Von Luisa Richter
Für die Frühjahrskonferenz der Bundesfachschaft Landschaftsarchitektur war ich Ende April in Höxter. Neben der Sitzung bei der Hoschschulthemen diskutiert wurden, waren wir auf der Landesgartenschau. Als Kind fand ich Gartenschauen faszinierend. Viele Jahre habe ich mir mit jeder Wimper gewünscht alle Pflanzen würden gleichzeitig blühen. Das Blütenmeer der Gartenschauen kam diesem Wunsch sehr nah.
Heute sehe ich unsere Gartenschauen etwas kritischer. In der grundsätzlichen Idee von Landes- oder Bundesgartenschauen liegt zwar ein großes Potenzial: Die Lebensqualität durch qualitativ hochwertige Grünräume zu steigern und durch Förderung Gemeinden und Städten lebenswerte Freiräume zu schaffen, ist ein lobenswertes Ziel.
Gartenschauen ähneln sich
Bei der Umsetzung sehe ich jedoch einiges an Verbesserungspotenzial. Nicht nur, dass Veranstaltungen dieser Art von Werbung übersäht sind, auch die Qualität der Freiräume hinterlässt mich nachdenklich. Das Prestige, das mit dem Gewinn eines solchen Wettbewerbs für ein Landschaftsarchitekturbüro einhergeht, ist groß. Aber die Entwürfe sind austauschbar und gleichen sich oft. Gekrönt wird die Eintönigkeit des landschaftsarchitektonischen Entwurfes mit den Ideen der Schaugärten. Diese werden nicht durch den Wettbewerb entschieden, lassen aber Wünsche an Innovation oder Vorbildcharakter unerfüllt.
Die Frage nach der Nachhaltigkeit
Der Besuch einer Gartenschau ist geprägt durch einfache Holzkisten, die mit üppiger Wechselpflanzung, farblich sortiert bestückt ist. Familien mit Kindern erkunden von Spielplatz zu Spielplatz das Gebiet und baden zwischendurch im Blütenmeer. Senioren spazieren durch den Blütenrausch von Mustergärten, Grabbepflanzung oder künstlerisch fragwürdigen Kombinationen von Porzellan und Pflanzen. Sicher bringt eine Gartenschau der Region Tourismus, aber sollte sie sich nicht langfristigere Ziele setzen? Die Frage nach der Nachhaltigkeit der teuren, einjährigen Bepflanzung stellt sich bei genauer Betrachtung unweigerlich.
Gartenschauen als Umweltbildung für die breite Masse
Warum nutzen wir dieses Vermögen nicht, um nachhaltige Freiräume für die Anwohnenden der Städte zu schaffen? Könnten Gartenschauen nicht eine Art Labor für innovative Ideen der Landschaftsarchitektur und des Gartenbaues werden?
Warum gehen wir nicht auf gesellschaftsrelevante Themen, wie zum Beispiel mentale Gesundheit ein und schaffen Räume der Erholung und Heilung? Wären Gartenschauen nicht der optimale Ort für Umweltbildung der breiten Masse? In Zeiten, in denen Menschen Schottergärten als adäquate Gartengestaltung ansehen, müssen wir einen nachhaltigen, naturnahen Vorbildcharakter auf den Gartenschauen schaffen.
Auch das Einbeziehen der Bevölkerung, schon bevor der Wettbewerb entscheiden wird, ist dringend notwendig, um eine Akzeptanz für derartige Stadtentwicklungsprojekte zu schaffen. Wenn alltägliche Wege mit zwei Meter hohen Zäunen durchkreuzt werden und eine Querung nur noch mit einem Jahresticket möglich ist, dann schafft dies mehr Unmut als Freude über den neuen Grünraum.
Mit Forschung – und mehr Selbstbewusstsein
Wir sollten die Chance der Gartenschauen ergreifen, unsere Städte und Gemeinden nachhaltig, ökologisch aufwertend und innovativ umzugestalten und dies in Zusammenarbeit mit zukünftigen Nutzungsgruppen. Auch für das Einbeziehung von Forschungsprojekten stellen Gartenschauen eine optimale Bühne.
Ganz abgesehen davon, dass wir selbstbewusster dafür einstehen sollten, als Disziplin Landschaftsarchitektur im Prozess der Gartenschauen sichtbarer zu werden. Wir stellen uns einmal vor, ein vergleichbares Event würde in der Architektur stattfinden. Ich bin mir sicher, dass die planenden Architekturbüros im öffentlichen Diskurs mehr Aufmerksamkeit bekämen.
Wenn wir das Konzept der Gartenschauen zukunftsorientierter ausrichten, brauchen wir auch nicht auf das Blütenmeer verzichten, aber vielleicht legen wir weniger Rollrasen aus und sähen stattdessen artenreiche Wildblumenwiesen.
Luisa Richter absolvierte ihren Bachelor in der Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität Berlin und studiert dort nun im Master weiter. Sie engagiert sich in der Bundesfachschaft Landschaft.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Johanna Lentzkow und Lorenz Hahnheiser.