Die Videoinstallation „77SQM_9:26MIN“ der Londoner Gruppe sorgte auf der documenta 14 für Aufsehen. Elf Jahre nach dem NSU-Mord an Halit Yosgat versuchte „Forensic Architecture“ herauszufinden, ob Andreas Temme, ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, entgegen seiner Aussagen nicht doch Zeuge des Verbrechens war. Dafür hat das 2011 von dem israelischen Architekten Eyal Weizman gegründete interdisziplinäre Recherche- und Kunstkollektiv den Tatort, ein Internetcafé, anhand zugespielter Akten und eines Polizeivideos minutiös rekonstruiert.
Die Simulation stellt den Tathergang grafisch und mit Schauspielern nach. Im Sinne von Joseph Beuys’ Begriff der „Sozialen Plastik“ ziele der Film auf eine nachhaltige Veränderung der Gesellschaft, so die Aussteller. Die Richter im Münchner NSU-Prozess haben sich den von „Forensic Architecture“ auf Basis der räumlichen und akustischen Gegebenheiten gezogenen Schlussfolgerungen nicht angeschlossen.
Das für den diesjährigen Turner Prize nominierte Video ist noch bis einschließlich Sonntag, 11. November, im Rahmen des Festivals „Politik im Freien Theater“ im Haus der Kunst in München zu sehen. In einem Vortrag am 10. November um 19 Uhr stellt Eyal Weizman in einem Vortrag die Arbeit seines Teams vor, in dem Architekten, Filmemacher, Kulissenbauer, Wissenschaftler und Journalisten mithilfe verschiedener Visualisierungstechniken politische Konflikte und Verbrechen analysieren.
Informationen über „Forensic Architecture“ und weitere Arbeiten, die sich in München mit dem NSU-Komplex beschäftigen, sowie zum kompletten Programm des noch bis 11. November dauernden Theaterfestivals finden Sie hier.
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