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Architektur in der Zukunft: für das Gemeinwohl

Kapitalismus und Kommunismus gehören in der Zukunftsvision von Bernhard Kurz der Vergangenheit an. Stattdessen rückt er die wirklich wichtigen Aspekte für Gesellschaft und Architektur in den Fokus

31.01.20234 Min. 1 Kommentar schreiben

 

Grafik mit blauen Kreisen und symbolhaften Häusern

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „In der Zukunft“ im Deutschen Architektenblatt 01-02.2023 erschienen.

Von Bernhard Kurz

In der Zukunft wird unsere Gesellschaft ein neues Ziel haben. Wir werden verstanden haben, dass nicht das stetige Wachstum des Bruttoinlandsprodukts unser Ziel sein sollte, sondern unser gemeinsames Leben lebenswerter zu machen.

In der Zukunft werden wir Wohlstand nicht mehr durch die Menge an Kapital definieren, sondern durch den Reichtum guter Beziehungen, kreativer Entfaltung, gesunder Lebensumstände und sinnvoller Aufgaben.

In der Zukunft werden wir nur noch 15 Stunden pro Woche Erwerbsarbeit leisten, denn unsere Wirtschaft produziert bereits heute viel mehr, als wir für ein gutes Leben eigentlich benötigen.

In der Zukunft werden wir deshalb wieder Zeit und Muße haben, Dinge selbst zu tun. Wir werden Dinge wieder reparieren oder selbst bauen oder andere Menschen dazu befähigen, Dinge selbst zu tun.

In der Zukunft werden wir die Wahlfreiheit haben, uns um nahestehende Menschen wieder selbst zu kümmern, wir werden wieder Zeit für Beziehungspflege haben, für unsere Kinder oder Eltern, für Freund*innen und Partner*innen.

In der Zukunft werden wir wieder Kapazitäten haben, um unsere Demokratie zu pflegen durch Engagement für die Gesellschaft, in Vereinen oder im Ehrenamt.

In der Zukunft wird es unwichtig sein, welche Hautfarbe, welches Geschlecht oder Elternhaus uns auf unseren Lebensweg mitgegeben wurde. Vielmehr wird wichtig sein, welchen Beitrag wir zur Gemeinschaft leisten.


„(Zum Bruttosozialprodukt gehören) auch Luftverschmutzung und Zigarettenwerbung und Rettungsfahrzeuge, die die Opfer von Verkehrsunfällen von unseren Highways abtransportieren, außerdem Spezialschlösser für unsere Haustüren und Gefängnisse für Leute, die sie aufbrechen. (…) Napalm gehört dazu und Atomsprengköpfe. (…) Was für das Bruttosozialprodukt andererseits keine Rolle spielt, sind die Gesundheit unserer Kinder, die Qualität ihrer Erziehung, die Freude, die sie beim Spielen haben. Die Schönheit unserer Dichtung zählt nicht, es zählen nicht die Stabilität unserer Ehen, die Intelligenz unserer Debatten oder die Integrität unserer öffentlichen Beamten. Es zählen nicht unsere Klugheit und unser Mut, weder unsere Weisheit noch ­unsere Ausbildung, weder unser Mitgefühl noch die Liebe zu unserem Land, kurz: Es zählt alles außer dem, was das Leben lebenswert macht.“ Robert Kennedy, 1968


Architektur für das Gemeinwohl

In der Zukunft werden wir fast nicht mehr neu bauen. Und wenn doch einmal, dann aus bereits vorhandenen Ressourcen. 

In der Zukunft werden wir eine Ästhetik der Suffizienz entwickelt haben. „Less is more“ wird dann eine ganz neue Bedeutung für uns haben.

In der Zukunft werden wir Flächen nur noch neu versiegeln, wenn wir dafür an anderer Stelle mehr Flächen entsiegeln.

In der Zukunft werden wir alle Bestandsgebäude so behandeln, als stünden sie unter Denkmalschutz.

In der Zukunft wird Arbeit nicht mehr besteuert sein, dafür Ressourcen, Verschmutzung und Abfall, wodurch auch finanziell Sanierungen immer einem Abriss vorgezogen werden.

In der Zukunft werden wir alle Gebäudenutzungen auf die Zukunft auslegen, das heißt, wir werden flexibel, anpassungsfähig und wandlungsfähig bauen.

In der Zukunft werden wir nur noch Materialien verbauen, die einen vollständigen Stoffkreislauf aufweisen können, und diese auch immer leicht demontierbar einsetzen. Wir werden auch dafür sorgen, dass es bekannt ist, aus welchen Materialien unsere Gebäude zusammengesetzt sind, damit man diese sehr einfach wiederverwenden kann.

In der Zukunft werden wir mit natürlichen Materialien bauen, die gesunde Räume erzeugen und mit wenig oder gar keiner Technik Behaglichkeit und Wohnlichkeit schaffen.

In der Zukunft werden Gebäude am Ende ihrer Nutzung einfach zerfallen und in der Landschaft verschwinden können, weil sie keinerlei Schadstoffe mehr enthalten.

In der Zukunft werden wir auch beim Bauen wieder den Fokus auf den Menschen haben, sowohl auf den Nutzer*innen als auch auf den Menschen, die daran beteiligt sind, das Projekt möglich zu machen.

In der Zukunft werden wir gemeinwohlorientiert bauen.

In der Zukunft werden wir uns auf die Schulter klopfen, dass wir gestern verstanden und heute angefangen haben, die Veränderung anzustoßen. Die Zukunft beginnt jetzt.

 

Bernhard Kurz ist einer der Gründer und Geschäftsführer des gemeinwohlbilanzierten Architekturbüros IFUB*. Er hat vor nicht allzu langer Zeit die Gemeinwohl-Ökonomie für sich entdeckt, die den seiner Meinung nach nicht so gut funktionierenden Systemen von Kapitalismus und Kommunismus eine komplett neue Vision entgegensetzt. Hier finden Sie mehr Infos.

Weitere Beiträge finden Sie auch gesammelt in unserem Schwerpunkt Zukunft.

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1 Gedanke zu „Architektur in der Zukunft: für das Gemeinwohl

  1. Lieber Herr Kurz, schön dass Sie das erkannt haben, wofür viele seit Jahrzehnten Ihr ganzes Leben einsetzen. Willkommen im Club der „Unverbesserlichen“ in der Nachfolge von Albert Einstein, Albert Schweitzer und besonders Gott Vater, Jesus Christus, Buddha, …, …

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