Von Heiko Haberle, aktualisiert 07.2021
Die Baufluencer auf der bautec
Die meisten und reichweitenstärksten Blogger, Youtuber und Instagramer im Baubereich sind professionelle Handwerker oder weitgehend professionalisierte Laien, die mit Tutorials vor allem die privaten Häuslebauer oder interessierte DIY-Heimwerker erreichen. Das haben natürlich auch Hersteller als Chance entdeckt, sodass die Resonanz auf die erstmals von der Baupresse-Agentur Brandrevier organisierte Baufluencer-Forum im Rahmen der Messe bautec am 19. Februar 2020 in Berlin äußerst positiv war.
Matching von Influencern und Industrie
Die gezielt angesprochenen und eingeladenen Baufluencerinnen und Baufluencer empfingen zuerst die (für die Teilnahme zahlende) Industrie an ihrem Tisch – später nahm man umgekehrt Platz. Ein bisschen mehr Speed hätte bei diesem Speed-Dating aber durchaus gutgetan, denn einige Gespräche schienen doch sehr ausführlich zu geraten – vermutlich ein gutes Zeichen. Naheliegend, dass viele Hersteller junge Herren und Damen aus ihren Marketingabteilungen entsandt hatten, sodass auf angenehme Weise nicht sofort ersichtlich war, wer wer ist und wer hier auf wen „lauert“.
Architektur zieht als bildstarkes Thema
Besonders großes Interesse war dann übrigens an den Tischen der architekturbezogenen „Influencer“. Gerade bei einem so visuellen Thema wie Architektur schien der Gesprächsbedarf besonders groß – obwohl oder weil besonders bei den eher künstlerisch oder feuilletonistisch orientierten Angeboten eventuelle Kooperationen mit Herstellern ungleich geschickter eingebunden werden müssen, als es sich bei den nah am Produkt liegenden Handwerksthemen anbietet. Insofern war für viele Teilnehmer das Motto des Tages vielleicht auch: erstmal beschnuppern.
Influencer 1: lerichti – Philipp Heer
Wer? Philipp Heer, alias lerichti, ist nebenberuflicher Influencer und Fotograf aus Zürich.
Was gibt’s zu sehen oder zu lesen? Professionelle Architekturfotos von Neubauten, bekannten Klassikern und weniger bekannten Schätzen. Auch Innenaufnahmen, die viel Planung erfordern (Fotogenehmigungen, Zugangsberechtigungen). Dazu Angaben zu Gebäude und Architekten.
Interessant für? … alle, die Architektur lieben und danach ihre Reisen planen würden.
Wo? Instagram (125.000 Abonnenten)
Influencer 2: the link – Jan Dimog und Hendrik Bohle
Wer? Jan Dimog und Hendrik Bohle sind Journalisten und Autoren, teils mit Architekturhintergrund (Hendrik Bohle) aus Berlin. Architektur-Influencer zu sein ist Teil ihres Hauptberufs.
Was gibt’s zu sehen oder zu lesen? Deutschsprachiges „Digitalmagazin über Baukultur“. Berichte mit eher journalistischem oder persönlichem als baufachlichem Blick: also angenehm wenig typische Architektensprache; bebildert mit hervorragenden, meist eigenen Fotos. Schwerpunkte: Reisen, Bücher, unbekannte architektonische Fundstücke, nicht nur Postkartenmotive
Interessant für? … alle Kultur- und Architekturinteressierte mit weitem Horizont, nicht nur vom Fach.
Wo? Website thelink.berlin, flankiert von verschiedenen Social-Media-Kanälen (28.600 Abonnenten, Kanäle addiert)
Influencerin 3: kontextur – Katharina Benjamin
Wer? Katharina Benjamin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Architektur in Dresden. Influencerin ist sie nebenberuflich.
Was gibt’s zu sehen oder zu lesen? Sehr „architektige“ Projektvorstellungen mit Zeichnungen, Renderings, Modellfotos und professionellen Architekturfotos. Außerdem: begleitende Website mit vertiefenden Interviews auf Englisch. Dabei stehen die Aussagen der Architekturbüros im Vordergrund, insofern viele typische Architekteninhalte in entsprechender Sprachlichkeit.
Interessant für? … Architekturstudierende und Architekten aus Leidenschaft und Überzeugung (als Abonnenten). Junge und kleine Architekturbüros oder Verlage (als Bereitsteller von Abbildungen) ohne klassische Pressearbeit, die wegen der großen Anzahl internationaler Abonnenten schnell bekannt werden können.
