Der Europäische Gerichtshof entschied im Juli 2019, dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze in der HOAI gegen EU-Recht verstößt. Damit fällt nicht die HOAI als Ganzes, dennoch ändern sich grundlegende Voraussetzungen in der Kommunikation von Architekturbüros mit Bauherren. Neben Gestaltung und Konzept tritt nun der Preis stärker in den Vordergrund.
Doch wie berechtigt ist also die Sorge, dass mit dem EuGH-Urteil der bewährte Leistungswettbewerb, mithin die Voraussetzung unserer Baukultur, zugunsten eines Preiswettbewerbs abgelöst wird?
Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil verdeutlicht, dass die qualitätssichernde Wirkung der verbindlichen Mindesthonorarsätze nicht gewährleistet werden kann, wenn Planungsleistungen auch von Personen ohne den Nachweis einer entsprechenden fachlichen Eignung erbracht werden dürfen. Ob der EuGH im Falle einer Beseitigung dieser Inkohärenz die Verbindlichkeit der bisherigen Mindestsätze bestätigen würde, ist allerdings offen. Unabhängig davon sollten Planungsleistungen, die eine besondere Fachkunde erfordern, entsprechend qualifizierten Personen vorbehalten sein.
Was bedeutet dieses Urteil für die Arbeit von Planerinnen und Planern?
Planungsleistungen in Architektur und Stadtplanung gehören ausschließlich in die Hände nachweislich qualifizierter Fachleute. Der rein marktliberale Ansatz eines Preiswettbewerbs unterläuft die Anforderungen einer nach Qualität und Leistung strebenden Planungs- und Baukultur und kann der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für die gebaute Umwelt nicht genügen. Doch um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müssen grundlegende Voraussetzungen gewährleistet sein: eine umfassende, ganzheitlich ausgerichtete Ausbildung, eine qualifizierte Berufszulassung und eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung unter Einhaltung hoher berufsethischer Standards. Diese Voraussetzungen werden durch eine Mitgliedschaft in den Architektenkammern sichergestellt, die damit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe erfüllen.
Welche neuen rechtlichen Rahmenbedingungen sind für den angestrebten Wettbewerb erforderlich?
Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, die bestehende Rechtslage umgehend an die Vorgaben des Urteils anzupassen. In einem zweiten Schritt müssen Leistungsbilder aktualisiert werden. Zugleich sollte die Bundesregierung das EuGH-Urteil nutzen, zumindest für Teile der Planungsleistungen eine Vorbehaltsregelung einzuführen. In diesem Kontext unterstützt die Bundesarchitektenkammer ausdrücklich die Wiedereinführung der Meisterpflicht im Handwerk – nicht nur, weil nachweislich qualifizierte und fähige Handwerker unerlässlich sind für eine entsprechende Bauausführung sowie die Ausbildung der dringend nötigen Fachkräfte. Vielmehr verdeutlicht auch die Meisterpflicht, dass unsere heutige Informationsgesellschaft mehr denn je verbindliche, qualitätsorientierte Angaben braucht. Dies gilt in besonderem Maße für den Qualifikationsnachweis bei so prägenden Aufgaben wie der Planung unserer gebauten Umwelt.
Welche neuen Anforderungen kommen auf Planerinnen und Planer zu?
Ergab sich das Architektenhonorar bisher aus den Rahmenbedingungen quasi von selbst, wird es nun zum Bestandteil von Verhandlung und Überzeugungsarbeit. Neben dem Honorar die eigenen Alleinstellungsmerkmale gegenüber Bauherren und potenziellen Auftraggebern herauszustellen, war für Architektinnen und Architekten selbstverständlich schon immer wichtig. Das Urteil des EuGH lässt diese Daueraufgabe nun aber noch dringlicher und ratsamer erscheinen, müssen Architekten aller Fachrichtungen und Stadtplaner doch künftig verstärkt begründen, warum sie bestimmte Honorarsätze aufrufen und warum sie als Kammermitglieder zur Bearbeitung hochwertiger Planungsaufträge besonders qualifiziert sind.
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Fortbildungen zur HOAI
Über die berufspraktischen und rechtlichen Folgen des EuGH-Urteils zur HOAI informieren die Architektenkammern der Länder ihre Mitglieder in einem umfangreichen Fortbildungs- und Seminarprogramm. Nähere Informationen zu Terminen und Abläufen finden Sie auf der Website Ihrer Architektenkammer.
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