DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Interview

Was dürfen Innenarchitekten? bundesweit unterschiedlich

Was ist die Berufsaufgabe einer Innenarchitektin? Was nach einer einfachen Frage klingt, ist oft ­Auslegungssache. Wir haben bei Eva Holdenried nachgefragt, was diese Unsicherheit für den ­Arbeitsalltag bedeutet – und was sich nach Wunsch der Innenarchitekten ändern sollte.

Von: Lars Klaaßen
Lars Klaaßen betreut als freier Redakteur vor allem Interviews und...

27.09.20244 Min. Kommentar schreiben
Eva Holdenried, Innenarchitektin und Inhaberin von stereoraum Architekten

Eva Holdenried, Innenarchitektin und Inhaberin von stereoraum Architekten, ist seit 2017 im Vorstand der Architektenkammer Rheinland Pfalz. Die stellvertretende Vorsitzende des BAK-Ausschusses Innenarchitektur leitet die BAK-Arbeitsgruppe Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Peter Würmli

Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Wir benötigen eine klare, bundesweit einheitliche Lösung!“ im Deutschen Architektenblatt 10.2024 erschienen.

Was dürfen Sie als Innenarchitektin in Deutschland bauen?

Hierzu gibt es keine einheitliche Regelung, die deutschlandweit gilt. Die Bauvorlage wird in der jeweiligen Landesbauordnung geregelt. In der Musterbauordnung heißt es in § 65 lediglich, dass „Berufsangehörige, welche die Berufsbezeichnung ‚Innenarchitekt‘ führen dürfen, für die mit der Berufsaufgabe des Innenarchitekten verbundenen baulichen Änderungen von Gebäuden“ bauvorlageberechtigt sind.

Wie wirkt sich diese allgemeine Formulierung konkret in der Praxis bei Innenarchitekten aus?

Diese Formulierung lässt vieles zu, kann aber auch sehr restriktiv ausgelegt werden und führt zu einer Abhängigkeit von dem jeweiligen prüfenden Mitarbeiter in der Behörde.

Gibt es noch weitere Orientierungs­punkte?

Die Berufsaufgabe ist im jeweiligen Landesarchitektengesetz geregelt, hier ist häufig die gleiche Formulierung zu finden. Erschwerend kommt hinzu, dass die HOAI konstruktive Eingriffe beim Leistungsbild Innenräume nicht berücksichtigt. Diese Regelung, die ja nur die Honorierung betrifft, wird aber häufig so interpretiert, dass Innenarchitekten keine wesentlichen Änderungen an Gebäuden durchführen dürfen. Das widerspricht jedoch eindeutig der Vorgabe der Landesbauordnung und auch der meisten Architektengesetze, die die Berufsaufgabe regeln.

Welche Folgen hat das in der Praxis?

Dies führt dazu, dass zum Beispiel bei einer restriktiven Auslegung nicht einmal eine Dachgaube genehmigt wird. Bei einer positiven Auslegung hingegen stellen selbst Umbauten, Aufstockungen und Anbauten in großem Umfang kein Problem dar. Ich hatte einmal die Situation, dass ein Ladengeschäft in ein Restaurant umgewandelt werden sollte. Stellen Sie sich vor, wie sehr die Kompetenz gegenüber den Bauherren infrage gestellt wird, wenn nach Einreichung der Bauherr die Mitteilung durch das Bauamt bekommt, dass die Befähigung des Einreichenden fehlt, da es sich um einen Umbau in einem Sonderbau handelte.

Wie sieht es mit Blick auf Regelungen für Innenarchitektinnen und Innenarchitekten in den Bundesländern aus?

Dort gibt es unterschiedliche Regelungen, die zusätzliche Probleme verursachen. In vielen Ländern gibt es die „kleine“ Bauvorlage, die kleine Maßnahmen zum Beispiel auch Meistern im Handwerk gestatten. In NRW kann nach zwei Jahren Berufstätigkeit über eine Zusatzprüfung die „volle“ Bauvorlageberechtigung als Innenarchitekt erworben werden, in anderen Ländern ist nach zehn Jahren Berufstätigkeit und zusätzlicher Prüfung die Eintragung als Architekt möglich. Diese „Autodidaktenregel“ ist auch für Berufsgruppen ohne vorherigen Hochschulabschluss möglich, die in Planungsbüros tätig sind, wie zum Beispiel Bauzeichner.

Aber zur Innenarchitektur geht es über die Hochschulen.

Wir werden in mindestens acht Semestern meist von Architekten ausgebildet. In den Büros gehen wir in der Regel den gleichen Tätigkeiten nach wie die Kollegen vom Hochbau und vor der Eintragung in der Kammer steht auch bei uns eine zweijährige praktische Tätigkeit. Wünschenswert wäre angesichts dessen die Möglichkeit der zusätzlichen Prüfung zum Architekten nach zwei Jahren Mitgliedschaft, nicht erst nach zehn.

Was wäre aus Sicht der Innenarchitektinnen und Innenarchitekten der Ideal­zustand?

Die Bauvorlage ist für viele Innenarchitekten der Hauptgrund für die Kammermitgliedschaft. Hier benötigen wir eine klare, bundesweit einheitliche Lösung! Grundsätzlich sind wir für das Bauen im Bestand ausgebildet. Dies war immer unsere originäre Aufgabe und wir sehen uns als die Experten für die Reorganisation von Gebäuden. Der Idealzustand für uns wäre es, hier völlig ohne Hemmnisse agieren zu können. Das heißt: Projekte im Bestand unabhängig von Gebäudeklasse und Größe umzusetzen. Deshalb sind wir Innenarchitekten und nicht Architekten geworden.


Eva Holdenried, Innenarchitektin und Inhaberin von stereoraum Architekten, ist seit 2017 im Vorstand der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Die stellvertretende Vorsitzende des BAK-Ausschusses Innenarchitektur leitet die BAK-Arbeitsgruppe Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!

Schreibe einen Kommentar

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.