INHALT:
- Begriffserklärung und bauakustische Grundlagen
- Frequenzbereiche
- Problem: tiefe Frequenzen
- Grundrissgestaltung
- Luftdichtigkeit und Vermeidung von Hohlräumen
- Das Masse-Feder-Prinzip
- Holzständerwände
- Massivholzwände
- Holzbalkendecken
- Massivholzdecken
- Verbindungen und Flankenanschlüsse
- Anforderungen entsprechend der Regelwerke
- Schallschutznachweise
- Forschung und Entwicklung
- Hilfreiche Literatur
Dieser Beitrag ist in gekürzter und abgewandelter Form unter dem Titel „Schallschutz im Holzbau“ im Deutschen Architektenblatt 02.2022 erschienen.
Von Maxi Broßat
Während die Bedeutung des Brand-, Wärme- und Feuchteschutzes schon vor vielen Jahren erkannt wurde, rückt die Relevanz des Schallschutzes nun auch zunehmend in den Fokus. Immer mehr Menschen leben dicht beieinander und das Umfeld wird durch die wachsende Infrastruktur kontinuierlich lauter. Der brummende Lieferverkehr, ein polternder Aufzug oder lautstarke Nachbarn sind nicht nur nervig, schwer kontrollierbar und mögliche Auslöser für heftige Konflikte – auf Dauer kann der dadurch verursachte Stress auch zu gesundheitlichen Schäden wie Schlafstörungen und Herz-/Kreislauferkrankungen führen. Eine wichtige Aufgabe von Architekten und Planern ist es deshalb, derartige Lärmbelästigungen in Gebäuden durch geeignete bauliche Mittel so gut es geht zu minimieren. In diesem Artikel soll ein Einblick gegeben werden, worauf speziell bei der vergleichsweise leichten Holzbauweise geachtet werden sollte und welche Optimierungsmöglichkeiten bestehen.
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Begriffserklärung und bauakustische Grundlagen
In der Bauakustik beschäftigt man sich hauptsächlich mit zwei Arten von Schallquellen: dem Luft- und dem Körperschall. Der sogenannte Luftschall, ausgelöst zum Beispiel durch Sprache oder Musik, breitet sich zunächst über Schallwellen in der Luft aus. Werden Decken durch mechanische Impulse, wie Schritte, den Betrieb von Haushaltsgeräten etc., angeregt, reden wir von einer speziellen Form des Körperschalls, dem Trittschall.
Durch die Schwingungsanregung können die jeweiligen Schallwellen dann in die Luft und/oder auf angrenzende Bauteile übertragen und dadurch auch weit im Gebäude verbreitet werden. Deshalb wird beim Schallschutznachweis nicht nur die Schallübertragung über das Trennbauteil (angeregtes Bauteil) selbst, sondern auch über die Flankenbauteile (angrenzende Bauteile) betrachtet (Abbildung 1). Dabei gilt grundsätzlich folgende Regel: je besser die Schalldämmleistung des Trennbauteils ist, desto bedeutender wird der Flankenbauteileinfluss auf das Gesamtergebnis.
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Schallwahrnehmung und Frequenzbereiche
Der Lärm, dessen Übertragung es zu vermeiden gilt, ist eigentlich ein störendes oder unangenehmes Geräusch, welches selbst aus vielen verschiedenen Frequenzen besteht. Beim Menschen wird der Frequenzbereich von 16 Hz bis 16.000 Hz (max. 20.000 Hz) als hörbar angenommen. Dabei kann die tatsächliche Wahrnehmung extrem unterschiedlich sein. Sie hängt von folgenden Aspekten ab:
- Frequenzabhängigkeit des Gehörs: bei konstantem Schalldruckpegel (Schalldruck = Effektivwert der Amplitude der Schallschwingungen) werden Töne tiefer Frequenzen erheblich leiser empfunden als Töne hoher Frequenzen
- individuelle Unterschiede im Hörvermögen, zum Beispiel abhängig vom Alter
- subjektives Empfinden: zum Beispiel kann die eigene Lieblingsmusik in höchster Lautstärke gehört werden, ohne sich gestört zu fühlen; der Lärm des Nachbarn wird aber schnell belastend, obwohl er relativ leise ist.
