Flachdachabdichtungen haben leider den Ruf, sie seien grundsätzlich nicht zuverlässig dicht herstellbar, auch nach Jahrzehnten noch nicht abstreifen können. Gewiss sei nur, heißt es, früher oder später wird das Dach undicht. Das ist nicht nur für Eigentümer oder Betreiber von Gebäuden problematisch, sondern auch für die am Bau Beteiligten mit Haftungsrisiken verbunden: Planer werden gefragt, ob nicht von vornherein eine hochwertigere Abdichtung möglich gewesen wäre oder ob sie die Verlegung nicht besser hätten kontrollieren können. Ausführenden wird fehlerhaftes Arbeiten vorgeworfen und den Folgegewerken eine mechanische Beschädigung der Abdichtung unterstellt. Dabei lassen sich Flachdächer mit vergleichsweise geringem Aufwand dauerhaft zuverlässig abdichten.
Entstehen feuchte Stellen an der Decke unter einem Flachdach oder tropft sogar Wasser ab, beginnt in der Regel die verzweifelte Ursachensuche. Trotz inzwischen gut funktionierender, aber auch kostenintensiver Verfahren zur Leckageortung werden nur selten alle Löcher in der Abdichtung entdeckt. Grund hierfür ist die sogenannte Unterläufigkeit der einzelnen Schichten eines Flachdachaufbaus, der sich üblicherweise ab Oberkante Decke aus der Dampfsperre, der Wärmedämmung und der Abdichtung zusammensetzt. Sind diese Schichten nicht vollflächig miteinander verklebt, kann das Wasser durch Löcher in der Abdichtung waagerecht durch Hohlstellen und senkrecht durch Spalten in der Dämmung den gesamten Aufbau durchdringen. So sucht sich das Wasser seinen Weg und es kann auch weit entfernt von den Leckstellen austreten (Grafik 1).
Um den Ausdehnungsbereich des Wassers im Dachaufbau einzugrenzen, können Dachaufbauten nach Empfehlung der DIN 18531 „Abdichtung von Dächern sowie Balkonen, Loggien und Laubengängen“ und der Flachdachrichtlinie durch Abschottungen unterteilt werden. Sie sollen von der Dampfsperre – besser noch von der Oberseite der Decke – bis zur Abdichtung eingebaut werden. Die Regelwerke enthalten allerdings keine Hinweise darauf, wie solche Abschottungen ausgeführt und wie sie beim Bauen geprüft werden können. Außerdem begrenzen sie nur den Schaden, anstatt ihn von vornherein zu verhindern.
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Dachabdichtung und Dampfsperre
Mit einem Marktanteil von etwa zwei Dritteln werden überwiegend zweilagige Bitumenbahnen als Abdichtung verlegt. Allerdings hilft es nicht viel, die Bahnen mehr oder weniger lose beziehungsweise teilverklebt übereinander-zulegen, denn bei dieser Ausführungsart geht man davon aus, dass mindestens eine der Lagen – zum Beispiel durch mechanische Beschädigungen während der Bauarbeiten – Löcher haben wird. In der Praxis führt jedoch gerade die mehrlagige Ausführung zu negativen Effekten. Derjenige, der die erste Lage verarbeitet, hat das Gefühl, nicht ordentlich arbeiten zu müssen, denn es folgt ja noch eine Bahn. Derjenige, der die zweite Lage ausführt, geht in der Regel davon aus, dass seine Abdichtung nur eine zusätzliche Maßnahme darstellt und das Dach bereits durch die erste Schicht dicht ist. Um zu vermeiden, dass solche verarbeitungsbedingten Leckstellen bei loser oder teilverklebter Ausführung nicht in Verbindung stehen, müssen doppellagig verlegte Bahnen untereinander vollflächig verklebt werden. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit deutlich, dass das Dach langfristig dicht bleibt.
Das Prinzip der vollflächigen Verklebung gilt auch dann, wenn die Abdichtung direkt auf der Stahlbetondecke aufliegt (Grafik 2). Konstruktionsbeton hat unter der Voraussetzung üblicher Verarbeitung und Verdichtung in der Regel auch ohne Beachtung der einzelnen Vorgaben der WU-Richtlinie wasserundurchlässige Eigenschaften, die Leckstellen in der Abdichtung kompensieren können. Befindet sich zufälligerweise ein Loch in der Abdichtung über einer Fuge in der Betondecke, tropft es zwar durch die Decke, doch das Leck lässt sich anhand der Lage der Tropfstelle kurzerhand ermitteln und reparieren.
Bei einem konventionellen Warmdach-Aufbau hat die Dampfsperre unter der Dämmung die Aufgabe, die Wasserdampfdiffusion zu mindern. Deshalb muss sie nicht wasserdicht sein. Soll diese direkt auf der Betondecke verlegte Schicht während der Bauarbeiten am Gebäude die Funktion einer Notabdichtung erfüllen, reicht eine übliche Dampfsperre nicht. In diesem Fall ist eine wasserdichte Abdichtung herzustellen, die aus dem gleichen Material wie die Dachabdichtung bestehen kann. Meistens reicht der Diffusionswiderstand von abdichtenden Schichten bei üblichen Dachaufbauten aus.
