Von Julian Stahl
Eine Vergütung nach Stunden oder „auf Regie“ kann vielfältige Ursachen haben: Der bauliche Zustand ist anders als erwartet oder es werden nachträglich nicht im Vertrag enthaltene Leistungen gefordert, deren Aufwand schwer zu kalkulieren ist. Wie sollen diese häufig kurzfristig zu erbringenden Leistungen vergütet und abgerechnet werden? Eine Möglichkeit ist die Vergütung auf Stundenbasis. Bei klarer Vereinbarung und umgehender Dokumentation können regelmäßig nach Leistungserbringung auftretende Streitigkeiten vermieden werden.
Für die Vergütung von Bauleistungen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Einheits- und Pauschalpreisverträge sind weit verbreitet. Der Einheitspreis setzt sich in der Regel aus den Einzelkosten der Teilleistung, bestehend aus Lohn-, Geräte- und Materialanteilen, und prozentualen Zuschlägen, zum Beispiel für Allgemeine Geschäftskosten, zusammen. Der Umfang der Bauleistung wird dabei anhand von Einheiten, wie Stück, Laufmeter oder Quadratmeter, erfasst und abgerechnet. Dies sorgt für eine gewisse Kostensicherheit, und der erbrachte Leistungsumfang lässt sich auch im Nachhinein gut ermitteln.
Die Abrechnung nach Stundenaufwand, je nach Vereinbarung zuzüglich Material- und Gerätekosten, bietet den Vorteil einer einfachen Abrechnungsmethodik und weist die Risiken des tatsächlich erforderlichen Aufwands dem Bauherrn beziehungsweise Besteller zu. Demgegenüber ist eine Stundenabrechnung missbrauchsanfällig, was die Höhe der tatsächlich erbrachten und erforderlichen Stunden betrifft. Der Anreiz, möglichst schnell und effizient zu arbeiten, ist eher gering. Fehlt es an einer Vergütungsvereinbarung und wird die Leistung entgeltlich erbracht, dann gilt die „ortsübliche und angemessene“ Vergütung als vereinbart.
Stundenlohnabrechnung vereinbaren
Kommt es bei der Bauausführung zu Änderungen, führt dies nicht automatisch zu einer Abrechnung auf Stundenbasis. Der § 2 Abs. 5 und Abs. 6 VOB/B sowie die §§ 650 c und 650 q Abs. 2 BGB neue Fassung enthalten vielmehr Regelungen zur Vergütungsanpassung ohne Bezugnahme auf eine Abrechnung nach Stunden. Für die Anwendung der VOB/B muss diese zudem vereinbart werden. Findet sich im Vertrag hierauf kein Hinweis, ist die VOB/B nicht vereinbart, sondern es gilt ergänzend zum Vertrag nur das BGB. Ohne besondere Regelung kann der Unternehmer also nicht davon ausgehen, auf Stundenbasis abrechnen zu dürfen.
Die Vergütung von Stundenlohnarbeiten muss also vereinbart werden. Möglich ist, vorab im Vertrag für bestimmte oder auch nicht bestimmte Leistungen Stundenlohnarbeiten mit Stundensätzen festzulegen – soweit erforderlich, ergänzt um die Vergütung für Material und Gerät. Sind im Vertrag keine Stundenlohnarbeiten vorgesehen, so sollte unbedingt vor Ausführung nicht nur allgemein eine Stundenlohnvereinbarung mit den entsprechenden Stundensätzen geschlossen, sondern auch geregelt werden, dass die anstehenden Leistungen nach Stunden zu vergüten sind. Für Bauleistungen verlangt § 2 Abs. 10 VOB/B deshalb eine ausdrückliche Einigung darüber, dass die Arbeiten nach Stunden abgerechnet werden sollen. Geregelt werden sollte zudem, ob zum Beispiel Fahrt- oder Rüstzeiten so abgerechnet werden können. Auf mündliche Zusagen sollte sich der Unternehmer nicht verlassen, denn hier kommt es oft zu Missverständnissen und „Erinnerungslücken“. Ohne schriftliche Bestätigung ist es für den Unternehmer häufig schwierig, die Abrechnung nach Stunden später zu beweisen.