Außerdem unterscheidet sich die Schalldämmeigenschaft eines Bauteils je nach Frequenz, sie ist also frequenzabhängig. Zusammen mit den zuvor genannten Aspekten macht dies das Festlegen von Anforderungen sowie die Bewertung einer Bauteilleistung im Schallschutz sehr kompliziert. Deshalb werden die Beurteilungskriterien auch ständig verbessert und weiterentwickelt. Eine wichtige Grundlage war die Einführung von sogenannten Einzahlwerten, die die Schalldämmung eines Bauteils durch eine einzige Zahl beschreiben und der aktuellen Normung zugrunde gelegt sind. Problematisch ist allerdings, dass die vorhandenen Einzahlwerte nicht den kompletten Hörbereich des Menschen widerspiegeln, sondern sich nur auf den Frequenzbereich von 100 Hz bis 3150 Hz beziehen.
Das führt dazu, dass Nutzer von Gebäuden Schallquellen mit großen Frequenzanteilen aus den im Einzahlwert nicht erfassten Frequenzen unter 100 Hz trotzdem als störend empfinden, obwohl der Einzahlwert des Bauteils dies nach Norm nicht abbildet.
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Problem: tiefe Frequenzen
Fluglärm und vor allem Gehgeräusche (Trittschall) liegen zum Beispiel größtenteils in den tiefen Frequenzen unter 100 Hz. Gerade im tieffrequenten Bereich kommt noch nachteilig hinzu, dass bei üblichen Bauteilen aller Bauweisen, nicht nur im Holzbau, die Schalldämmleistung in diesem Frequenzspektrum erfahrungsgemäß geringer ist und die Pegel hier deutlich höhere Werte annehmen (Abbildung 3). Es gibt jedoch die Möglichkeit, die fehlenden Frequenzen durch sogenannte Spektrumanpassungswerte C bei der Planung zu berücksichtigen. Es wird normativ zwar nicht vorgeschrieben, ist aber gerade beim Trittschall für die tiefen Frequenzen dringend zu empfehlen.
Diese Spektrumanpassungswerte findet man für viele Frequenzbänder, für die Frequenzen kleiner 100 Hz ist allerdings nur der Kennwert mit „I,50-2500“ im Index relevant. Das betrachtete Bauteil muss dann zusätzlich zu den normativen Regelungen die Anforderung Ln,w + CI,50-2500 erfüllen. Im Handbuch „Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung“ werden ein Nachweisverfahren unter Berücksichtigung des CI,50-2500 erläutert, die zugehörigen Anforderungen festgelegt und die erforderlichen Bauteilkennwerte bereitgestellt.
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Schallschutz durch Grundrissgestaltung
Typische Problemstellen, komplizierte Detailanschlüsse und daraus entstehende Konflikte können bereits bei der Festlegung des Grundrisses effektiv vermieden werden, indem schutzbedürftige Räume von den klassischen lauten Bereichen separiert werden. Ein Schlafzimmer sollte dementsprechend möglichst nicht an das Bad der Nachbarwohnung, das Treppenhaus oder gar den Aufzug grenzen. Auch auf die Positionierung von ruhebedürftigen Räumen auf Gebäudeseiten mit signifikanten äußeren Lärmquellen, wie zum Beispiel eine einseitig vorhandene, stark befahrene Straße, sollte, wenn möglich, verzichtet werden.
Eine Nichtbeachtung führt oft spätestens im Zuge des Schallschutznachweises zu akustischen Nachbesserungen und einer deutlichen Kostensteigerung. Zusätzlich besteht die Gefahr, dass trotz Einhalten von normativ guten Schalldämmwerten nachträglich Beschwerden auftreten, weil wie beschrieben nicht alle Einflüsse in den Einzahlwerten abgebildet werden (können). Eine akustisch günstige Raumanordnung kann dem vorbeugen, da sie den nachweislich größeren Einflussfaktor auf das akustische Wohlbefinden der Bewohner darstellt, als die bauliche Durchbildung der Bauteile.
