Die Innenarchitektur ist von schnelllebigen Trends geprägt. Wie schaffen Sie da nachhaltige Räume?
Trends werden geschürt und viele sind dafür empfänglich. Aber erst mal braucht es eine gute Bestandsanalyse. Unter anderem gilt es zu klären, was wiederverwendet werden kann oder ob eine Konstruktion demontierbar ausgeführt werden kann. Außerdem braucht es eine gute Beratung. Ich werde zur Soziologin, Psychologin oder manchmal auch Eheberaterin. Mit Diplomatie kristallisiere ich die Lösungen heraus, die möglichst neutral und langlebig sind. Es muss für den einzelnen Fall passen, dann entsteht etwas, was der Mensch für sich einnimmt, wertschätzt und lange pflegt.
Sind Sie also aus Interesse an den Menschen Innenarchitektin geworden?
Ich wollte nie etwas Neues auf die grüne Wiese stellen. Für mich war es immer schon sehr viel spannender, das zu entwickeln, was schon da ist. Innenarchitekten sind genau darauf spezialisiert, im Bestand und aus Nutzerperspektive zu planen und die räumliche Organisation individuell anzupassen. Und heute geht es auch für Architektinnen immer mehr um die Entwicklung des Bestehenden.
Wo hört für Sie das Arbeitsfeld der Innenarchitektur auf?
Zwar arbeite ich erst einmal im Innenraum, aber häufig gehe ich dabei auch in den Außenraum oder in die Fassade. Zum Beispiel bei energetischen Sanierungen, oder wenn Fenster zu Fenstertüren werden. Für das Goethe-Institut in Nairobi haben wir die Bibliothek gemacht. Der Innenraum wurde auf die Terrasse hinausgedacht und diese wiederum zum Bibliotheksraum. Natürlich kann also ein Innenarchitekt auch mal einen Außenraum denken, weil er ein kreativer Mensch ist. Man hat einen Raum, bestimmte Rahmenbedingungen und Menschen mit Bedürfnissen. Deswegen macht man Architektur: Wir sind Gestalterinnen und lösen Probleme. Wir denken in Systemen. Das gilt für jede unserer Fachrichtungen. Und für die Umsetzung holt man sich die notwendigen Fachplaner hinzu, die man dann koordiniert.
Das Motto des DAT ist „Transformation“. Welche Rolle spielt die Innenarchitektur für die Bauwende?
Es wird immer wichtiger, dass Innenarchitekten endlich als die Spezialisten für das Bauen im Bestand wahrgenommen werden, die sie sind. Die Stunde der Innenarchitektur schlägt. Und es gibt so unglaublich viel zu tun, dass genug Arbeit für alle da ist. Der Fokus beim Bauen sollte ausschließlich auf das Bestehende gerichtet sein und gebrauchte Materialien sollten leichter zum Einsatz kommen können. Wenn man etwas Neues verwendet, dann nur aus nachhaltigen Quellen. Man könnte den Konsum sofort beeinflussen, wenn das umweltfreundliche Material nicht teurer wäre als das schädliche. Solange nicht auf jedem Produkt dessen CO2-Fußabdruck steht, der dann auch einen Preis hat, reden wir um den heißen Brei herum. Verschmutzen muss teuer werden und Nichtverschmutzen muss belohnt werden. Nur was etwas kostet, wird ernst genommen.
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„Wo hört für Sie das Arbeitsfeld der Innenarchitektur auf?“
Ich freue mich darüber, wie Frau Sophie Green ihren Verantwortungsbereich als Innenarchitektin beschreibt. Im Grunde sind alle Bauprojekte wie eine Reise, auf die sich die Bauherrschaft mit allen nötigen Begleitern (Planer, Behörden, Handwerker) begibt. Architekt*innen und Innenarchitekt*innen haben auf dieser Reise die Rolle der Reiseleitung. Sie tragen dafür Sorge, dass alle nötigen Helfer qualifiziert und rechtzeitig Teil der Reisegruppe sind. Sie steuern die Erwartungshaltungen und verantworten sowohl den Erfolg der Baumaßnahme, als auch das Reise-Erlebnis der Beteiligten. Dabei werden die Kompetenzen zielführender Kommunikation, Kooperation und Koordination immer wichtiger. Welche Nische die „Reiseleitung“ in Bauprojekten fachlich besetzt – ob Innenraumplanung oder andere Spezialisierungen – ist nachrangig. Die Führungsrolle im Projekt ist heute und in Zukunft die Hauptaufgabe aller (Innen-)Architekt*innen.