Auch bei öffentlichen Auftraggebern hat sich herumgesprochen, dass PPP-Verfahren (Public Private Partnership) keineswegs der wundersamen Geldmehrung und einer nachhaltigen Haushaltssanierung dienen, sondern vergleichbar einer Kreditaufnahme ein Verschiebebahnhof für Sorgen in die Zukunft sind. Die Projektrisiken sind eben groß. Qualitäten müssen komplett vorgedacht und ausgeschrieben und Änderungsbedarfe am fertiggestellten Bauwerk über Zeiträume berücksichtigt werden, die – so ehrlich sollten wir sein – wohl niemand überblicken kann.
PPP-Verfahren und Totalübernehmer
Und doch scheinen uns die berufspolitisch ungeliebten PPP- und Totalübernehmerverfahren einzuholen, diesmal aufgrund des Fachkräftemangels und der Stellenkürzungen, die zu Unterbesetzungen in den Bauverwaltungen führen und die Illusion nähren, es könne nur von Vorteil sein, Planung und Bau öffentlicher Gebäude in einem Rundum-sorglos-Paket einzukaufen.
Derweil tragen wir Architektinnen und Architekten die Trennung von Planung und Bau weiter als unantastbar vor uns her, weil – ja warum eigentlich? Schärfen und hinterfragen wir unsere Argumente wirklich regelmäßig und aufrichtig? Oder ist es einfach unbequem, sich von alten Gewissheiten zu verabschieden?
Was ist es also konkret, das uns am Grundsatz der Trennung von Planen und Bauen festhalten lässt?
- Erstens: die Überzeugung, konzeptionell unabhängig denken zu müssen, um die „richtige“ Lösung zu finden. Die flächeneffizienteste Lösung etwa ist nicht unbedingt die funktional und wirtschaftlich beste, wenn dadurch Mehrfachnutzungen verhindert oder schlimmer, gar nicht erst gedacht werden.
- Zweitens: Wir benötigen baukonstruktive Innovationen, allein schon, um nachhaltig zu bauen. Doch aufseiten der ausführenden Konsortien kann Nachhaltigkeit längst nicht immer erwartet werden, denn aus unternehmerischer Sicht ist es lohnender, erprobte, bereits mehrfach durchkalkulierte Konstruktionen anzubieten.
- Drittens: Nur die gewerkeweise Ausschreibung und Vergabe auf Grundlage einer präzisen Planung bietet die Gewähr, am Markt wirklich die günstigsten Angebote abzufragen, zu prüfen und zu beauftragen – und nicht pauschale Wundertüten, die alles aus einer Hand versprechen. Das haben auch Untersuchungen der Landesrechnungshöfe immer wieder bestätigt.
So weit, so bekannt – und immer noch aktuell. Doch dies ist wohl nur die halbe Wahrheit. Wenn wir über Innovationen reden, dann stammen diese heute nur zu einem Teil von uns als Planenden. Zum anderen Teil sind wir auf Produktlösungen und somit eben doch auf die Innovationen der Bauindustrie angewiesen; wir müssen schon im Planungsprozess Systementscheidungen treffen, die uns enger an die ausführende Seite binden, als dies einst der Fall war.
Auch BIM stellt die Trennung von Planen und Bauen infrage
Mit BIM rollt bereits die nächste Entwicklung auf uns zu, die das Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung weiter infrage stellen wird. Ich meine, wir müssen daher unser Verhältnis zu Bauindustrie und Baugewerbe neu denken und justieren. Das gilt womöglich auch für die Trennlinie zwischen freischaffender und baugewerblicher Betätigung. Wenn wir die unabhängige, treuhänderische Tätigkeit für unsere Bauherrinnen und Bauherren weiterhin ernst nehmen und als Qualitätsmerkmal sichern wollen, dürfen wir uns nicht mit pauschalen Schlagworten der Trennung von Planen und Bauen begnügen, sondern müssen konkret werden: Was geht und was nicht? Das gilt es zu definieren. Die Zeit ist mehr als reif.
Robert Marlow, Präsident der Architektenkammer Niedersachsen
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