Warum müssen wir auf dem DAT als Berufsstand stark auftreten?
Wir fordern gegenüber der Politik, dass die Themen der gebauten Umwelt mit all ihren Herausforderungen nur mit uns angegangen werden können. Dazu müssen wir Flagge zeigen und mit geballter Kraft auftreten. Wir müssen gemeinsam zeigen, was wir können und wo wir hinwollen. Das geht nur kraftvoll, wenn wir viele sind. Und wir sind ja viele!
Welche Bedeutung hat die Politik für den Berufsstand?
Wir brauchen die Politik als Rahmengeber bei der Gesetzgebung, zum Beispiel beim Planungsrecht und Bauordnungsrecht, außerdem als vorbildlichen Bauherrn, der zeigt, dass beispielsweise durch Planungswettbewerbe gute Ergebnisse erzielt werden. Und die Politik hat es in der Hand, unseren Berufsstand zu stärken, wenn sie denn sieht, dass nur wir Experten die immer komplexer werdenden Aufgaben lösen können.
Der EuGH hat entschieden, dass die Mindest- und Höchstsätze der HOAI nicht mehr verbindlich sein dürfen. Warum?
Zunächst sieht es so aus, als sei das EuGH-Urteil ein Rückschlag für uns. Denn die Planer haben jetzt kein Anrecht mehr, den Bauherren zu sagen, dass sie den Mindestsatz nicht unterschreiten dürfen. Trotzdem hat es einen interessanten Aspekt aufgeworfen: Der EuGH hat nämlich anerkannt, dass Mindestsätze sehr wohl in der Lage sind, Qualität zu sichern, und die Höchstsätze den Verbraucher schützen können. Bei der Qualitätssicherung durch Mindestsätze fehle aber die Kohärenz in den Regelungen. Denn die Planungsleistungen sind nicht den Architekten, Ingenieuren, Stadt- und Landschaftsplanern vorbehalten. In Deutschland dürfen alle möglichen Menschen planen, die keine Qualifikation durch eine Ausbildung nachweisen müssen. Und so lange das so ist, hält der EuGH die Verbindlichkeit der Mindestsätze für widersprüchlich. Für uns bedeutet das, da haben wir etwas zu tun: Wir fordern, dass nur die gut ausgebildeten Planer, die eine hoch qualifizierte Ausbildung hinter sich haben und die einer beständigen Berufskontrolle unterliegen, so eine wichtige Aufgabe wie das Planen übernehmen dürfen.
Warum fordern Kommunen ihre Bauherren oft nicht auf, baukulturell hochwertig zu bauen?
Die Argumente lauten, über Geschmack – auch wenn ich das Thema darauf nicht reduzieren will – ließe sich streiten oder man könne Baukultur nicht bewerten. Ich sage, man kann sie sehr wohl bewerten! Es gibt natürlich einen Spielraum – und das ist auch gut so, im Interesse der Vielfalt. Aber es gibt auch einen Konsens, was hässlich und was schön ist. Es gibt ja auch einen darüber, wenn etwas übel oder wohl riecht.
Aber in der Tat rollt man den Investoren oft lieber den roten Teppich aus. Ich denke, der Bauherr muss in die Pflicht genommen werden, denn wer ein Innen baut, baut auch ein Außen und leistet einen öffentlichen Beitrag. Langfristig ist jenen Kommunen der Erfolg sicher, die Ansprüche stellen. Denn sie profitieren auch wirtschaftlich davon, wenn sie ihre Städte und Gemeinden qualitativ aufwerten, alle Möglichkeiten nutzen und bei jedem Bauvorhaben immer auch das Thema Baukultur miteinfordern. Es gibt Beispiele, wo die Architektur sogar schon zum Tourismusfaktor wird. Davon abgesehen, ist es ein Dienst an der eigenen Bevölkerung, wenn man ihr schöne Räume gibt.
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