Vorbehandlung und Prüfung des Untergrundes
Für einen nicht unterläufigen, vollflächigen Verbund zwischen der Dampfsperre beziehungsweise der Notabdichtung und der Stahlbetondecke genügt es normalerweise nicht, die Bahn mit üblichen Methoden mit der Betondecke zu verkleben. Ein zuverlässiger Haftverbund lässt sich nur durch eine mechanische Vorbehandlung des Untergrunds sicherstellen; zum Beispiel durch Strahlen, Schleifen oder Fräsen (Bild oben). Danach wird der Voranstrich aufgetragen. Lösemittelhaltige Voranstriche haben sich besser bewährt als mit Wasser gelöste (lösemittelarme oder lösemittelfreie) Bitumen-emulsionen. Als Grund wird vermutet, dass Bitumenemulsionen an der Oberfläche trocknen und Wasser darunter verbleibt, das bei Kontakt mit dem heißen, flüssigen Bitumen – in den im darauffolgenden Arbeitsschritt die Bahn eingerollt wird (Bild Mitte) – schlagartig verdampft. Dabei kann sich eine Trennschicht bilden.
Um die vollflächige Verbindung zwischen Abdichtung und Untergrund sicherzustellen, empfiehlt sich eine Anhaftungsprüfung. Hierzu werden Probestücke aufgeklebt, die nach dem Erkalten der Bitumenmasse wieder abgezogen werden. Liegt die Bruchebene in der Abdichtung und nicht in der Klebemasse, ist der Haftverbund sehr gut (Bild unten). Solche Anhaftungsprüfungen sollten zu Beginn der Abdichtungsmaßnahmen vorgenommen und während der Durchführung wiederholt werden. Bei Abdichtungen auf Parkdecks ist diese Maßnahme zum Schutz gegen chloridinduzierte Korrosion sinnvoll.
Varianten bei der Dämmung
Die vollflächige Verklebung mit paralleler Anhaftungsprüfung sollte besonders bei Betondächern erfolgen. Vor allem dann, wenn sich, wie bei einem Umkehrdach, die Abdichtung auf der Decke unter der Dämmung befindet. Ist die Bitumenbahn so fest mit dem Beton verbunden, dass kein Wasser mehr einsickern und sich verteilen kann, sind sogar einzelne Löcher in der Abdichtung unerheblich, zumal bereits Konstruktionsbeton, wie beschrieben, wasserundurchlässige Eigenschaften besitzt.
Alternativ zum Warmdach bietet sich auch der Aufbau als Kompaktdach an. Hier werden wärmebeständige Dämmplatten aus Schaumglas oder PIR auf der Betondecke in flüssiges Bitumen eingeschwemmt und oberseitig mit Bitumenbahnen im Gießverfahren abgedichtet. Diese Variante ist zwar kostenintensiver, bietet aber die Möglichkeit, auf einem gefällelosen Untergrund – bei einem möglicherweise für den Belag notwendigen Gefälle – die Abdichtungsschicht mit einer Neigung herzustellen und trotzdem alle Schichten vollflächig miteinander zu verkleben. Sollte das aus Kostengründen unerwünscht sein, kann auch die Dampfsperre unter einem klassischen Warmdach mit Abdichtung auf der Dämmung als Verbundabdichtung hergestellt werden. Im Falle von Leckstellen in der Abdichtung begrenzt sich der Feuchteschaden auf die Dämmung, das Dach bleibt aber insgesamt dicht.
Alternative bei Leichtdächern
Bei Holzkonstruktionen oder Schalungen mit Stahltrapezblechen ist es nur schwer möglich, die Abdichtungsschichten mit dem Untergrund vollflächig zu verkleben. Deshalb erfolgt die Abdichtung in der Regel mit streifen- oder punktförmig und mechanisch befestigten Kunststoffdachbahnen. Leckagen lassen sich bei solchen Tragwerken dann relativ gut orten, wenn die Konstruktion insgesamt zumindest leicht geneigt ist. Das lässt sich meist ohne nennenswerten Mehraufwand bewerkstelligen. Aufgrund des Gefälles wird unter die Abdichtung geflossenes Wasser nur in eine Richtung sickern können. Da die Dampfsperre eines Leichtdaches dampfdiffusionssperrend, aber nicht wasserdicht sein muss, kann das Wasser aus dem Dachaufbau unten auch wieder austreten. Aus der Lage der Abtropfstelle lässt sich relativ gut die Lage der Fehlstelle bestimmen: Sie wird entgegen der Fließrichtung oberhalb der Abtropfstelle liegen. Bei Leichtdächern ist es demnach sinnvoll, dass die Dampfsperre wasserdurchlässig ist, da sie eine Leckageortung ermöglicht.
Prof. Matthias Zöller ist Architekt und Sachverständiger für Schäden an Gebäuden in Neustadt an der Weinstraße
Literatur und Regelwerke
DIN 18531 : 2017-07 Abdichtung von Dächern sowie von Balkonen, Loggien und Laubengängen
Deutsches Dachdeckerhandwerk Fachregel für Abdichtungen – Flachdachrichtlinie. Aufgestellt und herausgegeben vom Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks – Fachverband Dach-, Wand- und Abdichtungstechnik e. V. und Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. – Bundesfachabteilung Bauwerksabdichtung. Ausgabe Dezember 2016. Verlag Rudolf Müller, Köln
DAfStb Richtlinie Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU-Richtlinie), Ausgabe November 2003, Neuausgabe Dezember 2017, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton im Deutschen Institut für Normung e. V., Berlin; Erläuterungen zur DAfStb-Richtlinie; Schriftenreihe Heft 555, 1. Auflage Juli 2006
DIN 18532 : 2017-07 Abdichtung von befahrbaren Verkehrsflächen aus Beton
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