Von Fabian P. Dahinten
Es liegt gerade mal etwas mehr als einen Monat zurück: 130 Studierende der Architektur aus Deutschland und Österreich treffen sich auf teils engstem Raum, um sich zu vernetzen, um Spaß zu haben, um ihre Zukunft zu planen. Fest sind die Handschläge zur Begrüßung, herzlich die Umarmungen zum Abschied. Während der Veranstaltung gibt es, das würde ich sogar sagen, Kontaktgarantie. Denn länger als fünf Minuten sitzt niemand alleine. Und beim Abendprogramm werden die Abstände zwischen einander auch eher geringer als größer. Rückblickend: das perfekte Einstiegs-Setting für einen Corona-Horrorfilm.
Denn nach jenem Wochenende hat sich alles geändert. Zunächst Stück für Stück, dann rasant. Anfangs hörte ich den Berichten in den Medien und den Presse-Statements von Politikern und Experten noch eher ungläubig zu, ging dann aus meiner Wohnung raus auf die Straße – und fühlte mich ein wenig so, als sei ich gerade aus dem Kino gekommen. Da retteten noch eben Superheldinnen die Welt kurz vor dem Untergang – und auf einmal stehe ich wieder inmitten des ganz normalen Alltags auf der Straße, mit umhereilenden Menschen und vorbeiflitzenden Autos. Etwas surreal.
Ja, surreal ist es inzwischen tatsächlich geworden. Nur ist es diesmal kein Film, und die Welt geht auch nicht unter. Aber wenn ich mir die Schwere der staatlichen Maßnahmen und das Ausmaß, in dem das öffentliche Leben mittlerweile eingeschränkt ist, vor Augen führe, kann ich nur sagen: So etwas hat sicherlich zuletzt meine Oma nach dem Krieg erlebt. Und seither niemand sonst wieder in diesem Land.
Studieren trotz Corona-Krise auf menschenleerem Campus?
Und die Hochschule? Erst vor ein paar Tagen war ich da, in unserem Fachbereich. Natürlich auf ausdrückliche Einladung des Fachbereichs, denn für Studierende herrscht seit Wochen ein Betretungsverbot für das Hochschulgelände. Der Campus ist entsprechend menschenleer. Er sieht, schießt es mir durch den Kopf, gar nicht anders aus als sonst – aber er fühlt sich völlig anders an.
Gerade bei uns, am Architekturfachbereich, herrscht eigentlich immer reges Treiben. Selbst nachts leuchten immer noch ein paar Lichter in den Arbeitsräumen. Und tagsüber wird der Innenhof des dreistöckigen Atriumgebäudes mit seiner Klinkerfassade immer von ein paar Sonnentankenden bevölkert. Jetzt dagegen: Alles wie ausgestorben. Kaum ein Mensch weit und breit. Und an den Türen Zettel mit der Aufschrift „Zutritt verboten“.
Präsenzfrei studieren? Architektur lebt vom Austausch
Und viel wird sich daran wohl nicht ändern, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Denn das Sommersemester wird gerade präsenzfrei geplant. Präsenzfrei? Was für eine Maßnahme! Wie soll das gehen? Wie soll ein Studiengang, der auf Austausch und Kommunikation baut, der von menschlichen Begegnungen lebt, „präsenzfrei“ funktionieren?
Ich weiß es nicht. Noch nicht. Und habe deshalb beschlossen, dieses Corona-Tagebuch zu führen und hier zu berichten, was wir erleben. Denn dass es einen Weg geben wird, da bin ich mir sicher. Warum? Weil wir Architekten doch von Haus aus Problemlöser sind.
Hier findet ihr alle Einträge im Corona-Tagebuch von Katharina und Fabian.
Fabian P. Dahinten und Katharina Körber studieren Architektur an der Hochschule Darmstadt. Im Wechsel schreiben sie für das DAB dieses Corona-Tagebuch
Und wie sind eure Erfahrungen als Architektur-Studierende oder -Lehrende? Wie reagiert ihr auf die Krise? Was macht die aktuelle Situation mit euch und der Lehre? Hinterlasst uns einen Kommentar auf dieser Seite oder schreibt uns unter DAB-leserforum@planetc.co
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