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Norm erfüllt, Kosten gering

Leichte Umsetzung der EnEV und freie Wahl zwischen den Lüftungssystemen. Wissenswertes zur Neuauflage der DIN 1946-6 Lüftung von Wohnungen

23.02.20198 Min. 2 Kommentar schreiben

Interview: Marion Goldmann

Sie sind Mitglied im Normenausschuss der DIN 1946-6 – Lüftung von Wohnungen. Wann wird die überarbeitete Norm ­erscheinen?

Wir befinden uns in der finalen Phase. Die Beratung der zahlreichen Einsprüche ist abgeschlossen. Wir erwarten eine Zustimmung zur Norm und eine Veröffentlichung im zweiten Quartal dieses Jahres.

Was sind die wesentlichen Änderungen?

Grundsätzlich kann man sagen, dass das Anforderungsniveau mit dem der alten Norm vergleichbar ist. Neu ist die Struktur. Die DIN 1946-6 wird künftig in die Abschnitte „Lüftungskonzept“, „freie Lüftung“ und „ventilatorgestützte Lüftung“ gegliedert. Des Weiteren wird ein Abschnitt „kombinierte Lüftungssysteme“ neu aufgenommen. Das bedeutet: Hat sich der Planer einmal für eines der Systeme entschieden, muss er sich im konkreten Projekt nur noch mit diesem Abschnitt der Norm befassen. Dies macht es für die Praxis übersichtlicher und damit auch schneller und leichter umsetzbar. Ergänzend sei hier erwähnt, dass für die Berechnung des Außenluftvolumenstromes durch In- und Exfiltration noch eine Anpassung nach dem Stand der Technik vorgenommen wurde. Neu ist außerdem ein Anhang für Kellerlüftung.

Dipl.-Ing. Frank Koos: Geschäftsführer für Normung, Technik und internationale Aktivitäten des VFF Verbandes Fenster + Fassade / Foto: VFF

Was ist die zentrale Forderung der Norm?

Unser Ausgangspunkt ist die EnEV mit dem geforderten Mindestluftwechsel. Sie bildet den gesetzlichen Rahmen; die Norm dient der Beschreibung der Lösungsmöglichkeiten für deren Umsetzung bei üblicher Nutzung. Dabei werden der Bautenschutz sowie der Schutz der Gesundheit gefordert. Konkret muss für Wohnungen bei freier Lüftung mindestens die Lüftung zum Feuchteschutz nutzerunabhängig sichergestellt sein. Der darüber hinaus notwendige Luftwechsel zum Abtransport von Feuchte, Gerüchen und Schadstoffen muss bei Anwesenheit mindestens über manuelles Fensteröffnen gelingen. Die freie Lüftung wird mit passiven Lüftungssystemen realisiert, also ohne den Einsatz von Ventilatoren und in der Regel ohne Strom. Die typische Variante der freien Lüftung ist die Querlüftung von Wohnungen. Wenn der nutzerunabhängige Luftwechsel wahlweise auf die Nennlüftung, also den Gesamt-Außenluftvolumenstrom von ungefähr 30 m³/h je Person, erweitert wird (z. B. ventilatorisch), so ist es ebenfalls erforderlich, höhere Belastungen durch das Öffnen von Fenstern abzulüften.

Wann ist ein Lüftungskonzept zu erstellen?

Ein Lüftungskonzept ist beim Neubau von ­Gebäuden zu erstellen. Ebenso bei einer ­Modernisierung, wenn zum Beispiel in einer Wohnung mehr als ein Drittel der Fenster ­getauscht oder in einem Einfamilienhaus oder einer Dachgeschosswohnung mehr als ein Drittel des Daches abgedichtet werden.

Welche Möglichkeiten zur Umsetzung gibt es?

Es gibt eine breite Auswahl. Die Systeme unterscheiden sich insbesondere in der Miteinbeziehung des Nutzers. Dementsprechend können wir grundsätzlich nach der freien und der ventilatorgestützten Lüftung unterteilen. Darüber hinaus ist nach der neuen Norm nun noch das kombinierte Lüftungssystem möglich.

Was ist unter einem kombinierten ­Lüftungssystem zu verstehen?

Das klassische Beispiel ist die Entlüftung fensterloser Räume, die gleichzeitig für die Lüftung zum Feuchteschutz der Wohnung genutzt wird. Das Konzept sieht vor, dass der fensterlose Raum durch einen Ventilator entlüftet wird. Die dafür nötige Zuluft wird beispielsweise über Fensterlüfter in den übrigen Räumen zur Verfügung gestellt und sorgt damit in der Regel gleichzeitig für die Lüftung zum Feuchteschutz der Wohnung. Bleibt der Ventilator im fensterlosen Raum jedoch zeitweise ausgeschaltet, muss über die Querlüftung mit diesen Fensterlüftern der Feuchtschutz der übrigen Räume gewährleistet werden.

In welchen Fällen müssen lüftungstechnische Maßnahmen geplant werden?

