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Kaufvertrag oder Werkvertrag? Unterschiede für Architekten

Bauverträge sind in der Regel Werkverträge. Architekten sollten sich jedoch auch mit der Abgrenzung zum Kaufrecht – insbesondere im Hinblick auf bewegliche Bauteile wie ­Einbauküchen oder Photovoltaikanlagen – auseinandersetzen, wie zwei aktuelle Entscheidungen zeigen.

26.08.20247 Min. Von Eva-Maria Linz Kommentar schreiben

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Kaufvertrag oder Werkvertrag?“ im Deutschen Architektenblatt 09.2024 erschienen.

Ein Bauherr schließt mit einer Baufirma einen Vertrag über die Erstellung eines Rohbaus. Durch diesen Vertrag wird die Baufirma (Werkunternehmer) zur Herstellung des Rohbaus und der Bauherr (Besteller) zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Es handelt sich also um einen „klassischen“ Werkvertrag.

Wie verhält es sich jedoch, wenn der Bauherr statt des Rohbaus nur ein bewegliches Bauteil bestellt – zum Beispiel eine Einbauküche, ein Fenster oder eine Solaranlage? Handelt es sich dann ebenfalls um einen Werkvertrag oder um einen Kaufvertrag? Wie können die beiden Vertragstypen unterschieden werden? Und welche (rechtlichen) Auswirkungen hat diese Unterscheidung? 

Kaufvertrag: Es geht um bewegliche Sachen

Mit diesen Fragen setzten sich unlängst sowohl das OLG Bremen (Urteil vom 17. März 2024, Az.: 2 U 32/20: „Edelstahlbauteil“) als auch das OLG München (Urteil vom 26. Juli 2023, Az.: 7 U 4188/21: „Einbauküche“) auseinander.

Das Werkvertragsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt (§§ 633 ff. BGB). Grundsätzlich gilt gemäß § 650 BGB, dass auf einen Vertrag, der die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, die Vorschriften über den Kauf Anwendung finden (sogenannter Werklieferungsvertrag).

Kaufvertrag mit Montagepflicht oder Werkvertrag?

Diese Regelung kommt jedoch für Fälle, bei denen eine herzustellende oder zu erzeugende Sache nicht nur geliefert, sondern darüber hinaus auch montiert beziehungsweise eingebaut werden soll, an ihre Grenzen. In solchen Fällen stellt sich – über die Regelung des § 650 BGB hinaus – die Frage, ob ein Werklieferungsvertrag (also Kaufvertrag) mit Montagepflicht oder ein Werkvertrag vorliegt.

Ist die Montage Schwerpunkt des Vertrages?

Das OLG München entschied im „Einbauküchen-Fall“ der ständigen Rechtsprechung folgend, dass die Abgrenzung zwischen Kauf- und Werkvertrag danach erfolgt, ob der Schwerpunkt des Vertrages auf der Verpflichtung zur

  • Verschaffung von Eigentum und Besitz an der Sache (dann Kaufrecht) oder auf der
  • Montageleistung (dann Werkvertragsrecht) liegt.

Es kommt also entscheidend darauf an, ob die Montage den Schwerpunkt des Vertrages bildet, zum Beispiel weil sie sehr zeitaufwendig oder kostenintensiv ist. Ist dies der Fall, liegt der Schwerpunkt des Vertrages auf dem Aspekt Werkvertrag. Ein Anhaltspunkt dafür, ob die Montage den Schwerpunkt des Vertrages ausmacht, ist das Verhältnis der Kosten für die Herstellung der Sache zu den Kosten für die Montage der Sache.

Bei Einbauküche gilt Kaufrecht

Im „Einbauküchen-Fall“ betrug der Anteil der Vergütung für die Montageleistung 7,2 Prozent des vereinbarten Gesamtpreises. Das OLG München entschied deshalb, dass die Montage im Vergleich zum Erwerb der Möbel und Elektrogeräte nur eine untergeordnete Leistung darstelle, sodass auf den Vertrag die Vorschriften über den Kaufvertrag anzuwenden seien.

Mängelrechte im Kaufrecht

Diese Entscheidung hatte weitreichende Konsequenzen. Die Käufer machten nach Einbau der Küche verschiedene Mängel geltend. Diese wurden vom Gericht jedoch teils als geringfügig angesehen, sodass von einer unerheblichen Pflichtverletzung des Verkäufers ausgegangen wurde, die die Käufer nicht zu einem Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigte. Bei anderen, wesentlichen Mängeln war der Nacherfüllungsanspruch bei Klageerhebung bereits verjährt, sodass auch diese den Käufern keinen Rücktritt vom Kaufvertrag ermöglichen konnten.

Die Einbauküche ist kein Bauwerk, also keine fest mit dem Erdboden verbundene Sache, und hat auch nicht zu einem Mangel am Bauwerk, also dem Haus der Käufer, geführt, sodass die fünfjährige Verjährungsfrist nicht einschlägig war. Stattdessen betrug die Verjährungsfrist zwei Jahre ab Lieferung der Küche. Auf eine Abnahme kam es nicht an, da Kaufrecht zur Anwendung kam.

