Erst letztens habe ich mit zwei Kommiliton:innen unsere Entwurfspläne für einen studentischen Wettbewerb abgeschickt, doch nun durfte ich die Gelegenheit ergreifen, mal auf die andere Seite zu wechseln, nämlich die der Jury. Wie schon in meiner letzten Kolumne erwähnt, durfte ich im Rahmen der Messeakademie 2022 Teil der Jury für den Studierendenwettbewerb „Entwerfen im historischen Umfeld – Altbau.Umbau.Neubau.“ sein. Unter den 20 Jurymitgliedern befanden sich namhafte Expert:innen der Denkmalpflege, Architekt:innen und Fachpresse, die sich für das eintägige Verfahren in Leipzig trafen. Neben viel lehrreicher Diskussion kann ich auch einige Erkenntnisse für meine nächste Wettbewerbsteilnahme mitnehmen.
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Wie funktioniert eine Jurysitzung?
Der Tag startete mit einer kurzen Vorstellungsrunde, der dann eine genaue Erklärung der Aufgabenstellung folgte: Es wurden Punkte definiert, auf die es besonders zu achten gilt, wie zum Beispiel der sichtbare Bezug zum Bestand sowie der denkmalpflegerische Umgang mit ihm. Anschließend wurden die stimmberechtigten Personen ermittelt und die Rahmenbedingungen für ein faires Bewertungsverfahren festgehalten, sodass es bei Fällen wie Gleichstand im weiteren Verlauf nicht zu Missverständnissen kommen konnte.
Die Jurysitzung gliederte sich in drei Phasen: Zunächst wurden alle 49 Entwürfe, deren Pläne schon über die gesamte Etage verteilt waren, objektiv von einer Vertreterin der Messeakademie vorgestellt. So konnte man innerhalb von drei Minuten die Quintessenz der Arbeit verstehen und zu einer persönlichen Einschätzung gelangen. Nach der Vorstellung wurde im ersten Durchgang einvernehmlich entschieden, welche Entwürfe in die zweite Runde kommen sollten. Es wurde hierbei sehr knapp begründet, jedoch blieb ein Entwurf schon bei nur einer Gegenstimme weiterhin im Rennen, sodass wir auf 33 Arbeiten reduzierten. In der nachfolgenden Besprechung definierten wir weitere Prioritäten, um im Fortgang noch mehr einschränken zu können.
Im zweiten und längsten Durchgang wurde oft hitzig und ausführlich vor den übrigen Arbeiten diskutiert. Der Grad der Ausarbeitung, der denkmalpflegerische Umgang mit dem Bestand, Innovationsgrad und die Angemessenheit des Konzepts wurden nochmals genauer unter die Lupe genommen und kritisch hinterfragt. Es gelang uns dadurch, radikal auszusieben und die zehn besten Entwürfe, über die in der dritten Runde mit Preis oder Anerkennung entschieden wurde, zu ermitteln. Abschließend wurde das Verfassen der Laudationes zu den einzelnen Entwürfen unter uns Jurymitgliedern aufgeteilt.
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Worauf kommt es bei einem Architekturwettbwerb an?
Grundrisse schnell zu lesen, will gelernt sein. Die größte Herausforderung für mich als Jurymitglied war es, aufgrund der enorm begrenzten Zeit möglichst schnell die Essenz eines Entwurfs zu verstehen, um eine klare Stellung beziehen zu können und nicht voreilig aufgrund der Darstellung zu urteilen: Wie ist die Eingangssituation formuliert, wo sitzt die Erschließung, welche räumlichen Qualitäten bieten sich? Mit der Zeit begriff ich schneller, jedoch waren hierbei klare Zeichnungen und gute Lesbarkeit der Pläne stets von Vorteil. In die solltet ihr also Zeit investieren!
Rückblickend fand ich es fast erschreckend, wie wenig Zeit letztendlich den jeweiligen Entwürfen zukommt, gerade da ich als Studentin weiß, wie viele Stunden Arbeit in Konzept und Ausarbeitung stecken. Und trotzdem haben wir als Jury von morgens bis abends zusammengesessen, um uns in jeden Entwurf ausreichend hineinzudenken und faire Entscheidungen zu treffen.
Es hat mir nochmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, dass sich die zentrale Idee und die Vorzüge der eigenen Arbeit binnen der ersten Sekunden vermitteln – sei es über eine Visualisierung, einen leicht verständlichen Grundriss oder klaren Schnitt in einem übersichtlichen Layout. Sich hin und wieder das Große Ganze bewusst zu machen, anstatt sich in Farbnuancen zu verlieren, ist gerade bei einem Entwurf, den man vor Ort nicht selbst präsentieren kann, also besonders wichtig.
Die zehn besten Entwürfe stelle ich euch in dieser Kolumne vor.
Johanna Lentzkow absolvierte ihren Bachelor an der Hochschule Darmstadt und setzt nun ihr Architekturstudium an der Technischen Universität in München fort.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Johanna Ziebart und Lorenz Hahnheiser.
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