Dieser Beitrag ist unter dem Titel „‚Architekturbüro‘ geschützt“ im Deutschen Architektenblatt 09.2021 erschienen.
Von Kerstin Menzel
Wo „Architekturbüro“ draufsteht, muss auch eine Architektin oder ein Architekt dahinterstehen. So sollte man meinen. Viel zu oft entspricht dies jedoch nicht der Realität und es erheben andere Berufsgruppen Ansprüche auf die dem Berufsstand der Architekten vorbehaltenen Bezeichnungen. Dem ist mit erfreulicher Deutlichkeit das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg mit seinem Beschluss vom 19. Februar 2021 (Az.: 3 U 362/20) entgegengetreten.
Bautechniker wirbt mit Bezeichnung „Architekturbüro“
Das OLG hatte sich mit dem werbenden Vorgehen eines staatlich geprüften Bautechnikers auseinanderzusetzen, der nach bayerischem Landesrecht zwar eingeschränkt bauvorlageberechtigt, aber nicht in die Architektenliste der Architektenkammer eingetragen ist. Auch beschäftigt er in seinem Unternehmen keine eingetragenen Architektinnen oder Architekten, bewirbt seine Leistungen dennoch an verschiedenen Stellen auf seiner Internetseite unter Verwendung der Begriffe „Architekturbüro“ und „Büro für Architektur“.
Dass er dazu berechtigt sei, begründet er unter anderem mit der sprachlichen Entwicklung des Begriffs „Architektur“. Er bedeute wörtlich Baukunst und bezeichne im weitesten Sinne die handwerkliche Beschäftigung und ästhetische Auseinandersetzung des Menschen mit dem gebauten Raum. Der Begriff sei mittlerweile in alle Lebensbereiche auch außerhalb des Bauwesens vorgedrungen und werde sogar bei Gegenständen des täglichen Bedarfs, dem Körper des Menschen oder in den Geisteswissenschaften verwendet und sei dementsprechend weder historisch noch nach dem aktuellen Verständnis dem Berufsstand der Architektinnen und Architekten vorbehalten.
„Architektur“ lässt Architektenleistung erwarten
Dieser Argumentation folgte schon das Gericht erster Instanz nicht und auch das OLG Bamberg weist als Berufungsgericht darauf hin, dass die beanstandete Werbung irreführend und somit unzulässig sei. Denn mit der Bezeichnung „Architektur“ werde bei potenziellen Auftraggebern der Eindruck erweckt, dass der Inhaber oder die maßgeblich Verantwortlichen des Unternehmens der Architektenschaft angehören oder jedenfalls im Übrigen in maßgeblicher Weise Architektinnen und Architekten beschäftigt werden und Architektenleistungen im Mittelpunkt der Tätigkeit stehen.
Bedeutungswandel des Begriffs Architektur unerheblich
Dass der Begriff „Architektur“ im Laufe der Zeit unstrittig einen Bedeutungswandel durchlaufen hat und heutzutage auch außerhalb des Bauwesens verwendet wird, war für die Entscheidung hingegen irrelevant, da der Beklagte seine Leistungen gerade im Bereich des Bauwesens erbringt und damit eine Irreführung nicht auszuschließen sei. Selbst die Berufsfreiheit des Beklagten sah das Gericht durch das Verbot nicht unverhältnismäßig eingeschränkt, da ihm zahllose unverfängliche Möglichkeiten offenstehen, seine Leistungen anzupreisen.
Unternehmensinhaber kein Architekt
Ähnlich entschied das Landgericht Stuttgart mit Urteil vom 29. April 2021 (Az.: 34 O 12/21 KfH). Hier warb ein Immobilienunternehmer auf seiner Website mit Architektenleistungen, obwohl er nicht in der Architektenliste der Architektenkammer Baden-Württemberg eingetragen ist. In den Urteilsgründen führt das Landgericht aus, dass es nicht ausreiche, dass eine angestellte Mitarbeiterin in der Architektenliste eingetragen sei. Vielmehr erwarte ein durchschnittlich informierter Verbraucher, dass der Vertragspartner, also der Unternehmensinhaber, selbst berechtigt ist, die Berufsbezeichnung zu verwenden.
Urteile sorgen für Vertrauen in Planungsleistungen
Beide Entscheidungen führen damit konsequent die Entscheidung des OLG Hamm vom 27. August 2019 (Az.: I-4 U 39/18, siehe DAB 01.2020 „,Architektur nur mit Architekt“) fort und stärken sowohl den Berufsstand als auch potenzielle Auftraggeber. Diese können weiterhin darauf vertrauen, dass lediglich in die Architektenliste eingetragene Personen die
- geschützten Berufsbezeichnungen (z.B. Architektin, Landschaftsarchitekt, Innenarchitektin, Stadtplaner)
- und Wortverbindungen hiermit
- sowie ähnliche Bezeichnungen, beispielsweise „Architektur“
- und fremdsprachliche Übersetzungen wie „architecture“,
verwenden – und dass diese Personen folgerichtig der fachlichen Berufsaufsicht ihrer Kammer unterliegen, sich regelmäßig fortbilden und über eine gesetzlich vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung mit hinreichender Deckungssumme verfügen.
Kerstin Menzel ist Rechtsanwältin bei der Bayerischen Architektenkammer
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Guten Tag,
sehr informativ!
Was ist denn mit dem Beruf „IT-Architekt“? Gibt es den Beruf und darf man die Berufsbezeichnung tragen?
Diese Frage wurde im Leserforum des Print DAB 03.2020 von unserer Autorin Sinah Marx besprochen: „Schließlich sind nicht die geschützten Begriffe an sich exklusiv, sondern ihre Verwendung als Berufsbezeichnung von Architektur-Schaffenden. Deswegen ist etwa die „Architektur“-Kritikerin nicht zu beanstanden. Ob jemand ordnungswidrig handelt, der sich als „IT-Architekt“ bezeichnet, der aber beim ersten Hinschauen schon nicht als Architekt wahrgenommen wird, der Bauwerke entwirft, ist bisher gerichtlich nicht abschließend beurteilt worden.“
Mehr zum Thema auch im Beitrag von Sinah Marx von 2020: https://www.dabonline.de/2020/01/03/architektur-nur-mit-architekt-berufsbezeichnung-architektenkammer/