Von Tim Westphal
Plant ein Architekt ein Gebäude modellbasiert, ist es zur virtuellen Darstellung des Entwurfs, direkt aus dem BIM-Modell heraus, nur noch ein kleiner Schritt. Um dem Auftraggeber oder Bauherrn möglichst früh ein realistisches Bild der Planung zu geben, nutzen immer mehr Architekten und Fachplaner die „Virtual Reality“ (VR), denn Gebäudeproportion, Raumwirkung oder städtebauliche Einordnung lassen sich damit auch für ungeübte Kunden richtig einschätzen. VR bedeutet außerdem Klarheit für die Baustelle: komplexe Details können im Baugespräch mit dem ausführenden Handwerker, direkt auf dem Smartphone oder Tablet erläutert und knifflige Problempunkte vor Ort gelöst werden.
Machbar wurde diese Entwicklung zum einen durch die heute zur Verfügung stehende Rechnertechnik, die schnelle Szenenwechsel und sogenannte „walktroughs“ (das Durchwandern des geplanten Gebäudes) ermöglicht – und das bereits mit einem aktuellen Smartphone oder Tablet. Zweite Voraussetzung für flüssige VR-Planungswelten ist neben einem Ausgabegerät wie PC, Laptop oder mobilem Gerät die passende Software, die die BIM-Modelldaten in ein virtuelles Modell mit naturnahen Oberflächen und realer Anmutung übersetzt.
Eine der ausgereiften VR-Lösungen für den täglichen Büroeinsatz und auf der Baustelle ist BIMx. Es steht kostenfrei sowohl für mobile Endgeräte als auch für Mac, PC und webbrowserbasiert zur Verfügung und kann für den Architekten und seine Planungspartner einen echten Mehrwert liefern. Denn die Daten basieren auf den ARCHICAD-Planungsdaten des Projekts, die ad hoc in ein aktuelles BIMx-Modell überführt werden.
Für BIM-Consultant Oliver Hess, der mit seiner Firma „Formverbund“ unter anderem dreidimensionale Kommunikations-Lösungen für Architekturbüros und Unternehmen entwickelt, bedeutet der Einsatz von Virtueller Realität für seine Arbeit wirklichen Nutzen. Er stellt heraus: „Auswertungen und Strukturdarstellungen in 3D sind damit sehr gut möglich. Das ist eine unglaubliche Informationshilfe für den Dialog mit dem Auftraggeber und Bauherrn.“ Und Oliver Hess setzt auf sein VR-Tool bei walktroughs: „So viele Szenen-Renderings können Sie gar nicht machen, wie ein virtueller Rundgang erklärt. Die Qualität eines Renderings aus einem CineRenderer erreicht BIMx nicht. Aber freies Schneiden des Modells, freie Standortwahl, Bewegen im Modell und alle BIM/IFC-Information an die Elemente übergeben, die man per Fingertipp darstellen kann, ist damit möglich. So sind wir einem digitalen Zwilling des Gebäudes – auch für den Nutzer und Bauherrn – bereits sehr nah!“
Frei nach dem Motto „You see what you get!“, bedeutet virtuelle Realität vor allem größeres Verständnis beim Bauherrn oder Investor für die meist komplexe Planung. Und nicht jeder von ihnen kann umfassende Ausführungs- oder Detailpläne lesen. Die Darstellung in 3D, über ein Tablet oder den Laptop-Bildschirm, lässt sie erkennen, wofür sie ihr Geld investieren und welche Architektur sie damit schaffen. Das ist bereits in der Planungsphase, lange vor dem ersten Spatenstich, möglich. Für den obsessiven VR-Nutzer Oliver Hess steckt jedoch noch weit mehr in der Technologie: „Die zukünftigen Nutzer können sich frei im und um das Gebäude bewegen. Wenn man VR richtig einsetzt, wird die Architektur menschlicher und der Dialog ein anderer werden. Denn der Auftraggeber wird in die Lage versetzt, Teile des Gebäudes zu entdecken, über die noch zu diskutieren ist – jene Planungsbereiche, die noch nicht ausformuliert sind. Und er stellt seinem Architekten dann Fragen dazu. Die Kommunikation verändert sich also mit VR. Das führt in der Folge zu einer Emanzipation des Auftraggebers.“
Tim Westphal ist Journalist und macht Pressearbeit, u.a. für Graphisoft