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Luftdichtigkeit und Vermeidung von Hohlräumen
Eine Grundvoraussetzung ist im Schallschutz, ebenso wie im Feuchte- und Wärmeschutz, die luftdichte Ausführung der Gebäudehülle, um die direkte Weiterleitung des Schalls über die Luft auszuschließen. Auch kleinste Öffnungen sowie Stoßfugen haben beträchtlichen Einfluss und dürfen nicht unbeachtet bleiben. Hohlräume in Wänden und Decken sollten generell mit einem faserigen, weichen, nicht druckfesten Dämmstoff − zum Beispiel Mineralwolle, Holzfaser oder Zellulose − gefüllt sein, der einen längsbezogenen Strömungswiderstand von 5 kPa*s/m2 ≤ r ≤ 50 kPa*s/m2 aufweist. Die Dämmstoffe erhöhen die Schallabsorption und dämpfen störende Resonanzen.
Der Entstehung von Schallnebenwegen durch seitliche Luftspalten am Rand von Dämmplatten oder verbleibenden Hohlräumen bei Einblasdämmung sollte schon bei der Planung vorgebeugt werden, indem unter anderem die Wichtigkeit dieser Details in den Zeichnungen besonders hervorgehoben wird. Außerdem ist darauf zu achten, dass die Dämmung nicht dicker als der Hohlraum gewählt wird, damit sie sich nicht an die Beplankung drückt und so die ansonsten frei schwingenden Schalen gekoppelt werden. Um die Einbringbarkeit der Einblasdämmstoffe sicherzustellen, ist unter den Deckenbalken eine Rieselschutzfolie sowie eine zusätzliche Lattungsebene einzubauen. Eine flächige Beplankung wirkt an dieser Stelle akustisch ungünstig und ist zu vermeiden.
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Das Masse-Feder-Masse-Prinzip
Neben den grundsätzlichen Maßnahmen spielen natürlich auch die vorhandenen Bauteile eine Rolle. Das beste Hilfsmittel zur Erhöhung des Schallschutzes ist vermeintlich Masse, da diese die Schallenergie absorbiert und die Weiterleitung der Schwingung reduziert. Der Holzbau hingegen ist eine verhältnismäßig leichte Bauweise, dessen übliche Aufbauten über die reine Masse keinen angemessenen Schallschutz erbringen können. Dafür kann hier durch das äußere Aufbringen von zusätzlichen Massen das Eindringen der Schallenergie in die Konstruktion verringert und/oder die schalldämmende Wirkung der Mehrschaligkeit ausnutzt werden, in dem die Schallweiterleitung durch die sogenannte schalltechnische Entkopplung verhindert wird. Ein wichtiges Grundprinzip dafür ist das Masse-Feder-Masse-System: Zwei Massen, m‘1 und m‘2, sind als äußere Schalen über eine Feder, sprich eine ruhende Luftschicht oder weiche Dämmplatte, gekoppelt. Die Schalldämmung wird dann durch die dynamische Steifigkeit s‘ der Feder, die Massen m‘1 und m‘2 und die Steifigkeit der Schalen bestimmt.
Jedes System besitzt mindestens eine sogenannte Resonanzfrequenz f0, bei der die beiden Massen genau entgegengesetzt schwingen und so eine maximale Auslenkung erreichen, was sich sehr negativ auf die akustischen Eigenschaften des Bauteils auswirkt. Wenn die Erregerfrequenzen allerdings oberhalb f0 liegen, wird die Schalldämmung gegenüber gleichschweren, einschaligen Bauteilen deutlich verbessert. Ziel ist es daher ein System zu wählen, bei dem der Resonanzbereich vorzugsweise im unteren Frequenzbereich (<100 Hz, besser <50 Hz) liegt. Dies lässt sich mit einer möglichst weichen Feder – herstellbar über einen größeren Schalenabstand oder eine geringere dynamische Steifigkeit s‘ der Feder – und/oder größeren Massen m‘1 und m‘2 erreichen. Wie damit ein guter Schallschutz im Holzbau umgesetzt werden kann, wird im Folgenden an den wichtigsten Bauteilen erläutert.
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Schallschutz bei Holzständerwänden
Bei Holzständerwänden reduzieren direkt oder auf Vorsatzschalen aufgebrachte Beplankungen den Schallübertrag durch die Konstruktion am besten, wenn die flächenbezogene Masse möglichst groß und die Biegesteifigkeit gering ist. Das bedeutet, dass mehrlagige dünne Beplankungen einen größeren Effekt haben als eine einlagige Beplankung gleicher Masse. Die Anordnung von Vorsatzschalen zur Schallentkopplung ist schalltechnisch zu empfehlen und sie können gleichzeitig als Installationsebenen genutzt werden. Bei der Verwendung einer Lattung sollte diese vertikal und nicht horizontal angeordnet werden. Federschienen oder ähnliche elastische Befestigungen haben eine bessere Wirkung als starre Anbindungen mit beispielsweise einer Lattung, allerdings muss stets die vorhandene Resonanzfrequenz überprüft werden.