Keine Rechtsgeschäfte eingehen
Ob Planer oder Projektsteuerer berechtigt sind, mit ausführenden Unternehmern Vereinbarungen zu Stundenlohnarbeiten zu schließen, ist eine Frage des Einzelfalls. Mit dem Abschluss des Architektenvertrages ist nämlich nicht automatisch die Erteilung einer Vollmacht verbunden. Generell ist größte Vorsicht geboten, wenn die Frage nach Stunden- oder Regiearbeiten auftaucht, die auf der Baustelle „schnell“ unterzeichnet werden sollen. Ohne ausdrücklichen Auftrag oder explizite Bevollmächtigung durch den Auftraggeber sollten Planer und Projektsteuerer daher davon ausgehen, dass diese, abgesehen von Notfällen, generell keine Rechtsgeschäfte für den Auftraggeber eingehen dürfen und also auch keine Stundenlohnvereinbarungen schließen dürfen.
Um auf der Baustelle „schlechte Stimmung“ oder eine Arbeitseinstellung zu vermeiden, bietet sich in Fällen, in denen kurzfristig keine Rücksprache mit dem Auftraggeber möglich ist, folgender Kompromiss an, mit den vorgelegten Stundenlohnzetteln oder Regieberichten umzugehen: Zusätzlich zur Unterschrift muss auf jedem Bericht der Vorbehalt erklärt werden, „dass nur die Anzahl der geleisteten Stunden bestätigt wird. Die Frage der Vergütung regelt der Bauvertrag und/oder ist mit dem AG zu klären.“ Auf größeren Baustellen ist es üblich, diesen Vorbehalt mittels eines Stempels auf jeden Regiebericht zu stempeln, um sich die Schreibarbeit zu sparen. Der Sachverhalt ist aber in jedem Fall im Anschluss mit dem Auftraggeber zu klären.
Bei der Rechnungsprüfung ist ebenfalls mit dem Auftraggeber zu klären, ob überhaupt eine Stundenlohnvereinbarung existiert, die die Abrechnung rechtfertigt. Daneben müssen die Nachweise dem Bauvertrag und – sofern die VOB/B vereinbart ist – § 15 VOB/B entsprechen. Stundenlohnrechnungen sind demnach zum Beispiel alsbald nach Abschluss der Stundenlohnarbeiten, längstens jedoch in Abständen von vier Wochen, einzureichen.
Eine Doppelvergütung der gleichen Leistung über die vereinbarten Vertragspreise und Stunden ist unzulässig. Es ist daher empfehlenswert, vor Ausführung klarzustellen, welche Leistungen von der Stundenlohnabrede erfasst werden. Stellt sich nachträglich heraus, dass eine Leistung bereits von der ursprünglichen Vergütung abgedeckt ist, ist eine Kürzung von Stunden auch im Zuge der Schlussrechnungsprüfung noch möglich.
Wer, wann, was und wie lange
Die geleisteten Stunden und gegebenenfalls zusätzlich eingesetzte Materialien und Geräte sind am besten in Werktagen zu erfassen. Hier gilt: je ausführlicher, desto besser. In welchen Zeitabständen die Stundenzettel an den Auftraggeber übergeben werden und ob dieser die Stundenzettel abzeichnet, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen ab. Die Abzeichnung von Stundenzetteln führt nicht per se zu einer Stundenlohnvereinbarung, sondern bestätigt lediglich, dass die angegebenen Stunden gearbeitet worden sind. Ohne Unterzeichnung muss der Unternehmer also sowohl die Stundenlohnvereinbarung als auch die Richtigkeit und Anzahl der Stunden beweisen. Mit Unterzeichnung muss er „nur“ beweisen, dass die bestätigte Anzahl der geleisteten Stunden auch als Stundenlohnarbeiten abgerechnet werden darf. Aus Unternehmersicht ist eine möglichst zügige Bestätigung des geleisteten Stundenaufwands wünschenswert. Spätestens mit der Abrechnung sind die Stundenzettel an den Besteller zu übergeben. Im Optimalfall geht aus ihnen hervor, wer wann was und wie lange gemacht hat.
Für Bauleistungen regelt § 15 VOB/B zahlreiche lesens- und beachtenswerte Details. Zu beachten sind insbesondere die Regelungen in Absatz 3 zur Anzeige (vor Beginn), zur Dokumentation und zum Turnus der Vorlage von Stundenzetteln.
Bei Stundenlohnvereinbarungen gilt der Grundsatz: Nur „wer schreibt, bleibt“. Dies betrifft einerseits die Einigung, dass die Abrechnung nach Stunden erfolgen darf. Zur Begründung seines Vergütungsanspruchs im Prozess muss der Unternehmer andererseits darlegen und beweisen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistungen mit welchen Stundensätzen angefallen sind. Ohne diese beiden Grundvoraussetzungen scheitert regelmäßig die gerichtliche Durchsetzung von Vergütungsansprüchen.
Julian Stahl ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in München
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