Großen Ärger machen im politischen Betrieb nicht selten die „Kleinen Anfragen“, die Oppositionsparteien an die Regierung richten. Manchmal geht es dabei weniger um die Klärung eines Sachverhalts als um das Ziel, den politischen Gegner zu ärgern oder in einem ungünstigen Licht erscheinen zu lassen. Eine „Kleine Anfrage“ der AfD-Fraktion im Bundestag hat in diesem Jahr aber zu einer – aus Sicht unseres Berufsstandes – erfreulichen Klarstellung geführt: nämlich zu einer grundlegenden Bekräftigung des bewährten Kammerwesens in Deutschland.
Politik bekennt sich zum Kammersystem
„Ohne das Kammersystem und die damit verbundene Pflichtmitgliedschaft würden die wichtigen Funktionen der funktionalen Selbstverwaltung auch für die Unternehmen verloren gehen“, heißt es in der Stellungnahme der Bundesregierung. Und weiter: „Die Schaffung staatsunmittelbarer Strukturen und Einrichtungen – zum Beispiel neuer Berufsaufsichtsbehörden – anstelle des Kammersystems würde nach Einschätzung der Bundesregierung zudem höhere Kosten für die Betroffenen nach sich ziehen.“
Effizient, bürgernah, dem Wohl der Gesamtheit dienlich: Die Bundesregierung begründet auf Basis nachvollziehbarer Fakten, warum das Kammerwesen in Deutschland eine große Stärke und Stütze unserer demokratischen Gesellschaft ist. Dies sei umso wichtiger, als es immer wieder Angriffe aus der Europäischen Union gegen das deutsche Kammersystem gibt.
Junior-Mitglieder in den Architektenkammern
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und weitere Länderkammern haben in jüngster Zeit durch Änderungen in ihren Kammergesetzen eine weitere, wichtige Stärkung erfahren: Wir in NRW dürfen seit März Absolventinnen und Absolventen der Studiengänge der Architektur, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung als „Junior-Mitglieder“ in unsere Reihen aufnehmen. Das ermöglicht uns nicht nur eine intensivere Nachwuchsarbeit für den Berufsstand, sondern stellt auch die Altersmischung in der Kammer auf eine breitere Basis.
Gerade mit Blick auf die Themenfelder Klimaschutz, nachhaltiges Planen und Bauen, Recyclingwirtschaft und Wertschätzung des Gebäudebestandes ist die Aufnahme von Junior-Architektinnen und -Architekten aller Fachrichtungen eine wertvolle Entwicklung.
Kammerwesen ist effizient und bürgernah
Um es noch einmal deutlich zu sagen: In den Architektenkammern der Bundesländer spricht der Berufsstand in eigener Sache, aber auch in Verantwortung für die Gemeinschaft. Architektur ist zu Recht in unserem Staatssystem als Kulturgut eingestuft und damit immer einer Gemeinwohlverpflichtung unterworfen. Diese Aufgabe, die wir als Berufung empfinden, konstituiert unseren Berufsstand und ist auch in den gesetzlichen Grundlagen der Kammern entsprechend formuliert.
Glücklicherweise sind viele Kolleginnen und Kollegen dazu bereit, sich ehrenamtlich in den Gremien der Länderkammern und unserer Bundesarchitektenkammer zu engagieren. Viele tun dies über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg. Dieses Engagement belegt die Aussagen der Bundesregierung hinsichtlich des staatsentlastenden (und auch kostenmäßig) umfassenden Beitrags, den die Architektenkammern und das Kammerwesen insgesamt für unsere Gesellschaft leisten.
Wir haben also allen Grund, unsere Arbeit mit Verve und Überzeugung weiterzuführen. Auch mit Blick auf regelmäßig wiederkehrende Anwürfe aus der Europäischen Union gegen das deutsche Kammerwesen können wir selbstbewusst darauf verweisen, dass das Prinzip der berufsständischen Selbstverwaltung nicht nur effizient und effektiv ist, sondern auch bürgernah. Ein Aspekt, der bisweilen in Brüssel nicht ausreichend gewürdigt wird. Gut, dass die Bundesregierung dies nun ohne Wenn und Aber getan hat.
Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
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