Die größte schalltechnische Verbesserung wird mit freistehenden Vorsatzschalen erreicht. Getrennte Wandschalen (Zweischaligkeit) beeinflussen die Schalldämmung ebenfalls sehr positiv durch die entkoppelnde Wirkung. Die Erhöhung der Gefachtiefe auf mehr als 160 Millimeter und die Vergrößerung des Achsabstandes der Ständer haben im Vergleich dazu nur eine geringe Bedeutung. Ein Wirkungsvergleich der Verbesserungsmaßnahmen ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
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Schallschutz bei Massivholzwänden
Bei Massivholzwänden ist die Trennung der Wand in zwei Schalen sowie das Anordnen von Vorsatzschalen ebenfalls effektiv. Zusätzlich kann hier aber auch eine Erhöhung der flächenbezogenen Masse des Bauteils, gegebenenfalls einschließlich direkter Beplankungen, sinnvoll sein, um einen verbesserten Schallschutz zu erzielen.
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Schallschutz bei Holzbalkendecken
Schwimmender Estrich
Der Klassiker unter den Maßnahmen zur Trittschalldämmung ist der fast überall verwendete schwimmende Estrich, dessen Wirkung ebenfalls auf dem Masse-Feder-Masse-Prinzip beruht. Allerdings gibt es auch hier oftmals noch Verbesserungspotenzial. Durch den Einsatz von möglichst schwerem Estrich kann die Masse erhöht werden. Für den Nassestrich sollte eine Mindeststärke von 50, besser noch 80 oder mehr Millimetern gewählt werden. Die Schalldämmung der Trittschalldämmplatten (zum Beispiel Mineralwolle oder Holzfaser) ist umso besser, je weicher das Material gewählt wird. Bewertungskriterium dafür ist die sogenannte dynamische Steifigkeit, wobei ein Wert s‘≤ 8 MN/m3 anzustreben ist. Um Schallbrücken zu verhindern, ist zwischen Nassestrich und Trittschalldämmplatte eine Feuchtigkeitssperre (Folie) vorzusehen. Installationen dürfen nicht in der Trittschalldämmung angeordnet werden. Ihre Verlegung muss in einer Höhenausgleichsplatte (Wärmedämmplatte) oder in der Rohdeckenbeschwerung erfolgen.
Schüttungen und Beschwerungen
Der Einbau von Schüttungen beziehungsweise Beschwerungen dient dem Zweck der Masseerhöhung. Um eine tatsächliche Erhöhung des Schalldämmwertes zu erreichen, sollte die Schichtdicke mindestens 30, besser jedoch ≥ 60 Millimeter betragen. Geeignet dafür sind ungebundene Schüttungen mit Lagesicherung in Pappwaben oder Ähnlichem sowie elastische Varianten, wie Schüttungen mit Latex oder Platten, die auf Kleber oder Sand gebettet sind. Dabei ist auf eine möglichst hohe Elastizität der Bindemittel zu achten. Prinzipiell sind ungebundene oder elastische Schüttungen vorteilhafter als eine Plattenbeschwerung. Auf eine starr gebundene Schüttung (zum Beispiel zementgebunden) ist hier zu verzichten, da sie sich nicht verformen kann und die Wirkung der Zusatzmasse deutlich reduziert.
Unterdecken
Mithilfe von Unterdecken sind bei Holzbalkendecken ebenfalls deutliche Verbesserungen zu erzielen, wenn bestimmte Details beachtet werden. Statt starr montiert (z.B. mit Lattung) sollte die Befestigung besser mit Federschienen oder elastischen Abhängern entkoppelt erfolgen, möglichst Abhanghöhen von mindestens 100 Millimetern aufweisen sowie schwer und mehrlagig beplankt sein. Mittlerweile gibt es auf dem Markt auch Abhänger mit elastischen Lagern, die passend zur individuellen Bauteilsituation hinsichtlich der Eigenfrequenz eingestellt werden können.