Das hängt vom Lüftungssystem ab. Wählt der Architekt ein ventilatorgestütztes System, dann ist diese Maßnahme auch auszuführen. Bei der freien Lüftung ist lediglich zu prüfen, ob der Luftaustausch über Restundichtigkeiten der Gebäudehülle zur Feuchteschutzlüftung ausreichend ist. Falls nicht, wird der geforderte Feuchteschutz beispielsweise über den Einsatz von selbstregulierenden Fensterlüftern hergestellt. Die Berechnung beziehungsweise Auslegung zu Anzahl und Platzierung von Fensterlüftern ist dann von Parametern wie Dichtheit des Gebäudes, Lage des Gebäudes etc. abhängig. Kurzum, es ist die freie Entscheidung des Planers, welches Verfahren er einsetzt.

Querlüftung: Grundprinzip zur freien Lüftung

Wie lassen sich wirtschaftliche Lösungen realisieren?

Jedes Lüftungssystem hat Vor- und Nachteile, und die jeweilige Lösung kommt den Bedürfnissen des einen näher als denen des anderen. Bei einer Kosten-Nutzen-Betrachtung fallen bei ventilatorischen Konzepten im Hinblick auf Investition und Unterhalt vergleichsweise hohe Kosten an, wobei dem Nutzer so gut wie kein Aufwand für das manuelle Lüften entsteht. Demgegenüber steht die kostengünstige freie Lüftung, in der zwar der Feuchteschutz nutzerunabhängig erfolgt, Gerüche muss der Nutzer jedoch manuell durch das Öffnen der Fenster ablüften. Unterm Strich heißt das, dass man durchaus auch mit geringen Investitions- und Unterhaltskosten die Norm erfüllen kann.

Wie genau funktioniert die freie Lüftung über Fensterlüfter?

Die freie Lüftung basiert auf Druckdifferenzen, die zum Luftwechsel führen. Man bedient sich hier zweier natürlicher Wechselwirkungen: Zum einen nutzt man den Auftrieb durch Temperaturdifferenzen, zum anderen die Wirkung von Winddruck und Windsog. Klassischerweise wird nach diesem Prinzip die Querlüftung nach DIN 1946-6 umgesetzt.

Die Lüftung über den natürlichen Antrieb des Windes zu lösen, klingt naheliegend und unkompliziert. Aber ist der Wind eine verlässliche und kalkulierbare Größe?

Bei der Bearbeitung der Norm wurden Wetterdaten der letzten Jahrzehnte zugrunde gelegt. Hierzu wurden Durchschnittswerte für kritische Zeiten, sprich: die Heizperiode, ermittelt. So lassen sich für die DIN 1946-6 gute Annahmen treffen, die in der Heizperiode zuverlässig angesetzt werden können. Deutschland ist hierbei in windstarke und windschwache Landkreise eingeteilt. In der Heizperiode reichen die Antriebe des Windes gut aus, um die Lüftung mindestens zum Feuchteschutz oder auch mehr zu realisieren. Treten zu hohe Winddrücke, wie zum Beispiel bei Sturm, auf, begrenzen selbstregulierende Fensterlüfter automatisch die Lüftung.

Welche Rolle spielt zukünftig das Fenster?

Das Fenster ist ein unerlässliches Lüftungsinstrument. Die Lüftungsnorm verlangt, mindestens die Lüftung zum Feuchteschutz nutzerunabhängig auszulegen. Das bedeutet, dass beispielsweise im Fenster integrierte Fensterlüfter einen Minimalluftwechsel garantieren, der den Bautenschutz sicherstellt. Um darüber hinaus Feuchte, Gerüche und das anfallende CO2 der Nutzer abzutransportieren, ist es normengerecht und auch praxisnah, dass hierfür das Fenster geöffnet wird. Auch bei einer ventilatorgestützten Lüftung, die nicht auf Intensiv-Lüftung ausgelegt ist, kann man nicht auf das Öffnen von Fenstern verzichten. An dieser Stelle noch der Hinweis, dass auch bei einem dezentralen System eine ventilatorgestützte Lüftung in Kombination mit dem Fenster möglich ist oder auch mit automatisierten Fenstern höhere Lüftungsstufen nutzerunabhängig über die freie Lüftung realisiert werden können.

 

Die BAK im ­Normenausschuss

Die Architekten werden im Arbeitsausschuss der DIN 1946-6 von Martin Kusic vertreten. Der Architekt aus München ist einer der insgesamt 30 stimmberechtigten Mitglieder und seit zwei Jahren dabei, zunächst ein Jahr als Gast und seit Januar 2018 von der BAK offiziell für die Architektenvertretung autorisiert. Ausschlaggebend für die Wahl waren seine Erfahrung und sein Engagement auf diesem Gebiet. Zur neuen Fassung der Norm sagt Martin Kusic: „Die Struktur ist übersichtlicher, formuliert klare Ziele und zusammen mit den Änderungen und Ergänzungen ist diese Fassung jetzt wesentlich anwenderfreundlicher aufbereitet.“

20 Zentimeter Hightech

Zur Umsetzung der DIN 1946-6 mit dem Konzept der freien Lüftung ist auf der BAU 2019 eine neue ­Generation Fensterfalzlüfter unter dem Markennamen „arimeo“ vorgestellt worden.

Für Achim Kockler, Entwickler und Geschäftsführer des Herstellers Innoperform, ist das ein Produkt, das sich unabhängig vom Beschlag und optisch unauffällig ins Fenster integrieren lassen soll. „Unser Ziel war deshalb, eine präzise und auf hauchfeine Differenzdrücke reagierende Regelungstechnik des Luftstroms zu entwickeln, die sich zudem in dem fünf Millimeter kleinen Dichtungsraum des Fensterflügels unterbringen lässt.“ Aus dieser Idee entstand im Laufe einer zweijährigen Entwicklung ein 20 Zentimeter langes Dreikomponenten-Spritzgussteil mit Regelungsklappen. Das Besondere an den Regelungsklappen ist ihre feinfühlige Beweglichkeit und ihr punktgenaues Rückstellvermögen. Möglich macht das die von Kockler als „Fließgelenktechnik“ benannte automatisch balancierende Präzisionstechnik, der entscheidende Baustein der Innovation. Achim Kockler: „Um diese so exakt herzustellen, hatten wir für unsere Entwicklungsabteilung beim ift Rosenheim einen Prüfstand gekauft. Dank der Messtechnik ließ sich während der Entwicklung direkt feststellen, wie der Lüfter auf den Luftstrom reagiert. Dadurch konnten wir das Fließgelenk entsprechend feinfühlig auslegen.“ Arimeo ist dann beim ift Rosenheim umfassend geprüft worden. Das beinhaltete neben der Prüfung der Lüftungseigenschaften die Schlagregendichtheit (bis zu Klasse 9A) und die Schalldämmung (Rw bis 44 Dezibel). Da sich aufgrund der beschlagsunabhängigen Positionierung die gesamte Breite des oberen Fensterbereichs für den Einbau des Fensterfalzlüfters nutzen lässt, sind auch höhere Luftmengen umsetzbar, ohne dass der Nutzer Zugluft spürt. Neben der freien Lüftung von Wohnungen eignet sich der Fensterfalzlüfter auch als Zuluftelement in der ventilatorischen Lüftung. Das einfache Einklipsen der Rastfüße in den Fensterfalz macht das Produkt auch für den Fensterbauer leicht handhabbar; Einbaufehler sind weitestgehend ausgeschlossen. Arimeo ist für alle gängigen Kunststoff- und Holzfenstersysteme im deutschen Markt erhältlich.

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2 Gedanken zu „Norm erfüllt, Kosten gering

  1. Fensterfalzlüfter.
    Nicht ganz freiwillig bin ich in meinen Wohnräumen betroffen von Fensterfalzlüftern und habe über einige Monate, im Sommer wie im Winter Erfahrungen gesammelt.
    Es mag ja sein, dass durch den Einbau solcher Zwangslüfter eine DIN erfüllt wird. Ein Energieeinsparungseffekt mag auch rechnerisch auf dem Papier erscheinen, nicht erscheint er in einer normalen Lebenswelt. Fensterfalzlüfter unterliegen einer Anfälligkeit in der Praxis. Diese Anfälligkeit geht nicht konform mit dem Wohnverhalten. –
    In meiner Wohnung war ein permanenter Luftstrom spürbar. Besonders in den Wintermonaten und bei Belästigungen aus der Nachbarschaft führte das auch zu akustischen Unzuträglichkeiten im Familienleben. –
    Ich/Wir haben die ausgeschnittenen Lippendichtungen mit Schaumstreifen gefüllt. Seither ist eine gewisse Behaglichkeit eingekehrt. Der nächtliche Familienalltag ist wieder hergestellt.
    Das gelegentliche Lüften über ein öffnen und schließen der Fensterflügel ist problemlos machbar.
    Von Fensterfalzlüftern kann ich und meine Familie nach unseren Praxiserfahrungen nur abraten.

    Antworten
  2. Die selbe Erfahrung habe ich als Nutzer einer Wohneinheit eines größeren Bauträgers in Freiburg i.B., Rehlingstraße 16a gemacht:
    Fensterzwangslüfter in Kombination mit elektrischem Lüfter im Permanentbetrieb im Innenbad…
    In der Einheit zog es unkomfortabel, die Abschaltung des Lüfters brachte Besserung, aber es zog immer noch. Man kann sich gut vorstellen, dass sich solche Maßnahmen deutlich auf den Heizenergieverbrauch niederschlagen.
    Als Qualitätsbauleiter im selben Unternehmen, mußte ich häufig Klagen der Eigentümer zum beschriebenen Thema vernehmen. Im aktuellen Jahr gehört diese Technik immer noch zum Portfolio.

    Antworten

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