Am Montagmorgen in Düsseldorf ist Führungskultur gefragt: Die große Planungsrunde kommt zum Jour fixe zusammen. Ein riesiger Monitor, Laptopreihen und Papierstapel. Die Gesichter um mich herum – von leicht gestresst bis in Gedanken vertieft. Ich sitze am Kopfende, umringt von meinem Team, bereit, die aktuelle Planung zu präsentieren. Als junger Geschäftsführer ist das mittlerweile Routine, doch heute steht ein besonders heikles Thema an: Ein Planungsverzug, der den Baufortschritt gefährdet.
Planungsverzug richtig kommunizieren
Das Schwierige daran? Der Fehler liegt nicht bei mir oder meinem Team, sondern bei einem Planungspartner. Führungskultur verlangt von mir, an diesem Punkt, einen Spagat zu vollziehen: Einerseits muss ich den Bauherrn ehrlich und sachlich informieren, andererseits will ich den Planungspartner nicht vorführen. Solche Situationen sind in unserer Branche oft ein Pulverfass. Es wird mit dem Finger gezeigt, die Schuldigen an den Pranger gestellt, und am Ende eskaliert die Situation und endet in einem Gefecht an Vorwürfen, ohne dass jemand etwas gewinnt. Doch ich entscheide mich für einen anderen Weg.
Ein anderer Umgang mit Fehlern
Anstatt die Fehler des Planungspartners offen zu kritisieren oder die Schuldfrage groß auszuwalzen, wähle ich einen konstruktiven Ansatz der Führungskultur: Ich schildere dem Bauherrn klar und transparent die Situation, erkläre den Verzug und die möglichen Konsequenzen. Doch anstatt den Planungspartner bloßzustellen, leite ich die Diskussion in eine andere Richtung: Was bedeutet der Verzug konkret? Was brauchen wir, um den Zeitverlust auszugleichen?
Die Atmosphäre ist angespannt, bleibt aber ruhig; die Diskussion bleibt lösungsorientiert. Das Vorwurfskarussell nimmt keine Fahrt auf, sondern es wird gemeinsam nach Wegen gesucht, das Projekt voranzubringen. Am Ende ist nicht nur der eine Planungspartner dankbar, dass sein Fehler nicht zum Großangriff genutzt wurde, sondern ein anderer Planungspartner bietet sogar noch Möglichkeiten an, den Verzug abzudämpfen.
Warum Führungskultur in der Architektur anders sein muss
In der Architekturbranche, in der Druck und Konflikte oft an der Tagesordnung sind, haben wir uns an eine toxische Führungskultur gewöhnt. Probleme werden mit Härte „gelöst“, Fehler mit erhobenem Zeigefinger angesprochen – und wer den Raum verlässt, hat selten das Gefühl, Teil eines guten Teams zu sein. Doch ich bin überzeugt: Es geht auch anders – und vor allem ist dieses Anders besser!
Von Schuldzuweisungen zu Zusammenarbeit
Eine konstruktive Führungskultur bedeutet, anders mit Fehlern umzugehen. Statt Schuldige zu suchen, geht es darum, gemeinsam Lösungen zu finden. Das fängt bei der Kommunikation an: ruhig, sachlich und respektvoll. Und es hört bei der Verantwortung nicht auf – denn auch, wenn der Fehler nicht bei mir lag, müssen Fehler angesprochen werden.
Wie kommt man zu solch einer Führungskultur? Indem wir Besprechungen als Plattform für Zusammenarbeit und nicht als Arena für Konflikte nutzen. Indem jede:r Beteiligte gehört wird und klare Strukturen dafür sorgen, dass Diskussionen produktiv bleiben.
Die Auswirkungen der Führungskultur auf die Baukultur
Eine Führungskultur, die auf Respekt, Offenheit und Kooperation basiert, hat das Potenzial, die gesamte Bau- und Planungskultur zu verändern. Sie stärkt nicht nur das Team, sondern führt auch zu besseren Ergebnissen – sei es bei der Planung, der Bauausführung oder im Umgang mit den Bauherren. Denn letztendlich geht es darum, was wir bauen – und wie wir dabei miteinander umgehen.
Ich habe nun schon einige Konflikte miterleben müssen und sehe, wie viel Energie darin versenkt wird, wenn jeder sich für Angriffe wappnet oder diese vorbereitet. Diese Energie kann man auch in den Projektfortschritt stecken.
Ein Appell an die nächste Generation von Führungskräften
Als junge Architekt:innen und Führungskräfte haben wir die Chance, diese Veränderung zu einer neuen Führungskultur voranzutreiben. Es liegt an uns, neue Maßstäbe zu setzen – für eine Kultur, die Probleme nicht eskaliert, sondern löst.
Ich habe in der Baubesprechung einen Ansatz gewählt, der untypisch war, da der Ton in Baurunden oft rauer ist. Doch es hat sich gelohnt. Und ich bin überzeugt, dass wir als Branche davon profitieren können, wenn wir lernen, besser miteinander zu arbeiten.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team im wöchentlichen Wechsel. Unsere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten, Luisa Richter-Wolf und Lorenz Hahnheiser.
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