Untersuchungs- und Rügepflicht im Kaufrecht

Im „Edelstahlbauteil-Fall“ des OLG Bremen stritten zwei Unternehmer über die Frage, ob alle gelieferten Bauteile die gewünschte Zertifizierung aufwiesen. Das Gericht stellte fest, dass die vereinbarte Beschaffenheit nicht bei allen Bauteilen gegeben sei. Dennoch scheiterte der Kläger mit seiner Schadensersatzklage, da er diesen Mangel nicht unverzüglich gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hatte.

Gemäß § 377 Handelsgesetzbuch (HGB) gilt bei einem Kauf, der für beide Teile ein Handelsgeschäft ist, dass „der Käufer die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgange tunlich ist, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige zu machen“ hat.

Die Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft durch den Verkäufer entbindet den Käufer also nicht von seiner Untersuchungs- und Rügepflicht. Diese Rügepflicht des Käufers soll den Verkäufer davor schützen, sich längere Zeit nach der Lieferung nur schwer feststellbaren oder durch die Untersuchung vermeidbaren Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt zu sehen. Dabei dürfen die Anforderungen an die ordnungsgemäße Untersuchung durch den Käufer nicht überspannt werden.

Untersuchung muss zumutbar sein

Die Art und Weise der Untersuchung muss für den Käufer nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar sein. Anhaltspunkte bieten zum Beispiel:

  • Kosten- und Zeitaufwand: Genügen bei großen Warenmengen gegebenenfalls auch aussagefähige Stichproben?
  • Prüfungsmöglichkeiten: Kann die Ware überhaupt geprüft werden, ohne dadurch beschädigt zu werden oder an Wert zu verlieren?
  • Sachkunde: Besitzt der Käufer selbst die notwendigen technischen Kenntnisse, um Mängel zu erkennen, oder muss er die Prüfung von sachkundigen Dritten vornehmen lassen?

Wesentliche Unterschiede zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag

  • Beim Kaufvertrag wird der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises sofort fällig; beim Werkvertrag erst mit Abnahme des Werkes beziehungsweise dessen Vollendung.
  • Zwischen Kaufvertrag und Werkvertrag bestehen Unterschiede bezüglich Länge und Beginn der Fristen wegen Mängelrechten. Beim Kaufvertrag geht die Gefahr bereits mit der Übergabe der Sache auf den Käufer über; beim Werkvertrag erst mit Abnahme des Werkes.
  • Der Auftraggeber eines Werkes hat ein jederzeitiges Kündigungsrecht – ein solches gibt es beim Kaufvertrag nicht.
  • Beim Werkvertrag gibt es keine Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB.

Beispiele aus der Praxis

Die Abgrenzung mag in der Theorie abstrakt klingen. In der Praxis begegnet sie Architekten jedoch häufig, zum Beispiel bei der Errichtung von Aufdach-Photovoltaikanlagen oder beim nachträglichen Einbau eines Fahrstuhls in ein Gebäude. Deshalb sollten sich Architekten bei Annahme solcher Aufträge auch Gedanken über die rechtliche Einordnung ihrer Arbeit, insbesondere ihrer entsprechenden Rechte und Pflichten machen.

Errichtung von Aufdach-Photovoltaikanlagen

Photovoltaikanlagen fallen unter die Kategorie der herzustellenden oder zu erzeugenden beweglichen Sachen, für die grundsätzlich Kaufvertragsrecht gilt. Sollen diese auf einem Dach montiert werden, muss zusätzlich auf die Schwerpunkttheorie zurückgegriffen werden (s. o.).

Solange die Montage keine Besonderheiten in Form, Größe oder Anbringung aufweist, sind dafür keine teuren und aufwendigen handwerklichen Installations- und Anpassungsarbeiten erforderlich, sodass der Schwerpunkt auf der Herstellung liegen dürfte. Folglich ist auf Aufdach-Photovoltaikanlagen das Kaufvertragsrecht anzuwenden.

Nachträglicher Einbau eines Fahrstuhls

Ein Fahrstuhl ist ebenfalls eine herzustellende oder zu erzeugende bewegliche Sache, die eingebaut werden soll. Anders als im ersten Beispiel liegt der Schwerpunkt hier jedoch auf dem zeit- und kostenintensiven Einbau des Fahrstuhls in ein bestehendes Gebäude und nicht auf Kauf und Lieferung des Fahrstuhls. Zudem wird der Fahrstuhl durch den Einbau und die Verbindung zum Erdboden zu einem Bauwerk. Folglich kommt das Werkvertragsrecht zur Anwendung.

Fazit: Verjährung und Mängelrechte

Architekten sollten ihre Bauherren über die Grundzüge der Vertragsarten und die sich daraus ergebenden Konsequenzen – insbesondere was Verjährungsfristen anbetrifft – aufklären können (ohne dabei eine umfassende Rechtsberatung zu erbringen).

Sollten Architekten zudem für Unternehmer-Bauherren tätig sein und bestellte Bauteile technisch für diese abnehmen, sollten Architekten diese unverzüglich untersuchen und mögliche Mängel anzeigen. Erledigen Architekten dies nicht fristgerecht, verliert der Bauherr gegebenenfalls seine Mängelrechte.


Eva-Maria Linz ist Syndikusrechtsanwältin und Rechtsreferentin bei der Hamburgischen Architektenkammer

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