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Schallschutz bei Massivholzdecken
Eine ganz andere Situation entsteht bei Massivholzdecken. Abgehängte Unterdecken können den Schallschutz hier sogar negativ beeinflussen. Zur Anwendung sollten Unterdecken deshalb erst ab einer Abhanghöhe von 200 Millimetern kommen, damit die durch die Luftschichtdicke beeinflusste Resonanzfrequenz tatsächlich eine Verbesserung des Höreindrucks im Trittschall bewirkt. Ist das nicht umsetzbar, ist bei Massivholzdecken auf die Unterdecke komplett zu verzichten. Stattdessen sollte der schwimmende Estrich nach den zuvor genannten Kriterien optimiert und/oder die flächenbezogene Masse der Rohdecke durch direkte Beplankungen auf der Deckenunterseite und Schüttungen/Beschwerungen erhöht werden.
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Verbindungen und Flankenanschlüsse
Je höher die Anforderungen an den Schallschutz werden, desto mehr sollten auch die Bauteilverbindungen beachtet werden, da sich der Schall eben auch über die flankierenden Bauteile ausbreitet. Dabei macht es zum Beispiel einen großen Unterschied, ob zwei Bauteile bei einem T-Stoß stumpf aneinanderstoßen oder ob das eine Bauteil in das andere „hineinragt“. Im Stoßbereich kann die Trennung einzelner Schichten beziehungsweise des Gesamtbauteils ebenfalls sinnvoll sein, um eine höher bewertete Norm-Flankenschallpegeldifferenz Dn,f,w und damit eine bessere Flankenschalldämmung zu erreichen. Eine gute Übersicht über den Einfluss im Stoßbereich bietet die DIN 4109-33, Abschnitt 5. Ein Ausschnitt ist hier in Abbildung 9 exemplarisch dargestellt. Bei Massivholzwänden wird der Schallübertrag in den Fugen zwischen den Elementen bereits durch eine einseitige Beplankung deutlich verringert.
Für Decken mit schwimmendem Estrich ist es unabdingbar, dass der Estrich mit Bodenbelag von den flankierenden Bauteilen sowie eventuellen Durchdringungen, wie Installationsleitungen, entkoppelt wird. Dazu ist umlaufend zwischen Wand beziehungsweise Leitung und Estrich mit Bodenbelag ein Randdämmstreifen (1 in Abb. 10) vorzusehen. Der Überstand nach oben darf auch erst nach dem vollständigen Einbau des Bodenbelags bündig abgeschnitten werden. Sind Sockelleisten vorgesehen, sind diese durch ein Schalldämmband (2 in Abb. 10) von den unteren Schichten zu trennen. In der Fuge zwischen Boden- und Sockelfliesen wird der Schallübertrag durch Verfüllung mit einem versprödungsfreien, dauerelastischen Material verhindert.
Zugleich stellt auch jedes Verbindungsmittel, wie Schrauben, eine Schallbrücke dar. Sie sollten deshalb auf die statisch erforderliche Anzahl beschränkt bleiben. Werden Elastomerlager eingesetzt, sind in diesem Bereich speziell entkoppelte Befestigungsmittel zu verwenden, zum Beispiel Winkel mit Elastomerschichten oder elastisch gelagerte Unterlegscheiben. Nur dann wird der positive Effekt der kostenintensiven Elastomerlager auch tatsächlich wirksam.
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Anforderungen entsprechend der Regelwerke
Der Schallschutz im Hochbau wird in Deutschland über die Normenreihe DIN 4109 geregelt. Diese ist prinzipiell anzuwenden für Mehrfamilienhäuser, Bürogebäude, gemischt genutzte Gebäude, Reihen- und Doppelhäuser, Hotels und Beherbergungsstätten, Krankenhäuser und Sanatorien sowie Schulen und ähnliche Einrichtungen. Außerdem ist für alle Gebäude, die von Menschen zu Aufenthaltszwecken genutzt werden, so auch Einfamilienhäuser, der Außenlärmschutz nach DIN 4109 nachzuweisen.
