Dieses Interview zum digitalen Bauantrag ist unter dem Titel „Wir haben die Datenbank so dumm wie möglich gemacht“ im Deutschen Architektenblatt 06.2021 erschienen. Interview: Brigitte Schultz und Lars Klaaßen
Matthias Pfeifer, Martin Kraushaar, in den ersten Kommunen kann man bereits digitale Bauanträge einreichen. Wo stehen wir damit gerade insgesamt?
Pfeifer: Laut Onlinezugangsgesetz müssen die Kommunen bis Ende 2023 digitale Bauanträge annehmen. Damit nicht jede ihre eigene Plattform bastelt und es nicht überall unterschiedlich gemacht wird, bieten viele Länder Lösungen an. Es gibt Modellkommunen und der Bund unterstützt Mecklenburg-Vorpommern als Modellbundesland, in dem es wiederum einen Modellkreis gibt. Wenn ein Bundesland von dort die Lösung oder Teile davon übernehmen will, ist das zumindest von der Anschaffung her umsonst.
Wie funktioniert der digitale Bauantrag?
Pfeifer: Als Nutzer füllt man online gemeinsam mit dem Bauherrn das Bauantragsformular aus. Das reicht aber noch nicht. Sinnvoll wird es erst, wenn auch alle Dokumente hochgeladen werden können und alle, die Kommune und die Fachbehörden, über dieselbe Plattform kommunizieren. Was erst mal einfach klingt, hat natürlich auch Fallstricke. Deshalb haben wir einen Referenzprozess entwickelt, der beschreibt, wie es aus Architektensicht gut laufen sollte, und haben diesen auch dem technischen Fachsoftware-Dienstleister Brain-SCC zur Verfügung gestellt, der den digitalen Bauantrag mit dem federführenden Land Mecklenburg-Vorpommern umsetzt. Viele Punkte daraus – zum Beispiel die digitale Abfrage der Qualifikation direkt bei der Kammer – wurden aufgenommen. Eine vollständige Dokumentation wäre ebenfalls wünschenswert, also auch über Nachreichungen und solche Dinge – da müssen wir noch Überzeugungsarbeit leisten.
Sie erwähnen die digitale Abfrage der Qualifikation bei der Architektenkammer. Wurde das nicht sowieso gemacht? Man muss schließlich irgendwie herausfinden, ob jemand bauvorlageberechtigt ist.
Kraushaar: In manchen Kommunen, die als Vorreiter früh auf eigene Faust Hochladeportale eingeführt haben, klickte man bloß an: „Ich bin Architekt“. Geprüft wurde das nicht. Nun denken ja viele nach erfolgreichem Studium, mit Abschluss der Master- oder Diplomarbeit seien sie bereits Architektin oder Architekt. Dass es dafür unter anderem zwei Jahre Berufspraxis und eine Berufshaftpflichtversicherung braucht, ist vielen nicht klar. Gerade diejenigen, die denken, sie wären Architekten und das mal kurz anklicken, sind aus Sicht des Verbraucherschutzes und des ordnungsgemäßen Verfahrensablaufes ein Problem.
Was ist Ihre Lösung für den digitalen Bauantrag?
Kraushaar: Wir haben uns auf den Weg gemacht, die gute Vorleistung dieser Portale zu vervollständigen. Denn es gibt nur eine Stelle, die über die Qualifikation „Architekt/Architektin“ zuverlässig und nach Gesetzeslage Auskunft geben kann und darf: die Architekten- und Ingenieurkammern. Dafür haben wir die Datenbank di.BAStAI aufgesetzt – die „digitale bundesweite Auskunftstelle für Architekten und Ingenieure“. Die Kammern geben hier die relevanten Informationen über ihre Mitglieder ein, also Mitgliedsnummer, Fachrichtung und Qualifikationen. Über eine ganz einfache, hochverschlüsselte Schnittstellenkommunikation können diese Daten dann abgefragt werden. So erhalten die zuständigen Behörden valide Auskünfte über die Qualifikation eines Antragstellers.
Sind meine Daten als Architektin dabei geschützt?
Pfeifer: Das ist eine reine Auskunft an Behörden, die nicht öffentlich einsehbar ist. Die Fachsoftware fragt nach einer bestimmten Person. Die hat angegeben, wie sie heißt, in welcher Kammer sie vorgibt, eingetragen zu sein, und mit welcher Nummer. Das schickt man hin und dann kommt die Bestätigung zurück: „Jawohl, ist bei uns eingetragen“ – oder eben nicht. Was dann die Behörde mit dieser Erkenntnis macht, obliegt ihr. In aller Regel hat sie sehr viel davon. Die Abfrage über di.BAStAI ersetzt die beglaubigte Kopie der Kammermitgliedschaft.
