Von Fabian P. Dahinten
Auf öffentlichen Plätzen halte ich mich vor allem aus zwei Gründen auf. Erstens: Ich warte auf etwas oder jemanden. Zweitens: Ich sitze in einem Café oder Restaurant. Plätze sind für mich meist rein funktional und das obwohl ich bei Entwürfen selbst gerne Plätze plane, die versuchen eine Aufenthaltsqualität zu bieten, an denen möglichst viele Leute verweilen – auch ohne Café und ohne Warten auf den Bus.
Erst am Wochenende saß ich auf genau so einem Platz mitten in Darmstadt. Es war das perfekte Wetter, ein warmer Sommerabend mit einer leichten Brise. Ich habe sogar ein wenig die Zeit vergessen, als ich dort ganz ohne funktionalen Grund saß.
Ich rede vom Georg-Büchner-Platz in Darmstadt. Wenn mich jemand nach einem gelungenen öffentlichen Ort fragt, dann nenne ich diesen. Der Vorplatz des Staatstheaters, treppt sich in Terrassen in Richtung des Haupteingangs ab. Gegenüber, öffnet sich über dem Haupteingang ein großer Balkon, der nur darauf wartet durch einen Chor, Orchester oder Sänger eingenommen zu werden.
Der politische Showdown
Gerade im Sommer ist dort immer einiges los und es finden kleinere Veranstaltungen auf dem Vorplatz statt: öffentliche Konzerte, Festivals oder auch temporäre Installationen (Hier ein paar Bilder). Dazu passte für mich, dass dieses Jahr unter den Kolonnaden des Haupteingangs, ein hölzerner Baukörper hinzugefügt worden ist: der sogenannte Tutti Kiosk als kleine ergänzende Bar.
Eigentlich wollte ich auf Instagram nur schauen, wann es losgeht und die Bar öffnet. Doch ich stieß auf einen politischen Showdown: Auf der einen Seite der Architekt des Platzes, Arno Lederer mit dem Bund deutscher Architekten (BDA); auf der anderen Seite das junge Gestaltungskollektiv DIESE Studio, das in den vergangenen Jahren schon des Öfteren den Platz und viele andere Orte der Stadt bespielte, sowie das Chez, die angesagte Trinkhalle der jungen Architekt*innenszene, die die Bar betreiben sollten.
Entwerten junge Wilde einen heiligen Platz?
Grund des Protestes waren, wie ich nach ein wenig Recherche herausfand, die Bedenken des DBA und Arno Lederers, dass der Tutti Kiosk als ergänzendes Bauwerk den Entwurf des Platzes entwerte und dies einem Trend der „Möblierung der Stadt“ folge.
Ist das ein Konflikt der Generationen, wie ich auf den ersten Blick dachte: Entwerten junge Wilde einen heiligen Platz durch ihre Art der neuen Kultur? Oder stehen sich nur zwei Ansichten gegenüber, wie mit öffentlichen Plätzen in der Stadt umgegangen werden sollte?
Für mich ist der Georg-Büchner-Platz so besonders, weil er so grandios von Arno Lederer entworfen wurde UND weil er so wunderbar belebt wird. Das Schöne an temporären Bauten ist ja, dass sie nur für eine kurze Zeit da sind – und nächstes Jahr schon wieder etwas Neues den Platz bespielt. Das hoffe ich zumindest.
Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt und startet nun ins Berufsleben.
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