Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Die Arbeitsgemeinschaft – wer haftet?“ im Deutschen Architektenblatt 10.2021 erschienen.
Von Malte Günther
Arbeitsgemeinschaften (ARGE) zwischen Architekten und/oder Fachingenieuren finden sich häufig. Kleinere und mittlere Büros schaffen sich mit der Gründung einer ARGE die Möglichkeit, Aufträge anzubieten und durchzuführen, die sie allein nicht abwickeln könnten. Auch bei Auftraggebern findet die Arbeitsgemeinschaft Resonanz. Für einen Auftraggeber stellt eine ARGE keine Schlechterstellung, sondern oftmals eine Verbesserung der vertraglichen Situation dar, dies insbesondere durch die Bündelung von Leistungen der ARGE-Partner und die Erweiterung des Kreises der Haftenden im Falle eines Planungs- oder Bauüberwachungsfehlers.
Die Partner einer ARGE haben oftmals die Tendenz, Haftungsrisiken aus dieser rechtlichen Konstruktion (gerade in der Akquise) auszublenden. Die Verlockungen eines großen Auftrages überlagern gerne die wichtigen juristischen Fragestellungen. Dabei ist es gerade dann wichtig, Fragestellungen zur Haftung im Vorfeld aufmerksam zu behandeln, wenn die Beteiligten nicht als GmbH auftreten.
GbR als Rechtsform mit Risiken
Der Hintergrund ist rasch erläutert. In der Regel – dies ist nicht zwingend – finden sich die Partner einer ARGE in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen. Die GbR bedeutet für die Partner den geringsten Gründungs- und Verwaltungsaufwand. Eine GbR liegt auch dann automatisch vor, wenn die Parteien diese Frage überhaupt nicht behandeln und einen Vertrag zur Gründung der ARGE untereinander nicht schriftlich abschließen.
Haftungsrechtlich führt der Zusammenschluss als GbR dazu, dass die Gesellschaft, aber auch die Gesellschafter, das heißt die ARGE-Partner, jeweils voll mit ihrem Vermögen haften. Dabei ist es untergeordnet, ob der zugrunde liegende Fehler nur einem Partner unterlaufen oder beiden Gesellschaftern vorzuhalten ist. Im Außenverhältnis gilt gegenüber dem Auftraggeber, dass jeder Gesellschafter für sämtliche Fehler der Partner haftet, auch wenn einem einzelnen ARGE-Partner kein Verschulden vorzuwerfen ist. Dieses Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung ist ein signifikanter Nachteil einer ARGE, die sich als GbR organisiert.
Innenverhältnis versus Außenverhältnis
Soweit die ARGE-Partner regelmäßig zusammenarbeiten oder es der Auftrag „hergibt“, sollte vor Abschluss des Planungsvertrages mit dem Auftraggeber die Überlegung anstehen, ob der rechtliche Rahmen des Zusammenschlusses modifiziert wird. Hierbei bietet sich insbesondere die Wahl einer GmbH an, die einen Haftungsdurchgriff auf die Gesellschafter nur in begrenzten Ausnahmefällen zulässt (aber zweifelsfrei mit höheren Kosten bei ihrer Gründung und Verwaltung verknüpft ist).
Regelungen zur Aufteilung der Haftung im Innenverhältnis zwischen den Partnern, die üblicherweise in einem ARGE-Vertrag festgehalten werden, betreffen nicht das Außenverhältnis zum Auftraggeber. Sie führen also nicht zu einer grundsätzlichen Änderung der Haftungssituation.
Von Haftpflichtversicherung nicht gedeckt
Trotzdem wird das Haftungsthema gerne auf die leichte Schulter genommen, oft damit begründet, dass schließlich eine Haftpflichtversicherung bestünde beziehungsweise die einzelnen ARGE-Partner bereits in Form einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) organisiert seien. Das Risiko sei also versichert beziehungsweise ein Haftungsdurchgriff bei einer PartGmbB gar nicht möglich. Leider treffen beide Argumente im Ernstfall nicht zu.
