Von Fabian P. Dahinten
Im Laufe des Studiums hat wohl jede:r schon einmal mit dem Gedanken gespielt, sich selbstständig zu machen. Doch nur die Wenigsten setzen es im Anschluss an ihr Studium in die Tat um. Ein Grund dafür mag sein, dass die Hochschulen kaum Wissen bezüglich der Selbstständigkeit vermitteln. Der Weg dorthin ist aber sehr komplex: Man muss sich mit vieles Aspekten auseinandersetzen, die für die meisten angehenden Architek:innen allesamt Neuland sind.
Einige Themen habe ich schon in einigen früheren Kolumnen thematisiert, etwa die Kammermitgliedschaft, die Berufshaftpflichtversicherung oder die Unternehmensform. Doch es gibt noch viele weitere, teils sehr umfassende Themen, wie Steuern, teure Softwarelizenen – oder die ganz zentrale Frage: Wie akquiriert man selbstständig Auftraggeber:innen und Projekte?
Die Grundlage: Kammermitgliedschaft
Die meisten der folgenden Wege setzen immer eine Kammereintragung voraus. Dies kann die unmittelbar eigene Kammermitgliedschaft sein, oder man arbeitet in einem Team, in dem jemand schon vollwertig in der Kammer eingetragen ist. Auch etwas Berufserfahrung – während des Studiums oder in den zwei Jahren der praktischen Tätigkeit – hilft wirklich sehr, auf den möglichen Wegen zur Selbstständigkeit.
Weg 1: Wettbewerbe machen, um selbstständig zu werden
Nicht wirklich überraschend sind Wettbewerbe natürlich eine der bekanntesten Möglichkeiten an Aufträge oder Projekte heranzukommen. Da es auch viele studentische Architekturwettbewerbe gibt, ist hier eine Kammereintragung nicht immer notwendig. Gerade bei Realisierungswettbewerben (wenn der Entwurf dann also auch gebaut werden soll), benötigt man aber Referenzen um daran teilzunehmen. Die sind tatsächlich eine große Hürde für junge Gründer:innen. Zumal es sowieso wenige offene Realisierungswettbewerbe gibt und dann natürlich auch die Konkurrenz besonders groß ist. Dieser vermeintlich kurze Weg ist meiner Meinung nach für Anfänger eine oft zu hohe Hürde – da man ohne Referenzen gar nicht zum Zuge kommt.
Alternativ sind Arbeitsgemeinschaften (sogenannte ARGEs) sehr verbreitet. Dabei schließt sich ein erfahrenes Büro (mit meist geringen Zeitkapazitäten) und ein junges Büro mit mehr Zeit aber wenigen Referenzen zusammen. Hierfür benötigt man die passenden Kontakte: Dies können frühere Arbeitgeber:innen, Lehrende aus dem Studium oder natürlich befreundete Architekt:innen sein.
Weg 2: indirekte Aufträge von großen Architekturbüros
Wer sich in einem größeren Büro als zuverlässige:r Partner:in bewährt hat, bekommt früher oder später vielleicht Projekte von dort übertragen, selbstständig als eine Art Subunternehmer:in. Diese Möglichkeit tut sich meist dann auf, wenn das Büro bereits viele Aufträge bearbeitet und keine Kapazitäten für den neuen Auftrag hat. Man fungiert wie eine Art Satellit. Das Büro hat zwar noch viel Mitsprache, aber man lernt dadurch auch besonders viel. Das Ganze läuft dann auch unter dem Namen des großen Büros. Toll ist bei diesem Modell, dass man in einem geschützten Rahmen lernt, ein Projekt selbstständig zu managen.
Weg 3: selbstständig über direkte Aufträge großer Büros
Wenn große Architekturbüros für ein kleines Projekt angefragt werden – etwa ein Einfamilienhaus – ist es für sie nicht unbedingt wirtschaftlich, dieses zu übernehmen. Da kommen dann wieder junge Solo-Selbstständige ins Spiel, die mit dem Büro bereits gut zusammengearbeitet haben. Sie werden zu den Auftraggebern vermittelt und erhalten eine hervorragende Möglichkeit, unter dem eigenen Namen selbstständig zu arbeiten und erste Referenzen aufzubauen. In der Regel haben die großen Büros in solchen Fällen wenig Interesse mitzureden und überlassen dem Nachwuchs häufig das gesamte Projekt mit allen Entscheidungen und ziehen sich nach der Vermittlung zurück.
Das waren nun die ersten drei Wege, selbstständig zu werden. Vier weitere Möglichkeiten lest ihr im zweiten Teil. Schreibe uns gerne auf Instagram @DABonline.de wie du bisher an Projekte gekommen bist.
Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt startet nun ins Berufsleben und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.
Hier findet ihr alle Nachwuchs-Kolumnen von Fabian.
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Ich weiß beim besten Willen nicht, wie der Autor auf diesen Unsinn kommt. In puncto Wettbewerbe hat er zwar recht (und offene Wettbewerbe werden in D für Mega-Projekte, die ohnehin nur von Mega-Büros zu stemmen sind, vielleicht 1-2/Jahr durchgeführt) – hier gibt es einfach keinen freien marktwirtschaftlichen Wettbewerb (wie z. B. in CH oder AT) sondern Pfründesicherung. In anderen Branchen gäbe es längst Urteile aufgrund Wettbewerbsverzerrung. Nicht so bei den Architekten. Wen wundert da noch, dass D international baukulturell weit abgeschlagenes Entwicklungsgebiet ist?
Spätestens bei der Annahme jedoch, ein etabliertes Büro ließe sich auch nur einen Krumen Butter vom Brot nehmen, muss angenommen werden, dass er einfach nicht wissen kann, wovon er redet. (Ungeachtet dessen darf man selbstverständlich wie dargestellt in Knechtschaft für lau für die genannten Büros arbeiten.)
Wer das glauben will, soll weiterträumen und nach 2 Jahrzehnten schauen, was draus wurde. Alle anderen machen den Faktencheck vorher.