Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Auf solidem Fundament durch das Krisenjahr 2020?“ im Deutschen Architektenblatt 11.2020 erschienen.
Von Nicole Reiß
Die deutschen Architektur- und Stadplanungsbüros blicken auf ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr 2019 zurück. Umsätze wie Überschüsse entwickelten sich im Vergleich zu den Vorjahren positiv und die Zahl der Büros in schwieriger wirtschaftlicher Lage ist weiter rückläufig.
Gutes Jahr 2019
Seit der ersten bundesweiten Befragung stieg der mittlere (mediane) Pro-Kopf-Umsatz der Büros von rund 56.000 Euro im Jahr 2013 auf rund 74.500 Euro im Jahr 2019. Die mittleren Überschüsse je Inhaber sind seit 2013 ebenfalls kontinuierlich von 47.000 Euro auf aktuell 66.200 Euro gestiegen.
Positiv entwickelten sich auch die Gehälter der angestellten Kammermitglieder. Das mittlere Brutto-Jahresgehalt stieg von 48.000 Euro im Jahr 2012 auf jetzt rund 59.000 Euro. Die höchsten Gehälter wurden in der gewerblichen Wirtschaft erzielt (75.000 Euro), gefolgt vom öffentlichen Dienst (64.500 Euro). Die im Vergleich niedrigsten Gehälter wurden in Architektur- und Stadtplanungsbüros gezahlt (50.400 Euro).
Zukunft unsicher wegen Corona und HOAI-Urteil
Was die Zukunft bringt, ist ungewiss. Nicht nur die Corona-Pandemie sorgt für Verunsicherung. Unklar ist auch, welche Folgen das HOAI-Urteil des EUGH vom 04. Juli 2019 haben wird. Im Frühjahr 2020 sah sich bereits ein Viertel der Büroinhaber mit Auswirkungen des Urteils konfrontiert – teils in Form von Abschlagsforderungen von Auftraggeberseite, teils durch wachsenden Wettbewerbsdruck angesichts einer steigenden Zahl von Angeboten unterhalb der HOAI-Mindestsätze.
Diese Entwicklungen machen deutlich, wie wichtig eine systematische und auf soliden betriebswirtschaftlichen Kennzahlen basierende Projektkalkulation ist. Hier besteht in vielen Büros weiterhin deutlicher Nachholbedarf. So erfolgt in 41 Prozent der Büros keine systematische Erfassung der Projektstunden. 71 Prozent der befragten Büroinhaber kalkulieren Projekte ohne Hinzuziehung kalkulatorischer Stundensätze und 74 Prozent ist der Gemeinkostenfaktor des Büros nicht bekannt.
Wer sich jetzt ertappt fühlt, sollte sich mit dem Thema befassen. Denn gut begründbare Honorare lassen sich gegenüber dem Auftraggeber überzeugender durchsetzen.
An der Strukturbefragung 2020 beteiligten sich rund 16.700 Kammermitglieder (Rücklaufquote: 19,5 Prozent). Zentrale Inhalte der Befragung waren Gehälter und Arbeitszeiten abhängig beschäftigter Kammermitglieder, Kalkulationsgrundlagen, Auswirkungen des HOAI-Urteils und die wirtschaftliche Situation der Büros sowie die Themen Digitalisierung und nachhaltiges Bauen.
Die vollständigen Befragungsergebnisse können auf der Website der BAK abgerufen werden.
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