Wie geht es einer Gesellschaft, die zwischen quadratisch-praktischen Gebäuden wandelt, lebt und arbeitet? Was macht es mit dem einzelnen Menschen, wenn er beim Blick aus dem Fenster direkt in ein langweiliges Spiegelbild seines eigenen Wohnens blickt – das Fehlen von Identität täglich vor Augen geführt bekommt?
Der Austauschbarkeit von Bauwerken, ganzen Stadtteilen, sogar Städten müssen wir dringend begegnen. Architektonische Unikate wurden und werden von Menschen geschaffen, die einer Inspiration und nicht nur einer technischen Zeichnung folgen. Neue Bauwerke – egal ob Wohnungsbau oder Gewerbeimmobilien – sollten unter der Prämisse entstehen, Identität zu schaffen. Deswegen müssen wir jetzt einen Cut machen. Schluss mit Gesichtslosigkeit und fadenscheinigen Argumenten zur Finanzierbarkeit! Haben einige Architekten, aber vor allem Stadtplaner und Bauträger, wirklich noch nicht begriffen, dass inspirierende, schöne Bauwerke nachweislich nicht mehr kosten und dass sie auf keinen Fall weniger funktional sind?
Aufgrund weltweit begrenzter Citylagen kann die Lösung nur im hohen Bauen liegen. Gerade in Deutschland hält sich aber eine zähe, geradezu dogmatische Anti-Haltung gegen Hochhäuser, die weder logisch noch emotional nachzuvollziehen ist. Was für einen inspirierenden Kontrapunkt zum quadratischen und im Grunde so wenig praktischen Bauen der letzten 40 Jahre bilden doch moderne Null-Emissions-Hochhäuser, die der Monotonie mit einer beflügelnden Entgrenzung in die Höhe begegnen?! Hochhäuser der Zukunft sind hybrid. Sie vereinen neben Büros und Gewerbe auch Kunst- und Kulturangebote; ebenso Wohnlösungen, die mit variablen Appartements für unterschiedliche Lebensphasen auf eine agile Gesellschaft ausgerichtet sind. Das i-Tüpfelchen sind öffentlich zugängliche Rooftop-Restaurants, Dachgärten, Lounges oder Skybars mit Aussichtsplattform.
Solche Gebäude haben die Chance, das Leben der Menschen zu bereichern – ihnen zu nützen und ihrem ästhetischen Empfinden zu schmeicheln. Für mich ist es das, was unseren Beruf als Architekten zu einer Berufung macht, was mich inspiriert.
Christoph Langhof, Architekt, Berlin
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