Von Fabian P. Dahinten
Online-Ausstellungen sind die konsequente und erfreuliche Fortsetzung eines Konzepts, das auch schon analog funktioniert hat. An vielen Fakultäten wird der öffentliche Austausch von Ideen unterstützt, etwa durch Präsentationen in Eingangshallen und Foyers. An der Hochschule Darmstadt ist es üblich, seine Entwürfe in den breiten Fluren zu präsentieren. An den Wänden befinden sich unzählige Meter Pinnwände.
Zunächst war es für mich schon sehr ungewohnt und befremdlich, meine Arbeit auf dem Flur vorzustellen: eine ganze Menschengruppe um mich herum, unterbrochen von Kommiliton:innen, die durch den Halbkreis durchgehen, um den Flur entlangzulaufen.
Spannende Entwürfe auf dem Weg zum WC
Doch mit steigendem Selbstbewusstsein, sowie der Gewöhnung daran über die gesamte Studienzeit, habe ich dieses Konzept zu schätzen gelernt. Es kam nicht selten vor, dass ich mir auf dem Weg zum WC noch eine spannende Arbeit angeguckt habe – solange es nicht zu stark pressierte.
Fast alle Fachbereiche stellen am Ende des Semesters die Abschlussarbeiten und die besten Semesterentwürfe aus, um das Lernen untereinander zu fördern. Doch begrenzt sind diese Ausstellungen meist auf den Fachbereich oder die Stadt. Durch die Pandemie haben viele Studierende oder Professor:innen nach Alternativen für die Präsentation der Arbeiten gesucht – und sie mit Online-Ausstellungen gefunden.
Online-Ausstellungen sind zeitlich und räumlich entgrenzt
Der riesige Vorteil: Online-Ausstellungen sind in der Regel zeitlich nicht begrenzt. Dadurch entsteht eine Art Datenbank, ein Archiv mit unzähligen studentischen Ideen zu vielfältigen Bauaufgaben an unterschiedlichen Orten. Ein weiterer großer Vorteil der Online-Ausstellungen ist, dass nun jede:r ganz einfach von überall darauf zugreifen kann. Ich kann mich selbst in weniger als zwei Stunden fast unbegrenzt inspirieren lassen: etwa von drei verschiedenen Fachbereichen, die ganz unterschiedliche Ansätze verfolgen und Schwerpunkte setzen.
Der Wert solcher Online-Ausstellungen ist wahrscheinlich noch kaum abzusehen. Künftige Generationen von Studierenden können in die Vergangenheit reisen, um zu sehen, wie und was ihre Vorgänger:innen entworfen haben. Oft werden auch mit einiger Zeit Abstand die gleichen Aufgaben oder gleichen Orte bearbeitet und von verschiedenen Lehrenden betreut. Es wird spannend, dies vergleichend zu verfolgen.
Um das volle Potenzial solcher Sammlungen praktisch nutzbar zu machen, bedarf es allerdings – in die Zukunft gedacht – einer Art Plattform, etwa mit Fokus auf Architektur. Diese sollte alle Inhalte von Online-Ausstellungen an einer Stelle bündeln und strukturieren und so für Interessierte auch schnell auffindbar machen.
Wie Pralinenschachteln: Es gibt viel zu entdecken
Auch das Stöbern in den zahlreichen aktuellen Entwürfen der zukünftigen Architekt:innen ist interessant. In jeden Entwurf wurden viel Zeit, Kreativität und Herzblut gesteckt. Da muss ich mich vor Respekt etwas bremsen, zu schnell weiterzuklicken und in einen Rausch zu geraten. Es ist wie beim Öffnen einer Pralinenschachtel oder im Newsfeed von Instagram.
In der folgenden Liste habe ich alle mir bekannten Online-Ausstellungen von studentischen Arbeiten zusammengestellt. Viel Spaß beim Entdecken!
- Uni Hannover: Archivland
- h_da Darmstadt: Schaukasten
- Uni Kassel: R:EIN
- TH OWL: Detmold Design Transfer
- TU München: Collect und AJA
- HfT Stuttgart: Best of
- HS Düsseldorf: Werkschau
Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt, engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+ und ist Sprecher der Nachwuchsmitglieder der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Lorenz Hahnheiser und Johanna Naara Ziebart.
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