In der DIN 4109 Teil 1 werden die sogenannten bauaufsichtlichen „Mindestanforderungen“ geregelt, die die Lärmbelästigung für einen normalempfindlichen Menschen erstmal auf ein zumutbares und für die Gesundheit unbedenkliches Maß reduzieren. Das heißt aber nicht, dass man überhaupt keine Geräusche mehr von Draußen oder den Nachbarn hören kann. Auch wenn sie nicht ausdrücklich vereinbart sind, sind diese Anforderungen gemäß öffentlichem Recht zwingend einzuhalten. Achtung: dabei gilt jeweils die Version, die nach der Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen des jeweiligen Bundeslandes zum Zeitpunkt der Baugenehmigung eingeführt ist. Die Mindestanforderungen und die Bauteile, an die Mindestanforderungen gestellt werden (z.B. Balkone), können sich also von Bundesland zu Bundesland unterscheiden!
Heutige Bauweisen können in der Regel deutlich bessere Schalldämmleistungen als die Mindestwerte erbringen und durch das bloße Einhalten des Mindestschallschutzes werden Qualitätsansprüche oft nicht erfüllt. Deshalb können das allgemein übliche Niveau beziehungsweise die sogenannten erhöhten Anforderungen privatrechtlich zwischen Bauherrn und Bauausführenden vereinbart werden, zum Beispiel in einem Werkvertrag. Diese sind abhängig vom Gebäudetyp, der Nutzungsart sowie der Lage und Ausstattung. Neben dem Qualitätsniveau der DIN 4109 Teil 5 (Anforderungen für den erhöhten Schallschutz) gibt es auch andere Zielwerte, die nach entsprechender Erläuterung vereinbart werden können: zum Beispiel nach der DEGA Empfehlung 103 oder der VDI 4100. Speziell für die Berücksichtigung der Eigenschaften von Holzbauteilen hat das Holzbau Deutschland-Institut zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V., dem Deutschen Holzfertigbau-Verband e.V. und Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister im ZDB sowie der Studiengemeinschaft Holzleimbau e.V. ein Schallschutzklassensystem mit 3 Stufen (BASIS, BASIS+, KOMFORT) vorgeschlagen und über den Informationsdienst Holz im Handbuch „Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung“ veröffentlicht. Das besondere hierbei ist die Berücksichtigung der zuvor erwähnten tiefen Frequenzen, sodass unter Reduzierung der Baukosten vergleichbare oder sogar wahrnehmbar bessere Schalldämmwirkungen als nach DIN 4109 Teil 5 erreicht werden können (siehe Tabelle 1 und 1).
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Schallschutznachweise
Für die Bemessung des Schallschutzes von Holzbauwerken gilt die jeweils eingeführte Version der DIN 4109 Teil 2 „Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen“ in Verbindung mit der DIN 4109 Teil 1. Gesonderte Bauteilwerte für den Holz-, Leicht- und Trockenbau sind ergänzend in DIN 4109 Teil 33 geregelt. Dabei ist zu beachten, dass man das bewerte Schalldämm-Maß eines Bauteils im Holzbau nicht schichtweise bestimmen und zusammenrechnen kann, wie es bei mineralischen Bauweisen der Fall ist, sondern es muss jeweils der passende Kennwert für den konkret vorhandenen Gesamtaufbau gefunden werden. Aus diesem Grund dürfen Verbesserungswerte ∆Rw (zum Beispiel für schwimmende Estriche), die für Bauteile aus Mauerwerk oder Stahlbeton bekannt sind, nicht für Holzbauteile verwendet werden.
Um die rasanten Entwicklungsschritte der letzten Jahrzehnte im Holzbau abbilden zu können, gibt es zusätzlich zur DIN 4109 Teil 33 diverse Bauteilkataloge, in denen bewertete Schalldämm-Maße von Holzkonstruktionen verzeichnet sind (zum Beispiel im Handbuch „Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung“ oder unter www.dataholz.eu).
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Forschung und Entwicklung
Die enorme Weiterentwicklung des Holzbaus in den vergangenen Jahrzehnten hat außerdem dazu geführt, dass die Datengrundlage für die Nutzung der bestehenden Berechnungsverfahren teilweise nicht mehr ausreicht und sogar völlig neue Ansätze gefunden werden müssen. Das Holzbau Deutschland-Institut betreut deshalb zusammen mit den Holzbauverbänden sowie wissenschaftlichen Partnern unterschiedlichste Forschungsprojekte im Bereich des Schallschutzes. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse tragen dazu bei, dass der Schallschutz im Holzbau weiter verbessert und präziser prognostiziert werden kann.
