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Digitaler Bauantrag: Forderungen und Angebote der Architektenkammern

Worauf die Architektenkammern hinwirken, welche Schnittstellen benötigt werden, wo noch Fallstricke liegen und wie er ablaufen könnte

09.03.20207 Min. Kommentar schreiben

Von Matthias Pfeifer, Martin Kraushaar und Herbert Lintz

Wie einfach könnte es doch sein: Rund um die Uhr und auf Knopfdruck für seinen Bauherrn den Bauantrag abzugeben, anstatt aktenweise Papier ins Bauordnungsamt zu tragen. Und nach wenigen Tagen blinkt die Baugenehmigung am Bildschirm auf.

Die meisten Planungsprozesse sind schon seit Langem digital. Die Digitalisierung endet aber oft im Genehmigungsverfahren, weil die meisten Behörden noch nicht entsprechend aufgestellt sind. Was bislang als digitaler Bauantrag gilt, ist meist ein hybrides System: Die Unterlagen werden digital eingereicht, müssen aber aufgrund der Schriftformerfordernis zusätzlich mit Unterschrift in Papier abgegeben werden. Einige Bauämter bieten immerhin „Ampelsysteme“, die erkennen lassen, in welcher Bearbeitungsstufe sich der Antrag befindet. Ein durchgängiger digitaler Arbeitsprozess sieht anders aus.

Die gute Baukonjunktur, eine seit Jahren ausgedünnte Personaldecke in den Bauämtern und die Komplexität des Bauordnungsrechts führen zudem dazu, dass Auftraggeber und mit ihnen die Architekten oft viel zu lange auf die Baugenehmigung für ein Projekt warten müssen. Architektinnen und Architekten beklagen unisono, dass die vorgesehenen Bearbeitungsfristen oftmals nicht eingehalten werden.

Digitale Verwaltungsleistungen bis 2020

Dafür, dass sich das ändert, kann die Digitalisierung des Verfahrens eine Chance sein. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) des Bundes verpflichtet die Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen alle Verwaltungsleistungen bis zum Jahr 2022 auch online anzubieten. Mit zunehmender Geschwindigkeit stellen sich die Länder auf diese Herausforderung ein, in verschiedenen Modellregionen und Modellkommunen wird die digitale Transformation von Bauämtern erprobt. Ein beim Bundesinnenministerium angesiedeltes „Digitalisierungslabor“ setzte erste Meilensteine, um den durchgängigen digitalen Bauantrag zu befördern: Nordrhein-Westfalen will über das Bauportal.NRW In diesem Jahr die Online-Abwicklung zunächst für das einfache Baugenehmigungsverfahrens verfügbar machen. Das Saarland verspricht mit dem Arbeitstitel „BauCloud“ sogar ein „KI-gestütztes“ Verfahren.

Arbeitsgruppen der Kammern

Die Bundesarchitektenkammer hat sehr schnell auf diese Entwicklungen reagiert und eine Arbeitsgruppe zum digitalen Bauantrag unter Federführung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen gegründet. Die AG kooperiert eng mit einer weiteren Arbeitsgruppe, die sich unter Leitung der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen um die „kammerseitige Datenbankstruktur mit Schlüsselstelle zu Bauaufsichtsbehörden“ kümmert. Sehr rasch wurde ein „Referenzprozess für den digitalen Bauantrag aus Sicht des Entwurfsverfassers“ erarbeitet und mit dem Vorstand der Bundesarchitektenkammer abgestimmt. Er orientiert sich an einem Referenzprozess des bundesweiten „OZG-Labors“ und kann bei Bedarf an weitere aktuelle Entwicklungen angepasst werden.

Zusammenarbeit mit Bundesingenieurkammer und der Leitstelle XBau

Die federführenden Kammern verstehen sich als die zentralen Ansprechpartner von Ministerien, Behörden, Institutionen und der Leitstelle für XPlanung/XBau sowie für andere Kammern, Verbände und Softwareentwickler. Weil die Interessen von Architekten und Ingenieuren bei der Digitalisierung des Genehmigungsverfahrens gleich gelagert sind, werden die anstehenden Aufgaben seit Jahresbeginn eng mit der Bundesingenieurkammer abgestimmt.

Zudem arbeiten die Kammern mit der Leitstelle XBau zusammen. Die Leitstelle ist angesiedelt beim Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung in Hamburg. Sie entwickelt und setzt von Behördenseite aus die Standards für die digitalen Prozesse im Baugenehmigungsverfahren, damit Nachrichten verlustfrei zwischen Antragstellern, Genehmigungsbehörden und den verschiedenen Fachbehörden ausgetauscht werden können. Die Fachsoftware einer Kommune muss bei Neuanschaffungen bereits seit 2017 diesem Standard entsprechen, bestehende kommunale Systeme müssen spätestens im Februar 2023 umgestellt sein.

Digitaler Bauantrag: Referenzprozess

Mit ihrem Referenzprozess gehen die Kammern davon aus, dass es im Rahmen des digitalen Bauantragsverfahrens weitestgehend bei den bisherigen Formen der Zusammenarbeit von Bauherrenschaft, Architektinnen und Architekten und Bauaufsicht bleibt und weiterhin im Ergebnis die analogen Bedingungen des Informations- und Datenaustausches angestrebt werden. Denn auch beim digitalen Bauantrag bleibt der Architekt als Entwurfsverfasser der „Systemführer“, der für den Bauherrn als Experte tätig wird.

