Herr Erkel, wie fühlt sich die Corona-Krise für einen angestellten Architekten an?
Bei allem Ungemach geht es uns noch recht gut: Meine Frau und ich sind als Architekten beide angestellt, ich bei Waechter + Waechter, meine Frau bei der evangelischen Kirche. Wir müssen uns glücklicherweise keine Sorgen um unseren Arbeitsplatz machen, wissen aber von anderen, insbesondere selbstständigen Kollegen, die gerade wirtschaftlich hart kämpfen müssen. Auch der Spagat zwischen dringenden Arbeitsaufgaben und Elterndasein ist für uns wie für viele eine große Belastung.
Unsere Arbeitgeber sind glücklicherweise sehr verständnisvoll und flexibel, was unter den derzeit schwierigen Umständen vieles erleichtert. In meinem Fall ist es so, dass die Chefs selbst Kinder haben und wissen, welche Herausforderungen das gerade mit sich bringt. Das wird im Arbeitsalltag mitbedacht und wir finden durch einen konstruktiven Umgang damit gute Lösungen.
Welche Erfahrungen machen Sie mit der Arbeit im Home-Office?
Technisch funktioniert das ziemlich reibungslos. Über eine sichere Verbindung komme ich mit meinem Rechner von zu Hause an alle Daten und Informationen, die ich benötige. Als Projektleiter für einen Schulneubau kommuniziere ich häufig mit den übrigen Planern per Videokonferenz. Das funktioniert über weite Strecken erstaunlich gut, insbesondere, wenn man Tools zur virtuellen Kommentierung und wechselseitigen Steuerung nutzt. Trotzdem fehlt es uns aber sehr, mal an einem Tisch zu sitzen und gemeinsam kreative Gedanken zu entwickeln. Persönlicher Austausch lässt sich durch die beste Technik nicht ersetzen. Dass unser Auftraggeber, eine Kommune, keine Videokonferenzen zulässt, ist zudem ein großer Hemmschuh.
Unsere Arbeit geht ohne Einschränkung und Verzögerungen weiter. Doch die Arbeit ist schwieriger, weil indirekter geworden. Natürlich kann man auch einen positiven Punkt sehen: Wir haben das Werkzeug Videokonferenz jetzt eingeübt und werden es auch künftig häufiger nutzen – auch ohne Corona-Einschränkungen. Statt Zugfahrten von mehreren Stunden zu absolvieren, lassen sich einige Dinge eben auch viel effizienter mit Videotelefonie lösen.
Wie organisieren Sie ganz konkret die Arbeit zu Hause und die gleichzeitige Betreuung Ihrer Kinder?
Unser Sohn ist zwei Jahre alt, unsere Tochter sieben – sie würde nun eigentlich in die erste Klasse gehen, er in die Kita. Kinder in diesem Alter brauchen viel Zuwendung und Aufmerksamkeit. Vor allem einen Zweijährigen kann man schlecht sich selbst überlassen. Das schränkt die Arbeit zu Hause deutlich ein. Meine Frau und ich wechseln uns deshalb ab zwischen Homeoffice und Arbeitstagen, die wir in unseren Büros verbringen. Meine Arbeitstage zu Hause verbringe ich vor allem mit Telefonaten und E-Mail-Korrespondenz. Konzentriertes und kreatives Arbeiten, wie etwa Zeichnen, ist nur machbar, wenn ich nicht allein mit den Kindern zu Hause bin, also abends oder an den Wochenenden – oder eben an den Tagen, an denen ich im Büro bin.
Die Arbeitswochen müssen bei dieser Aufteilung gut durchgeplant werden: Was erledige ich wann und wo? Wie passt das mit der Arbeitsplanung meiner Frau zusammen, wie mit Kollegen meines Betriebs? Man muss sich bei den Abläufen, Terminen und Abgabefristen eng abstimmen. Das funktioniert dank guter Kooperation. Die Arbeit am Limit kostet aber alle Beteiligten viel Geduld und Energie. Wir hoffen deshalb, dass die Situation sich bald wieder normalisiert.
Stephan Erkel ist angestellter Architekt bei Waechter + Waechter in Darmstadt.
Hier berichten wir, wie Großbüros wie Stefan Behnisch, Eckhard Gerber oder Eike Becker auf die Krise reagieren. Mehr Beiträge finden Sie auch in unserem Schwerpunkt Kreativ durch die Krise
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