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Zurück Nachwuchs-Kolumne #232

DIVIA Konferenz 2024: „Mind the Gap“

Es gibt Ungerechtigkeit in der Architektur. Expert:innen aus Theorie und Praxis sprachen von einer Lücke und zeigten auf, wie sie sich schließen lässt. Auf der DIVIA Konferenz 2024 in Berlin führte die namhaft und international besetzte Runde einen kraftvollen Diskurs.

Von: Johanna Lentzkow
Johanna Lentzkows Lieblingsthemen sind das Bauen im Bestand, Entwürfe von...

04.12.20244 Min. Kommentar schreiben
Pascale Sablan hält einen Vortrag auf der DIVIA Konferenz

Mit Ihrem Vortrag sorgte Pascale Sablan für einen phänomenalen Auftakt der DIVIA Konferenz.
Paula Tornieporth / DIVIA

Geringere (mediale) Sichtbarkeit, geringere Bezahlung, systemische Probleme – die Gründe und Folgen von Ungerechtigkeiten in der Architektur sind vielfältig. Und sie tragen allesamt zu der Lücke bei, mit der vor allem minorisierte Gruppen konfrontiert werden, darunter zum Beispiel Frauen oder People of Color.

Die Teilnehmer:innen der ersten DIVIA Konferenz spannten in drei Teilen einen großen Bogen über das Thema: von unterrepräsentierten Stimmen in der Architektur („Researching the gap“) über Interdisziplinarität in den Branchen („Bridging the gap“) bis hin zu gebauten Beispielen und Planungspraktiken („Building without the gap“).

DIVIA Konferenz soll sich etablieren

DIVIA – Diversity in Architecture – wurde 2021 von Ursula Schwitalla gegründet und wird von Julia Roever und Christiane Stahnke mitgeleitet. Der Grundgedanke lautet, dass vielfältige Perspektiven die Innovation, Nachhaltigkeit und Inklusivität in der gebauten Umwelt fördern. Hierzu will die Organisation beitragen und als ersten Schritt Architektinnen und ihre Arbeit sichtbar machen.

Neben dem DIVIA Award soll nun alle zwei Jahre auch die DIVIA Konferenz die Anerkennung und Gleichstellung von Architektinnen und Architekten fördern sowie das Bewusstsein für Vorbilder für junge Frauen in diesem Bereich zu schärfen.

Architektur ist zu exklusiv

Mit einem fulminanten Start von Pascale Sablan begann die DIVIA Konferenz ihren ersten Teil „Researching the gap“. Pascale Sablans Mission ist von Beginn an klar: die Arbeit und den Beitrag von Frauen und People of Color in der Architektur sichtbar zu machen und ihnen in der Architektur Gehör zu verschaffen.

Zu oft war Architektur in der Vergangenheit (und ist es bis heute) eine exklusive Ressource im gesellschaftlichen Leben, die vor allem wohlhabenden Auftraggebenden dient. Diese Exklusivität fördert große Ungerechtigkeiten in der gebauten Umwelt, die sich besonders nachteilig auf Minderheiten auswirken. Laut Pascale Sablan sind Repräsentation und Zugänglichkeit das A und O, um eine gerechte Vielfalt zu erreichen.

Der erste Teil der Konferenz wurde außerdem von Mechthild Ebert, Studentinnen der Universität Stuttgart und Friederike Landau-Donelly bereichert, die über die spannende Frage nach den Unterschieden innerhalb der Lücke reflektierte: Ist sie für alle gleich groß und/oder problematisch und/oder schmerzhaft?

Verlorenes Wissen wieder herstellen

In der zweiten Sitzung konzentrierten sich die Teilnehmer:innen mit verschiedenen Ansätzen auf die Überbrückung der Lücke zwischen den Branchen und auf die Förderung der Interdisziplinarität. So präsentierte etwa Marc Küperkoch die Paludi-Kultur: Hierbei geht es darum, zugunsten von Landwirtschaft trockengelegte Moore wieder zu vernässen, um sie als CO2-Speicher wiederzugewinnen, ohne dass man dafür ihren wirtschaftlichen Nutzen aufgeben muss. Wollgräser können hier gut wachsen, aus denen wiederum gewebte Materialien, Akustikpaneele, Möbel oder ganze Wände hergestellt werden können.

Laut Marc Küperkoch gilt es künftig, das Wissen rund um die einst der Industrialisierung zum Opfer gefallenen Rohstoffe wieder zugänglich zu machen und die trockengelegten Moore, die momentan sieben Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen ausmachen, wiederzubeleben.

Transpositioning: mal kurz die Profession tauschen

Im abschließenden dritten Part „Building without the gap“ zeigte Jette Cathrin Hopp, Director bei Snøhetta, wie eine transdisziplinäre Planungspraxis aussehen kann. Das Büro arbeitet nach dem Grundsatz des „Transpositioning“: Zu Beginn eines Projekts tauscht man seine Profession mit der anderer Teammitglieder, um so eine erhöhte Sensibilität für die Herausforderungen der anderen zu bekommen.

Der Austausch wird projektübergreifend außerdem dadurch gefördert, dass die Projektteams nicht clusterartig zusammensitzen, sondern im Großraumbüro verteilt sind. So kann man auf dem Weg zu seinen Kolleg:innen Inspiration und Ideen aufschnappen, die auch für das eigene Projekt interessant sein können. Diese Praktiken tragen zu einer gerechten und diversen Arbeitskultur bei.

DIVIA Konferenz als Lückenfüller

Die DIVIA Konferenz wurde im besten Sinne zum Lückenfüller und zeigte, aus welchen Winkeln man sich dem Thema nähern kann, sowohl in der Theorie als auch in der Praxis. Die Lücke wird kleiner. Wer sich die Standpunkte der Redner:innen ausführlich anhören möchte, kann die gesamte Konferenz als Video nachsehen und sich inspirieren lassen.


Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.

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