Der Referenzprozess soll den Länderarchitektenkammern, insbesondere aber auch den Bundesländern eine Orientierung bieten und zu einer homogenen und übersichtlichen Struktur des digitalen Bauantragswesen beitragen. Ziel ist, zu verhindern, dass sich Architektinnen und Architekten auf einer Vielzahl von kommunalen Portalen jeweils pro Antragstellung registrieren müssen; Entwurfsverfasser, die in mehreren Kommunen oder verschiedenen Bundesländern tätig sind, sollen sich nicht immer wieder in neue Systeme eindenken. Der Referenzprozess will eine digitale Zersplitterung vermeiden.

Digitaler Bauantrag: Beschleunigung mit Haken?

Gegenwärtig erhöhen die Bauministerinnen und -minister der Länder das Tempo, weil sie richtigerweise im digitalen Bauantrag einen Baustein für das kostengünstigere und schnellere Bauen von der Planung bis zur Fertigstellung sehen. So wurde Mitte November 2019 der Entwurf für eine Änderung der Musterbauordnung veröffentlicht. Den Erläuterungen dazu ist zu entnehmen, dass bauordnungsrechtliche Regelungen darauf überprüft werden, ob sie Hemmnisse für die digitale Datenverarbeitung darstellen könnten. Das betrifft insbesondere Schriftformerfordernisse und auch die Überprüfung der Bauvorlageberechtigung. Die digitale Signatur als Ersatz von Unterschriften „im Original“ hat sich bis heute nicht durchgesetzt und bietet sich nach Auffassung der Bauminister nicht als wirksamer Lösungsansatz an.

Für durchgängig digitale Prozesse will man daher die in der Papierform unproblematischen Unterschriftserfordernisse auf den zwingend erforderlichen Umfang reduzieren oder das Mindestniveau für eine die Unterschrift ersetzende Form festlegen. Damit ist der bisher in einigen Ländern zur Anwendung kommende „Architektenstempel“ im digitalen Verfahren nicht mehr vorgesehen. Künftig soll es ausreichen, dass der Entwurfsverfasser seine Kammer-Mitgliedsnummer angibt. In Ihrer gemeinsamen Stellungnahme zum Entwurf der Musterbauordnung lehnen Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer die Idee ab, auf die durchgängige bauaufsichtliche Prüfung der Bauvorlageberechtigung des Entwurfsverfassers zu verzichten und bieten eine unentgeltliche zentrale Schnittstelle zur Abfrage der Kammereintragung an.

Datenabgleich mit Berufsverzeichnis

Die Bestätigung der Kammermitgliedschaft soll nach den Vorstellungen der Architekten- und Ingenieurkammern ein Verzeichnis ermöglichen, auf das im digitalen Verfahren über eine Schnittstelle zugegriffen werden kann. Die Schnittstelle soll die Eintragung in ein Berufsverzeichnis im jeweiligen Bundesland bestätigen. Es ist nicht beabsichtigt, spezifische Differenzierungen des Bauordnungsrechts abzubilden wie etwa die Doppeleintragungspflicht in einigen Bundesländern oder die differenzierten Regelungen zur Bauvorlageberechtigung von Innenarchitekten. Zu einem späteren Zeitpunkt soll die Schnittstelle auch anderweitige öffentlich-rechtliche Nachweis- und Prüfberechtigungen abrufbar machen, beispielsweise aus den Sachgebieten Schallschutz, Wärmeschutz, Brandschutz oder Tragwerksplanung.

Digitaler Bauantrag: Nur mit Architekten und ihren Kammern!

Die vorgesehene Schnittstelle zwischen dem digitalen Bauantragsverfahren und den Berufsverzeichnissen ist kammerrechtlich, datenschutzrechtlich und technisch grundsätzlich möglich, erfordert aber weitere Anstrengungen der Kammern. Voraussetzung zur Etablierung des Systems ist, dass es von den Bauministern der Länder als Oberste Bauaufsicht und den Unteren Bauaufsichtsbehörden bei den Kommunen gewünscht wird. Das Angebot stärkt die Selbstverwaltungsautonomie des Berufsstands, der in den Architektenkammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts seine Verfasstheit findet.

Die Kammern haben die gesetzliche Aufgabe, jeweils ein Berufsverzeichnis zu führen. An den Eintrag in das jeweilige Berufsverzeichnis knüpfen die Landesbauordnungen mit den Regeln zur Bauvorlageberechtigung an. Die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zur Bauvorlageberechtigung setzen jeweils sachkundige und erfahrene Entwurfsverfassende voraus. Die erforderliche Sachkunde und Erfahrung ergibt sich damit auch in digitalen Zeiten aus der Eintragung in das Berufsverzeichnis.

Der digitale Bauantrag wird kommen: Mit diesem Angebot werden die Architekten und die Kammern einen wesentlichen Schritt in die digitale Zukunft gehen!

Der Beitrag erschien erstmals unter dem Titel „Der schnelle Weg zum Bauantrag“ in der DBZ 01-2020. Diese aktualisierte Fassung wird mit freundlicher Genehmigung des Verlags veröffentlicht.

Matthias Pfeifer ist Geschäftsführender Gesellschafter bei RKW Architektur+ und in seiner ehrenamtlichen Funktion bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Berichterstatter der Ad-hoc Arbeitsgruppe „Digitaler Bauantrag“.
Dr. Martin Kraushaar ist Hauptgeschäftsführer der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen und Berichterstatter der Ad-hoc Arbeitsgruppe „Kammerseitige Datenbankstruktur mit Schlüsselstelle zu Bauaufsichtsbehörden“.
Herbert Lintz ist Abteilungsleiter „Architektur und Technik“ der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen

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