Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Was passiert mit meinem Büro?“ im Deutschen Architektenblatt 10.2022 erschienen.
Grafiken: Rosa Grewe und Katharina Höhner, Texte: Rosa Grewe
Im Juni 2021 initiierte die BAK eine bundesweite berufspolitische Befragung. Die Antworten von 14.176 angestellten, beamteten und selbstständigen Mitgliedern flossen in eine gemeinsame Studie. Die gezeigten Grafiken beziehen sich auf Teil 1 der Studie und basieren auf Antworten von 13.616 Kammermitgliedern (7.675 Angestellte und 5.941 Selbstständige). Die gesamte Studie können Sie hier herunterladen.
Ein eigenes Planungsbüro?
Nein danke, sagen 3/4 aller Angestellten. Sie bleiben lieber angestellt.
Warum?
- 56 % von ihnen befürchten eine finanzielle Unsicherheit.
- 52 % von ihnen befürchten eine schlechte Work-Life-Balance.
- 52 % von ihnen sind einfach zufrieden mit ihrem Job.
Ja bitte, sagen 3/4 aller Selbstständigen. Sie würden sich wieder für ein eigenes Büro entscheiden.
Warum?
- 70 % von ihnen schätzen die Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und Freiheit.
- 19 % von ihnen schätzen die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
- 12 % von ihnen schätzen den wirtschaftlichen -Erfolg, das Prestige und die Selbstentfaltung.
Wie realistisch ist eine Büronachfolge?
26 % der angestellten Kammermitglieder können sich eine Selbstständigkeit vorstellen.
- Circa 1/3 (36 %) davon möchte lieber ein eigenes Büro neu gründen.
Dagegen können sich etwa 2/3 (64 %) die Übernahme eines bestehenden Büros vorstellen oder präferieren es sogar. Jede/-r sechste Angestellte (17 %) stünde also für eine Büroübernahme zur Verfügung.
28 % aller Selbstständigen möchten ihr Büro an -Nachfolgende übergeben.
- 3/4 davon (76 %) haben noch keinen geeigneten Kandidaten.
Jede/-r fünfte Selbstständige (21 %) sucht also noch eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger.
Eine Zukunft gibt es spät oder gar nicht
Über die Hälfte der Selbstständigen, die in den nächsten zwei bis über zehn Jahren eine Büronachfolge wünschen, sind planlos. Am Ende des Berufslebens geht mit dem Inhaber oft auch sein Büro, weil sich keine Nachfolger finden, weil das Büro zu klein ist, der Aufwand zu hoch oder das Interesse an einem Fortbestehen zu gering ist oder Aufträge sehr personengebunden sind. Das trifft vor allem kleine Büros.
(Basis der Daten: Alle selbständigen Kammermitglieder, bei * nur vom Anteil, der eine Büroübergabe wünscht.)
Weitere Beiträge finden Sie auch gesammelt in unserem Schwerpunkt Arbeiten.
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu:
Erschreckend, dass 70% der Selbständigen die Selbstbestimmung schätzt, aber in Bezug auf eine strategische Ausrichtung des eigenen Unternehmens offenbar nur bedingt wahrnimmt. Wie sonst erklärt sich die Planlosigkeit eines so großen Anteils beim Thema Nachfolge?
Ich kann diese Defizite in meiner Beratungspraxis leider bestätigen. Getrieben sein und Troubleshooting bestimmen allzu oft den Alltag der Führungskräfte. Viele befinden sich vor der täglichen Bugwelle, statt die Organisation als System weiter zu entwickeln. Hier fänden sich für viele Bereiche tragfähige Lösungen, die dann auch auf die nachfolge einzahlen können.
Auch wir sind seit mehreren Jahren auf der Suche nach jungen Kollegen*innen zur Mitarbeit und Büronachfolge. Abseits der Metropolen und Uni-Städten ist dies leider fast aussichtslos. Unsere Gespräche mit den Mitarbeitenden entsprechen dem Ergebnis der Umfrage.
Ein Datenpool bei den Länderkammern, für suchende Büros und Interessierte, wäre eine für beide Seiten hilfreiche Chance um Kontakte zu knüpfen, sich unverbindlich über die Websites zu informieren … abseits der teuren und meist erfolglosen Stellenanoncen oder Headhuntern.
Immerhin geht es darum, den Fortbestand von kleinen und mittleren Büros in die Zukunft zu sichern, die einen erheblichen Anteil unseres Berufsstandes bilden.