ARGE Interdisziplinär absichern
Im Rahmen der Architektenhaftpflicht ist die Haftung für einen ARGE-Partner und somit für einen von ihm produzierten Fehler nicht mitversichert. Dies hat gravierende Auswirkungen in Fällen, in denen einer der ARGE-Partner über keinen ausreichenden Versicherungsschutz verfügt oder die Versicherung nicht leisten muss (zum Beispiel, weil Prämien nicht gezahlt wurden). Dann sieht sich der an sich nicht verantwortliche Partner einem Haftungsanspruch des Auftraggebers ausgesetzt, für den ihn kein Verschulden trifft und der nicht in den Deckungsumfang der eigenen Haftpflichtversicherung fällt.
Den ARGE-Partnern ist es daher dringend zu empfehlen, für die gemeinsame Arbeit den Versicherungsschutz einvernehmlich mit dem jeweiligen Haftpflichtversicherer zu erweitern oder eine projektbezogene Versicherung abzuschließen. Die Mehrkosten hierfür sind untergeordnet.
PartGmbB ist ein Muss
Zwar reicht es nicht, wenn nur die einzelnen ARGE-Partner als PartGmbB organisiert sind, aber für gesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse von Architekten und Fachingenieuren hat die PartGmbB zu einer signifikanten Verbesserung der Haftungssituation geführt. Der Aufwand für die Gründung einer solchen interdisziplinären PartGmbB ist überschaubar, die laufenden Kosten sind es ebenso. An sich ist im Bereich eines Zusammenschlusses zwischen Architekten und/oder Fachingenieuren die PartGmbB zwischenzeitlich ein Muss.
Eine mögliche Haftungserleichterung betrifft dann Verbindlichkeiten der Partnerschaft aus Schäden wegen einer fehlerhaften Berufsausübung (§ 8 Abs. 4 PartGG). In diesem Fall haftet nur das Gesellschaftsvermögen und ein Durchgriff auf das persönliche Vermögen der Gesellschafter einer PartGmbB ist nicht möglich. Allerdings stellt diese Regelung die Ausnahme vom Grundsatz dar, dass zunächst für die Verbindlichkeiten der PartGmbB die Gesellschafter haften. Für Ansprüche außerhalb von Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung existiert also kein Haftungsausschluss (so zum Beispiel für Löhne von Mitarbeitern, laufende Bürokosten und dergleichen).
PartGmbB versus GmbH
Auf der internen Ebene zwischen der ARGE und deren Mitgliedern resultieren die Haftungsansprüche aus den §§ 728 ff. BGB – somit aus dem Gesellschaftsrecht – und nicht aus einer fehlerhaften Berufsausübung. Das unterläuft die grundsätzliche Haftungslimitierung der PartGmbB für den betroffenen ARGE-Partner. Es ist also nicht ausreichend, sich im Zusammenhang mit der Haftung aus einer ARGE allein auf die Rechtsform der PartGmbB zu verlassen. Anders verhält es sich bei der GmbH. Hier erstreckt sich die Haftungslimitierung auf die gesamte geschäftliche Tätigkeit, also auch auf Haftungsansprüche aus der Beteiligung an einer ARGE.
Empfehlungen für die ARGE
Eine Arbeitsgemeinschaft zwischen Architekten und/oder Fachingenieuren bietet viele Vorteile. Die oben beschriebenen Nachteile in haftungsrechtlicher Hinsicht („Jeder haftet für alles“) können gemeistert werden, sei es durch die Wahl der richtigen Gesellschaftsform, Anpassungen im Vertrag zwischen den ARGE-Partnern (Orientierungshilfen für ARGE-Verträge bieten die Architektenkammern an) oder die bestmögliche Absicherung in Zusammenarbeit mit dem Haftpflichtversicherer.
Malte Günther ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei guenther rechtsanwaelte in Ulm sowie Wirtschaftsmediator
Gesamtschuldnerische Haftung kein Muss
Nach interdisziplinären Planungswettbewerben wird meist eine Bietergemeinschaft beauftragt. Doch das ist oft gar nicht gerechtfertigt. Auch getrennte Aufträge wären möglich.
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