Kraushaar: Wir haben die Datenbank ganz bewusst so „dumm“ wie nur irgend möglich gemacht. Sie ist der passivste Lurch, der irgendwo in der Ecke liegen könnte. Da kann man etwas hochladen und er gibt etwas ab, aber nur, wenn er gefragt wird, und nur als Einzelabfrage. Und auch nur an ganz spezielle Anfragestellen, nämlich diese Behörden. Er kann nichts in den Kammerdaten der Architekten- und Ingenieurkammern verändern. Sie behalten die vollständige Hoheit über ihre Daten. Di.BAStAI ist nur ein technischer Behelf – um dem Anspruch gerecht zu werden, dass Bauanträge von professionell qualifizierten Architektinnen und Architekten und ebensolchen Ingenieuren eingereicht werden.
Ist di.BAStAI eine Arbeitserleichterung für das Amt?
Kraushaar: Der Vorteil für das Amt ist, dass es vollkommen egal ist, zu welchem Zeitpunkt ich diesen Registraturakt überprüfe, weil ich jederzeit elektronisch dieses kleine Nachrichtenschiffchen hin- und herschicken kann. Das Nachrichtenportal der Bundesländer beziehungsweise der Kommunen, das in einem digitalen Verzeichnis von Verwaltungsdienststellen legitimiert ist, klopft einmal kurz bei di.BAStAI an, mit drei Nachrichteneinheiten, und dann kriegt es das andere Nachrichtenschiffchen zurückgeschickt, in dem sind die drei Nachrichteninhalte als Bestätigung drin. Und das kann ich beliebig oft machen und zu welchen Zeitpunkten ich will. Der Sachbearbeiter merkt nichts davon. Es ist viel rechtssicherer und weniger bürokratisch. Die untere Bauaufsichtsbehörde weiß zuverlässig: Ohne Fehlermeldung habe ich es hier mit einem qualifizierten Entwurfsverfasser zu tun. Alle Positivfälle sind schon automatisiert geprüft worden. Die Behörden können sich dann auf die Sonderfälle konzentrieren.
Pfeifer: Die Abfrage bei di.BAStAI ist genauer, schneller und automatisiert. Damit ist es gelungen, die essenzielle Aufgabe der Kammern, die Listenführung, ins digitale Zeitalter zu heben. Es gibt nicht viele Organisationen dieser Art, die so dynamisch die Digitalisierung nach vorn gebracht haben wie die Architekten- und Ingenieurkammern. Da sind wir ein bisschen stolz darauf.
Wird di.BAStAI beim digitalen Bauantrag schon genutzt?
Kraushaar: Sie ist in Baden-Württemberg in einem Beta-Live-Testbetrieb und funktioniert gut. In Hessen haben wir sie kurz vor dem Anschluss. Der Auftraggeber ist dafür, die Technik steht, der Startschuss muss noch gegeben werden. Ähnlich sieht es in NRW aus.
Wird das jetzt bundeseinheitlich eingeführt?
Kraushaar: Strukturell wird es sehr erkennbar überall eingeführt. Aber einzelne Bundesländer, zum Beispiel Bayern, haben andere Ansätze oder beanspruchen etwas längere Übergangsfristen. Aber die Kommunen, gerade die großen, werden, denke ich, sehr schnell erkennen, dass es ihre Prozesse verbessert und erleichtert.
Pfeifer: Wir haben auf Bundesebene einiges erreicht, was uns optimistisch stimmt. Der IT-Planungsrat, der die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Fragen der Informationstechnik koordiniert, hat ja den XBau-Standard entwickelt, nach dem Behörden via Software miteinander kommunizieren sollen.
Und di.BAStAI ist in diesen XBau-Standard aufgenommen worden. So können Softwarehersteller sie implementieren. Welche Probleme entstehen, falls Einzelne nicht mitmachen?
Kraushaar: Nun ja, sie machen sich halt das Leben schwer. Wenn in vielen Bundesländern jetzt ganz einfach abgefragt werden kann, gibt es keinen Grund, nicht mitzumachen. Zumal die Abfrage bei di.BAStAI die Behörde nichts kostet.
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