Wo? Instagram (77.400 Abonnenten), flankiert von Website kontextur.info
Influencer 4: le_blanc – Sebastian Weiss
Wer? Sebastian Weiss ist Profi-Fotograf aus Hamburg. Architektur-Influencer zu sein ist Teil des Hauptberufs.
Was gibt’s zu sehen oder zu lesen? Erstklassige und sehr ästhetische Architekturfotos mit künstlerischem Blick. Überraschende Details und neue Perspektiven auf zumindest bei Experten überwiegend bekannte Bauwerke. Überwiegend Außenaufnahmen. Dazu kurze Statements zum Gebäude.
Interessant für? … alle Schöngeister, die Architektur zum Träumen bringt.
Wo? Instagram (241.000 Abonnenten)
Influencer 5: Eric Sturm
Wer? Eric Sturm ist Webdesigner, Blogger, Fachjournalist, Social-Media- und PR-Berater aus Berlin. Influencer zu sein ist also Teil des Hauptberufs.
Was gibt’s zu sehen oder zu lesen? Tagesaktuelle Social-Media-Mitteilungen über Veranstaltungen, Bauwerke oder Pressebeiträge. Außerdem Websites mit unterschiedlichem Fokus: Architekturmeldungen, Architekturvideos oder Internet für Architekten.
Interessant für? … alle vom Fach, die informiert bleiben wollen und Architekturbüros, die Beratung in Sachen PR, Web und Social Media benötigen.
Wo? Twitter, Websites (14.600 Abonnenten, Kanäle addiert)
Influencer 6: chollewa – Oliver Matziol
Wer? Oliver Matziol ist Architekt und Bauleiter aus Hannover. Fotograf und Architektur-Influencer ist er nebenberuflich.
Was gibt’s zu sehen oder zu lesen? Professionelle Architekturfotos mit eher fachlichem Blick, darunter Innen- und Außenaufnahmen von mehr oder weniger bekannten Gebäuden. Mehr Hintergrundinformationen als anderswo auf Instagram: z.B. Architekten, Bauherren, Baujahr, Ausmaße, Nutzung, Bauweise, konstruktive Besonderheiten.
Interessant für? … fachfremde Architekturliebhaber ebenso wie Experten, die zum Bild gerne noch ein Häppchen lesen.
Wo? Instagram (27.300 Abonnenten)
Influencer 7, unser Geheimtipp: baubezogenekunstddr – Martin Maleschka
(kein Teilnehmer der Baufluencer-Veranstaltung)
Wer? Martin Maleschka ist sich professionalisierender Hobby-Fotograf und -Bauforscher mit Architekturhintergrund aus Cottbus. Als Influencer wird sein Hobby zunehmend zum Beruf
Was gibt’s zu sehen oder zu lesen? Alles andere als Hochglanz: beeindruckende eigene Fotos von Architektur, die meist ihre besten Tage hinter sich hat und von den meisten links liegen gelassen wird: Leerstand, Nachkriegsmoderne, Alltagsbauten. Mit dem aus der eigenen Biografie entwickelten Fokus auf Kunst am Bau der ehemaligen DDR hat sich Martin Maleschka ein eigenes Feld erschlossen und ist zum nachgefragten Experten auf diesem Gebiet geworden.
Interessant für? … (Ost-)Moderne-Liebhaber, Kunstbegeisterte, Kunstwissenschaftler und alle mit einer gewissen Ader für morbiden Charme.
Wo? Instagram (7.300 Abonnenten) und in Buchform mit dem Architekturführer Baubezogene Kunst der DDR und dem Architekturführer Eisenhüttenstadt
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Hallo und ganz lieben Dank, dass ihr euch dem Thema Baufluencer angenommen habt. Architektur ist sicherlich genauso spannend wie der Bereich Beauty oder Food und somit gerade im Bereich Influencer durchaus einen Blick wert. Aber sagt mal: Warum habt ihr euch aus den anwesenden Architekten nicht auch die letzten zwei gegriffen?
Archimag.de als Blog rund um das Thema Architektur flankiert durch Twitter und Instagram mit insgesamt über 39.000 Abonnenten wäre sicherlich, genauso Anett Rings Architektur-studieren, einen Blick wert gewesen.
Dennoch schön dass es diesen Artikel gibt und ganz liebe Grüße von dem vergessenen Baufluencer Sebastian Lauff von Archimag.de
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen