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„Alle Mann an Bord?“

Ein Aufruf zu mehr Chancengleichheit in Architektur und Stadtplanung

23.02.20193 Min. 2 Kommentar schreiben

Alle Mann an Bord! Und die Frauen? Sie sind natürlich immer mitgemeint. Oder vielleicht doch nicht? Obwohl an deutschen Architekturfakultäten schon seit Jahren mehr als die Hälfte der Studierenden Frauen sind, bleiben die Zahlen im Berufsalltag ernüchternd. Nur 34 Prozent der Mitglieder der Architektenkammern sind weiblich. In der Führungsebene mittlerer und großer Architekturbüros sind Frauen mit unter zehn Prozent stark unterrepräsentiert. Damit geht großes Potenzial an Fachkräften für den Berufsstand verloren, was angesichts des aktuell hohen Bedarfs in Architektur und Stadtplanung, sowohl im öffentlichen als auch im privatwirtschaftlichen Bereich, besonders schwer wiegt.

Woran liegt das? Unser Berufsalltag ist nicht besonders familienfreundlich: häufiger Termindruck, viele Überstunden, Selbstausbeutung. Digitale Arbeitsmethoden bieten Chancen, die Arbeitswelt flexibler zu gestalten, um Familie und Beruf auch in Führungspositionen besser in Einklang zu bringen. Ein Allheilmittel sind sie indes nicht. Andere Faktoren verweisen auf mangelnde Chancengleichheit: Erstens die Gehaltslücke: Frauen verdienen in Architekturbüros nach wie vor im Durchschnitt weniger als Männer, und der Abstand nimmt mit der Hierarchieebene sogar noch zu. Zweitens die Sichtbarkeitslücke: Architektinnen und Stadtplanerinnen sind in der öffentlichen Wahrnehmung und in den Medien deutlich weniger präsent als ihre männlichen Kollegen. Und drittens wirken die Stereotypen von unterschiedlichen Geschlechterrollen noch immer: Arbeit- und Auftraggebern fällt es nach wie vor schwer, Frauen, mit und ohne Kinder, zuzugestehen, dass sie gleichermaßen wie Männer fähig sind, ihren Beruf ganz auszufüllen.

Die Bundesarchitektenkammer hat eine Projektgruppe eingerichtet, um Strategien für eine bessere Chancengleichheit aller in Architektur und Stadtplanung Tätigen zu erreichen. Und wir vernetzen uns auf europäischer Ebene. So ist die BAK in der Taskforce „Women in Architecture“ des ACE aktiv und sie beteiligt sich an der Bewerbung um ein ERASMUS+-Programm, das ein Kompendium mit Best-Practice-Beispielen erarbeiten soll, wie die Berufschancen von Architektinnen und Ingenieurinnen europaweit verbessert werden können. Der Blick über den nationalen Tellerrand lohnt durchaus: Die skandinavischen Länder sind führend in Gleichstellungsfragen. In Schweden etwa ist es selbstverständlich, dass große und weit über die Grenzen erfolgreiche Architekturbüros wie White Arkitekter und Sweco auch von Frauen geführt werden: Erfolg einer konsequenten Gleichstellungspolitik, die bereits 1972 mit einer Regierungsinitiative angestoßen wurde und seither tief greifende Veränderungen hin zu echter Chancengerechtigkeit zur Folge hatte. Aber auch hierzulande werden in Planungsbüros und Verwaltungen Modelle für flexible Arbeitsmöglichkeiten erprobt und wird mit konkreten Maßnahmen weibliches Führungspersonal gefördert. Solche Beispiele müssen kommuniziert und publiziert und schließlich selbstverständliche Praxis werden. Es gilt, alle Möglichkeiten auszuloten, um den notwendigen Kulturwandel zu befördern. Das reicht von den politischen Rahmenbedingungen bis hin zur Sensibilisierung von Führungskräften auf allen Ebenen. Erfolg versprechende Strategien müssen konsequent umgesetzt werden. Dazu gehört auch, mehr junge Leute zu motivieren, Führungsverantwortung zu übernehmen, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen. Das betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Also: Alle an Bord!

Barbara Ettinger-Brinckmann und Ralf Niebergall, Präsidentin und ­Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer

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2 Gedanken zu „„Alle Mann an Bord?“

  1. In Heft 4/2019 auf Seite 7 nimmt eine Leserin Bezug auf diesen Artikel und zeigt die steuerliche Diskriminierung von Alleinerziehenden an. Das kann ich nicht nachvollziehen. Können sie aufklären?

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