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Regeln für die Arbeitszeiterfassung und für die Arbeitszeit

Obwohl Einzelheiten noch immer ungeklärt sind, steht eines fest: Arbeitgeber müssen bereits jetzt die Arbeitszeiten ihrer Angestellten erfassen. Ein guter Anlass, sich auch die erlaubten Arbeitszeiten selbst bewusst zu machen

28.03.20235 Min. Kommentar schreiben

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Grenzen der Arbeitszeit und ihrer Erfassung“ im Deutschen Architektenblatt 04.2023 erschienen.

Von Eva-Maria Linz

Seit dem sogenannten Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14. Mai 2019 (Az.: C 55/18) sind die EU-Staaten verpflichtet, Maßnahmen für einen besseren Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu treffen: die Gewährung von täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten (zwischen zwei Arbeitseinsätzen) und angemessenen Ruhepausen (innerhalb eines Arbeitseinsatzes) sowie eine Obergrenze für die wöchentliche Arbeitszeit.

Konkrete Vorgaben zur Umsetzung wurden den Mitgliedstaaten durch dieses Urteil nicht gemacht. Die Mitgliedstaaten müssen die Arbeitgeber jedoch verpflichten, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.

Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung nicht umgesetzt

Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgaben trotz der Ankündigung des Bundesarbeitsministeriums im Januar 2020 bisher nicht umgesetzt. Nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem Beschluss vom 13. September 2022 (Az.: 1 ABR 22/21) festgestellt, dass sich die unionsrechtliche Pflicht der Arbeitgeber, ein Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen, auch ohne die konkrete Umsetzung schon jetzt aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) herleiten lasse, der die Grundpflichten des Arbeitgebers regelt.

Danach haben Arbeitgeber für eine „geeignete Organisation“ zu sorgen und die „erforderlichen Mittel“ bereitzustellen, um die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.

Arbeitszeiterfassung muss nicht elektronisch erfolgen

Laut BAG bestehe – solange vom deutschen Gesetzgeber (noch) keine konkretisierenden Regelungen getroffen wurden – ein Spielraum, in dessen Rahmen unter anderem die Form des Systems festgelegt werden könne. Bei der Auswahl seien vor allem die Besonderheiten der betroffenen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer und die Eigenheiten des Unternehmens, insbesondere seine Größe, zu berücksichtigen.

Eine elektronische Arbeitszeiterfassung sei nicht vorgeschrieben. Je nach Tätigkeit und Unternehmen könnten auch Aufzeichnungen in Papierform genügen. Zudem wäre es denkbar, die Arbeitszeiterfassung an die Arbeitnehmer zu delegieren, auch wenn die Einrichtung und das Vorhalten eines solchen Systems dem Arbeitgeber obliegen. Damit dürften Arbeitgeber bereits jetzt zur Einrichtung und Nutzung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet sein.

Welche Zeiten sind zu erfassen?

Das Arbeitszeiterfassungssystem wird über die derzeit bestehende Verpflichtung aus § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz (ArbZG), wonach die Überstunden zu erfassen sind, hinausgehen. Es ist damit zu rechnen, dass künftig auch Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und Überstunden aufzuzeichnen sind. Andernfalls könnte weder die Lage der täglichen Arbeitszeit noch die Einhaltung der täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeiten überprüft werden.

Weiterhin Homeoffice, Gleitzeit und Vertrauensarbeitszeit

Die neuen Vorgaben sollen dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer dienen und die Arbeitgeber in die Verantwortung nehmen, die Regelungen zur Arbeitszeit einzuhalten. Dies ist aber nicht mit einer Einschränkung der existierenden Arbeitsmodelle, wie Gleitzeit, Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit gleichzusetzen.

Arbeitnehmer werden auch künftig ihre Arbeit flexibel von zu Hause erledigen können – wenn sie ihre Arbeitszeiten entsprechend, zum Beispiel mobil, erfassen können. Gleiches gilt selbstverständlich für diejenigen Mitarbeitenden in Architekturbüros, die ihre Arbeitszeit zu großen Teilen auf Baustellen verbringen.

Arbeitszeiterfassung auf Dienstreisen

Inhaber von Architekturbüros, die ihre Mitarbeitenden auf Dienstreisen schicken, sollten bedenken, dass grundsätzlich auch die Reisezeiten, die ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers erfolgen und im untrennbaren Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung stehen, als Arbeitszeiten gelten und entsprechend erfasst und eingehalten werden müssen. 

Spätestens jetzt Erfassungssystem einführen!

Büroinhaber sollten sich also darüber Gedanken machen, welches System in ihrem Büro umsetzbar sein könnte. Ob dieses System auch künftig den Anforderungen des noch nicht veröffentlichten Gesetzes zur Erfassung von Arbeitszeiten entsprechen wird, ist jedoch ungewiss.

Bis dahin fehlt es aber auch an einer Vorschrift, die einen Verstoß gegen die Erfassungspflicht regelt. Büroinhaber können also erst mal aufatmen, selbst wenn sie noch kein System zur Zeiterfassung in ihrem Büro implementiert haben, denn es droht derzeit kein Bußgeld.

Arbeitszeitregeln im Überblick

Sollten sich Büroinhaber nun fragen, wie die aktuellen Regelungen zur Arbeitszeit sind und ob in arbeitsintensiven Phasen (zum Beispiel Abgabe von Wettbewerbsbeiträgen) Höchstarbeitszeiten ausnahmsweise überschritten werden dürfen, kommt hier ein kurzer Überblick.

  1. Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten.
  2. Die werktägliche Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.
  3. Die Arbeit ist durch Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden zu unterbrechen.
  4. Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. 

Eva-Maria Linz ist Syndikusrechtsanwältin und Rechtsreferentin bei der Hamburgischen Architektenkammer

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