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Zurück Nachwuchs-Kolumne #29

Bachelor-Abschluss im Corona-Semester: Der „Geisterjahrgang“

Die Studierenden in den Abschlussmodulen, der Bachelorarbeit und der Masterthesis, bekamen die Corona-Situation zuerst zu spüren. Merle hat es dennoch gewagt ihre Abschlussarbeit anzufangen. Sie berichtete unserem Kolumnisten, wie es gelaufen ist

02.09.20204 Min. Kommentar schreiben
Modellbau an der frischen Luft. Merle (rechts) mit einer Kommilitonin während ihrer Bachelorarbeit in Coronazeiten. Foto: privat

Von Fabian P. Dahinten

Es ist einer dieser angenehmen Sommerabende. Mitten in der Stadt herrscht reges Treiben. Während die einen nach Feierabend noch schnell ein paar Einkäufe erledigen, flanieren die anderen durch die Straßen und beleben die Außenbereiche der Cafés und Restaurants. Zu diesen gehören heute auch Merle und ich. Wir haben uns in einem neu eröffneten Thai Restaurant verabredet. Nachdem wir uns beinahe das gesamte Semester nicht gesehen hatten, erzählt sie mir von ihrem Bachelor-Projekt mitten im Corona-Semester.

Die ersten an unserem Fachbereich, die die Corona-Situation zu spüren bekamen, waren die Studierenden in den Abschlussmodulen, der Bachelorarbeit und der Masterthesis. Denn die Bearbeitungszeiten starteten noch vor dem verschobenen Semesterstart. Selbst ohne Corona und die präsenzfreie Lehre ist die Bachelorarbeit schon eine große Herausforderung und bringt viel Aufregung mit sich. Immerhin ist es meist die erste Abschlussarbeit. Die Aufregung und Unsicherheit beim Master kamen bei mir jedenfalls nicht annähernd an die Aufregung beim Bachelor heran. Merle gehört zu denen, die es dennoch gewagt haben, die Abschlussarbeit anzufangen, ohne zu wissen worauf sie sich genau einlassen werden. Denn zu Beginn war für alle noch unklar, wie das Semester verlaufen wird.

Andere Dinge neben dem Abschluss erledigen?

Merle hat, wie alle anderen auch, zu Beginn ausschließlich von daheim gearbeitet. Die gelegentlichen Rücksprachen, die von der Prüfungskommission angeboten werden, haben über Zoomkonferenzen digital stattgefunden. Während die drei oder vier Professor*innen zusammen in der Hochschule saßen, waren alle Studierenden zugeschaltet. Dies hatte auch den Vorteil, dass wenn man gerade nur zugehört hat und nicht selber dran war, andere Dinge nebenbei erledigen konnte: Weiterarbeiten, essen oder auch sich die Nägel lackieren.

Gegen Ende der Bearbeitungszeit und als das normale Semester in vollem Gang war, wurden die Arbeitsräume für die angehenden Absolvent*innen wieder in minimaler Besetzung geöffnet und die leerstehenden Seminarräume in provisorische Arbeitsräume umgewandelt. Je nach Raumgröße konnten so vier bis sechs Personen in einem Arbeitsraum zusammen den Endspurt angehen. „Erst zum Schluss kam so eine richtige Arbeitsatmosphäre auf, als wir in den letzten drei Wochen in die Arbeitsräume durften. Vorher hat man einfach nicht mitbekommen, dass und was die anderen arbeiten,“ erzählt Merle. Daher empfinde sie das Semester auch als „Geistersemester“. Früher traf man die Absolvent*innen regelmäßig am Fachbereichscafé oder im Innenhof. Diesmal bekamen weder die anderen des Fachbereichs groß mit, wer eigentlich gerade den Abschluss macht, noch die Gruppe der Absolvent*innen untereinander.

Zoomen stärkt die Selbstdisziplin

„Das Arbeiten von daheim brachte zwar einige Vorteile mit sich, erforderte aber wesentlich mehr Selbstdisziplin,“ sagt Merle. Sie hat wie ich früher immer in Arbeitsräumen gearbeitet. Dort bekommt man gut mit, wann die anderen arbeiten und wie weit sie schon sind. Das spornt einen dann an, sich wieder hinzusetzen und weiterzuarbeiten, mal wieder etwas mehr Gas zu geben. Es war aber nicht so, dass Merle auf das gemeinsame arbeiten gänzlich hätte verzichten müssen: „Vor den Rücksprachen habe ich immer mit einer Freundin die ganze Nacht durch gezoomt. Wir haben parallel gearbeitet, uns ähnlich wie im Arbeitsraum unterhalten und ausgetauscht“.

Nun, mit einem erfolgreichen Abschluss in der Tasche, ist Merle mit ihrer Arbeit und dem außergewöhnlichen Semester zufrieden. Sie bereut nicht, sich auf das Experiment eingelassen zu haben. „Mir ist ein Appell meines Professors besonders im Gedächtnis geblieben: ‚Hört in dieser besonderen Zeit auf euren Bauch und macht das was ihr für richtig haltet!‘ Das habe ich gemacht.“

Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt und startet nun ins Berufsleben.

Hier findet ihr alle Nachwuchs-Kolumnen von Fabian.

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