Ein Projekt beschäftigt sich mit der schalltechnischen Untersuchung von Gründächern und wird für typische Flachdachaufbauten mit extensiver Begrünung die dringend erforderlichen Schalldämm-Maße liefern. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens zu hybriden Bauweisen werden Bauteildaten sowie ein Vorschlag für ein Prognoseverfahren zum Anschluss von Holzwänden an leichte Betondecken bereitgestellt. Ergänzende Bauteildaten für typische Trennbauteil-Flanken-Kombinationen wird ein weiteres Forschungsprojekt hervorbringen. Diese können dann unter anderem auch in einem neu entwickelten differenzierten Trittschallprognoseverfahren angewendet werden. Interessant ist zudem die Forschung in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut. Im Wesentlichen soll hierbei auf der Grundlage der realen akustischen Wahrnehmung einer Schalldämmleistung ein Klassifikationssystem hergeleitet werden, mit dem der tatsächliche Höreindruck in einem Raum bereits während der Planung prognostiziert werden kann. Damit könnte die Bestimmung des privatrechtlich gewünschten Schallschutzniveaus für den Bauherrn vereinfacht und Streitigkeiten im Nachhinein vermieden werden. Außerdem läuft die Entwicklung eines Prognoseverfahrens für haustechnische Anlagen. Die Ergebnisse der Forschungsprojekte werden in der Regel als Veröffentlichung über den Informationsdienst Holz beziehungsweise für die Normungsarbeit zur Verfügung gestellt. Neben dem Handbuch „Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung“ erschien zuletzt auch die Schrift „Schallschutz im Holzbau – Differenzierte Flankenbewertung bei der Trittschallübertragung“ zum besagten alternativen Prognoseverfahren zur Trittschallbemessung von Holzbauteilen (siehe hilfreiche Literatur). Im Gegensatz zur Norm berücksichtigt das Verfahren auch akustische Verbesserungsmaßnahmen wie Vorsatzschalen.
Maxi Broßat ist Bauingenieurin und als technische Referentin mit Schwerpunkt Schallschutz beim Holzbau Deutschland-Institut tätig
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Hilfreiche Literatur zum Schallschutz im Holzbau
- Rabold und A. Blödt, Schallschutz im Holzbau – Grundlagen und Vorbemessung, Holzbau Handbuch, Reihe 3, Teil 3, Folge 1, Informationsdienst Holz, Holzbau Deutschland-Institut, 2019, kostenloser Download
- A.Blödt, Schallschutz im Holzbau – Differenzierte Flankenbewertung bei der Trittschallübertragung, Holzbau Handbuch, Reihe 3, Teil 3, Folge 2, Informationsdienst Holz, Holzbau Deutschland-Institut, 2020, kostenloser Download
- DIN 4109-1:2016/2018 Schallschutz im Hochbau – Teil 1 Mindestanforderungen, Beuth-Verlag, 2016/2018
Hinweis: Je nach Bundesland, in dem sich der Bauort befindet, gilt die dort eingeführte Version. - DIN 4109-2:2016/2018 Schallschutz im Hochbau – Teil 2: Rechnerische Nachweise der Erfüllung der Anforderungen, Beuth-Verlag, 2016/2018
Hinweis: Je nach Bundesland, in dem sich der Bauort befindet, gilt die dort eingeführte Version. - DIN 4109-5:2020 Schallschutz im Hochbau – Teil 5: Erhöhte Anforderungen, Beuth-Verlag, 2020
Hinweis: Je nach Bundesland, in dem sich der Bauort befindet, gilt die dort eingeführte Version. - DIN 4109-33:2016-07 Schallschutz im Hochbau –Teil 33: Daten für die rechnerischen Nachweise des Schallschutzes (Bauteilkatalog) – Holz-, Leicht- und Trockenbau, Beuth Verlag, 2016
- DEGA Empfehlung 103:2018-01 Schallschutz im Wohnungsbau –Schallschutzausweis, Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V.
- VDI 4100:2012-10 Schallschutz im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz, Normenausschuss Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik
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