleibt.
Momentan steht der Rohbau, und daran lässt sich gut die Fügung der Bauteile nachvollziehen. 24 cm starke Brettsperrholzdecken spannen vom aussteifenden Kern zur Fassade, in der Brettschichtholzstützen im Abstand von rund 8 m die Lasten abtragen. Vorgefertigt werden auch die Kastenfensterelemente und die selbsttragenden Sanitärmodule.
Für einen späteren Rückbau nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip sorgt der trockene Ausbau vor, u. a. ein aufwändiger Fußboden- und Wandaufbau, der auch erhöhten Schallschutz gewährleisten soll. Auf den Böden reichte das Budget leider nur für Linoleum. Der Brandschutz machte eine aufwändige Hochdruckfeinnebelanlage in den Wohnungen und Ventilatoren nötig, die im Treppenhaus für Überdruck sorgen, damit es im Brandfall rauchfrei bleibt. Energietechnisch verzichtete man indes auf eine zentrale kontrollierte Lüftungsanlage, da diese zu viel Raum beansprucht hätte. Der Bauherr hofft trotzdem auf eine DGNB-Zertifizierung der Kategorie Gold.
Da verbautes Holz langfristig viel CO2 bindet und insgesamt eine sehr gute Ökobilanz aufweist, rechnen Experten mit einem Wachstum des Holzbaus auch im verdichteten Geschosswohnungsbau. In Baden-Württemberg setzt die grün-schwarze Landesregierung stark auf den Baustoff und lässt derzeit eine Holzbaurichtlinie erarbeiten, die – im Gegensatz zu diesem enorm planungsintensiven Projekt – Standarddetails im mehrgeschossigen Holzbau ermöglichen soll. Am 7. November veranstaltet Pro Holz BW u. a. dazu eine Fachtagung in Stuttgart.
Im Gebäude sind 60 überwiegend Ein- und Zweizimmer-Wohnungen mit 40 bis 90 Quadratmetern vorgesehen, davon 25 gefördert, aber auch vier Wohngemeinschaften, die zum Teil eine ganze Etage (mit vorgelagerter Dachterrasse) einnehmen werden. Nach einem Wechsel des Investors trägt die Stadtsiedlung Heilbronn das ehrgeizige Projekt, das den Mietern großzügige Gemeinschaftsflächen mit Waschsalon und Küche im Erdgeschoss sowie eine Dachterrasse zum Gärtnern bietet.
Über die Baukosten des Pionierbaus gibt es keine Angaben. Die Stadt zog für das Vorzeigequartier ein aufwändiges Bewerbungsverfahren durch: Es gab 85 Entwürfe für die 22 Gebäude, die mit Ausnahme des Holzhauses unter der Hochhausgrenze bleiben. Das Holzhybridhaus planten Kaden+Lager Architekten, Berlin, die 2008 erstmals einen Siebengeschosser in Holz realisierten und seither schon mehrfach für städtische Wohnungsgesellschaften tätig waren. In der Stadtausstellung entstanden noch weitere Geschossbauten in Holzbauweise.
Das neue Quartier Neckarbogen, das nach der Buga von derzeit 600 auf 3500 Einwohner wachsen soll, ist Kernstück der im Rahmen des „Stadtumbau West“ geförderten Reurbanisierung des Fruchtschuppenareals hinter dem Heilbronner Hauptbahnhof. Das frühere Hafengebiet war jahrzehntelang untergenutzt und schon für ein Ikea-Möbelhaus und ein Audi-Logistikzentrum im Gespräch. Nun wird es zum Aushängeschild für das nach der starken Kriegszerstörung arg nüchtern wiedererstandene Oberzentrum Heilbronn. Das Quartier und die großzügigen Freiräume der Buga binden die Innenstadt wieder an die Flusslandschaft an, der sie urprünglich ihren Reichtum verdankte: Heilbronn galt einmal als „Klein-Venedig“ der Binnenschiffahrt.
Architekt: Kaden+Lager,Berlin
Tragwerksplanung und Bauphysik: BauArt GmbH&Co KG, Lauterbach
Brandschutz: Dehne-Kruse Brandschutzingenieure, Gifhorn
Gebäudetechnik: IFB-Ingenieure, Bad Teinach
Generalunternehmer und Baupartner: Züblin Merk Timber Aichach GmbH