Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Das Haus soll diskret bleiben“ im Deutschen Architektenblatt 01.2020 erschienen.
Von Lars Klaaßen
Der Schutz vor Einbruch, Feuer und Wasser gehört zu den essenziellen Qualitäten, die ein Haus mitbringen muss. Energieeffizienz und Funktionalität mittlerweile auch. „Wer heute baut, muss all dies zusammen denken“, betont Martin Bemba, vorsitzender Geschäftsführer von Abus Security Center. Der Einsatz smarter Haustechnik könne den Betrieb eines Gebäudes einfacher, kostengünstiger und vor allem sicherer machen. „Hierbei sind bewährte mechanische und neue digitale Lösungen eng ineinander verwoben.“ Fast jedes Bauteil eines Hauses und viele Einrichtungsgegenstände sind nicht nur elektronisch steuerbar, sondern können auch untereinander sowie nach außen kommunizieren.
Alarmanlage an, Heizung runter
Aktiviert man die Alarmanlage, werden automatisch die Fenster mit zusätzlichen mechanischen Sperren verriegelt und die Heizung regelt sich runter. Bei Feueralarm geht im Haus das Licht an und Rettungswege werden geöffnet. „Dieses Internet der Dinge ermöglicht im Smart Building unzählige Anwendungen“, so Bemba. „Dabei muss allerdings die Datensicherheit an erster Stelle stehen, also müssen sämtliche hierfür genutzten Module autark sein.“ Das heißt: Der unbefugte Zugriff von außen wird unmöglich gemacht, indem man alle hierfür relevanten Teile des Systems vom Rest abkapselt.
Die Gewährleistung von Datensicherheit und Souveränität in smarten Gebäuden bei zunehmender Vernetzung und immer weitergehenden digitalen Diensten bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich: So muss ein smartes Gebäude Informationen nach außen geben, um etwa mit einem Smart Grid zu interagieren, einem intelligenten Stromnetz, das die Energie nicht nur verteilt, sondern auch zwischenspeichert, wo es möglich und wann es nötig ist: Durch den steigenden Anteil volatiler, erneuerbarer und dezentraler Energiequellen müssen Energieanbieter zukünftig erheblich kleinteiliger planen, wo, wann und wie viel Energie voraussichtlich erzeugt und verbraucht wird und welche flexiblen Verbraucher und Speichermedien für überschüssigen Input aus Wind- oder Sonnenenergie verfügbar sind.
Die drängenden Fragen sind: Welche Geräte und welche Steuerungsfunktionen werden benötigt? Wie müssen die Informationen aufbereitet sein? Und auch: Welche Informationen sollte ein Gebäude im Sinne des Datenschutzes nicht herausgeben, damit nicht am Ende genau das System, das für Sicherheit sorgen soll, zum Unsicherheitsfaktor wird – etwa weil sich ein Urlaub anhand der Heizungsdaten ablesen lässt?
Künstliche Intelligenz kombiniert Rohdaten
Am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz arbeitet der Forschungsbereich „Agenten und simulierte Realität“ an Lösungsansätzen, wie sich mithilfe von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen Rohdaten noch innerhalb eines smarten Gebäudes intelligent kombinieren und abstrahieren lassen, sodass die erforderlichen Informationen verfügbar, weitergehende Rückschlüsse jedoch nicht mehr möglich sind. Fragt also ein Energieanbieter Informationen über den Wärmeverbrauch eines smarten Gebäudes ab, sollte nicht minutiös mitgeteilt werden, wie hoch die Temperatur jedes einzelnen Zimmers in den vergangenen Monaten war. Es reicht, wenn die – fundierte – Information gegeben wird, dass sich aufgrund des erwarteten Nutzungsverhaltens der Wärmebedarf etwa in den kommenden vier Stunden mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent um 20 Prozent verringern wird. Voraussetzung für solche Aussagen und den Einsatz von künstlicher Intelligenz ist die leichte Vernetzbarkeit und Interoperabilität der beteiligten Dienste, Systeme und Geräte.
Forschung an gemeinsamer Sprache
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert mit Unterstützung der Wirtschaftsinitiative Smart Living (WISL) unter anderem SENSE: Wesentlicher Bestandteil des Projekts ist ein offenes und dauerhaft betriebenes Semantic Building Lab als herstellerneutrale Testumgebung. „Das Lab bietet den notwendigen Raum für praktische Arbeiten zu wechselnden Themengebieten und in unterschiedlicher fachlicher Zusammensetzung“, erläutert Leiter Torsten Sommer. Eine große Herausforderung dabei: Die Geräte und Bauteile verschiedener Hersteller kommunizieren unterschiedlich.
Es bedarf einer Semantik, die Brücken schlägt, um Komponenten hinsichtlich ihrer Funktionalität und weiterer Eigenschaften übergreifend nutzbar zu machen. „So gibt es Geräte, die keine Bezeichnung für Feueralarm kennen“, benennt Sommer eines von vielen Beispielen. „Die ist aber enorm wichtig, wenn in einem Haus viele Komponenten kommunizieren und in bestimmten Fällen auch reagieren müssen.“ Auf welche Art etwa wird ein Bewohner und auch der Nachbar im Falle eines Rauchalarms informiert, um weitere Hilfe zu organisieren? Hierfür erforscht und entwickelt SENSE Ansätze für standardisierte, semantisch beschriebene Schnittstellen, Systemarchitekturen, sinnvoll vereinfachte Basisinformationen und erforderliche Basisdienste.
„Vernetzte Sicherheit“ wird vom 8. bis 13. März auch auf der Messe Light + Building als Schwerpunktthema im Bereich „Connecting“ diskutiert.
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