Volles Haus in der Kongresshalle am Berliner Alexanderplatz (Klicken für mehr Bilder)
Als „soziokulturelles Abenteuer“ beschrieb Maja Göpel zu Beginn des Deutschen Architekt*innentags (DAT23) das bestimmende Thema. „Transformation – Räume stärken“ lautete der Titel am 29. September in Berlin. Über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten sich aus und diskutierten über die Zukunft ihres Berufsstandes sowie die sozial-ökologische Rolle des Bauwesens.
Maja Göpel, als Forscherin an der Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft tätig, brachte auf den Punkt, was die aktuellen Herausforderungen der Architektenschaft mit den derzeit akuten globalen Themen verbindet: Der sich verschärfende Klimawandel sowie wachsende Umwelt- und Ressourcenkrisen verlangen eine umfassende Transformation des gesamten Bausektors.
So kann kluges Transformationsdesign aussehen
Alte Wachstumsvorstellungen sind fragwürdig geworden. Was auf unserem Planeten ohnehin noch nie gewachsen ist, sind die vorhandenen Quadratmeter. Kluges Transformationsdesign, so Maja Göpel, begegne dem mit einer Multigewinnstrategie: „Räume und Infrastrukturen werden so geplant, dass mehrere Nutzungsbedürfnisse auf einmal bedient werden können – zum Beispiel Wohnraum, Umweltschutz, Energieversorgung, Arbeiten oder Nahrungsmittelproduktion.“
Was zu tun ist, liegt meistenteils auf der Hand. Aber warum ist es so schwierig, zu konkreten Ergebnissen zu kommen – vor allem im Großen? Um hier deutlich voranzukommen, ist zwischen Planung und Politik, Auftraggebern und Wissenschaft eine verstärkte inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit geboten.
Es braucht auch Freiheiten
Neben Austausch, Überzeugungsarbeit und Absprachen sind dabei auch Freiheiten vonnöten. Einen Weg in diese Richtung weist etwa der „Gebäudetyp-e“, mit dem man in Deutschland künftig experimenteller und einfacher bauen könnte. Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesbauministerium, bezeichnete die weitreichende Debatte über den neuen Gebäudetyp auf dem DAT 23 als „Erfolg der Architektenkammern“.
Robert Habeck betonte anschließend, dass er als Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz „beim Umbau unseres hochindustrialisierten Landes unter Volllast“ auf die Architektenschaft setze. Dieser Berufsstand sei bestens qualifiziert, um bei der anstehenden gesellschaftlichen Transformation eine zentrale Rolle zu spielen, wie der Ingenieur und Architekt Werner Sobek anmerkte: Interdisziplinäres Denken sei eine Kernkompetenz von Architektinnen und Architekten.
Fokussierte Debatten
Ins Detail ging es in sieben Themenblöcken, denen sich 14 Panels widmeten:
- Stadt-Land-Kontinuum und Bestand befasste sich mit zukunftsfähiger Stadt- und Regionalplanung sowie der neuen Umbauordnung und -kultur, um die Potenziale des Bestandes optimal zu nutzen.
- Boden und Nutzung widmete sich dem öffentlichen Raum, der Verteilungsfrage des Bodens sowie zukunftsfähigen Entwicklungen im Wohnungsbau.
- Digital und International spannte den Bogen von der Umstellung analoger Vorgänge, KI und Robotisierung bis zum gemeinschaftlichen Umgang in der Transformation auf globaler Ebene.
- Nachwuchs und Leadership betrachtete das Themenfeld vom Einstieg in den Markt für junge Büros sowie Chancengleichheit und Führungsfragen.
- Baustoffe und Technik fokussierte sich auf die wichtigsten Materialien und deren Einfluss auf die Bauwende bis zur Rolle und Notwendigkeit komplexer Technik im und am Gebäude.
- Kreislaufwirtschaft blickte auf die Bedingungen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft hin zu einer neuen Architektur-Ästhetik durch den Einsatz gebrauchter Materialien.
- Austausch, Wert und Haltung bewegte sich von der Organisation inter- und transdisziplinärer Zusammenarbeit bis zur Anpassung und Deregulierung der HOAI, um den Wert der Planung bestimmen zu können.
So kann Mut aussehen
Die Architekten Christoph Ingenhoven und Francis Kéré zeigten anhand bereits realisierter Projekte auf, wie man Qualität des Gebauten auch durch Haltung prägt. Francis Kéré baut mit „Mut zum Wagnis“ Häuser vor allem aus Lehm und Holz, unter anderem in den USA und in Deutschland; auch unter klimatisch und ökonomisch schwierigen Bedingungen, etwa Schulen und ein Krankenhaus in Burkina Faso.
Hightech und Nachhaltigkeit verbindet wiederum Christoph Ingenhoven miteinander. Begrünte Gebäude im urbanen Raum, öffentlicher Raum in einem Bürohochhaus, Freiflächen in einem hochverdichteten Quartier: Niemand habe bei der Vergabe vorgegeben, so etwas mit einzuplanen. Sein Credo für die Entwürfe kommender Projekte: „Seid mutig!“
Startsignal auf dem DAT 23
Zu welch erfreulichen Ergebnissen man auf kommunaler Ebene mit innovativen Methoden kommen kann, zeigte Camilla van Deurs auf. Die Stadtarchitektin für Klimaschutz der Stadt Kopenhagen erläuterte, welche Schritte die dänische Hauptstadt seit Jahrzehnten geht, um sich zu einer klimaneutralen und lebenswerten Stadt weiterzuentwickeln.
Der DAT 23 hat gezeigt, dass man sich weitgehend darüber einig ist, wohin es künftig gehen soll und welche Instrumente dafür in welcher Weise genutzt werden können. „Jetzt heißt es, dieses Wissen konkret im Großen wie im Kleinen umzusetzen“, wie BAK-Präsidentin Andrea Gebhard zum Schluss betonte. „Machen, machen, machen. Darum geht es!“
Die Abschlussbotschaften des DAT 23
Wirkungsvolles Handeln verstetigen. Jetzt.
- Verantwortung für die Welt von morgen übernehmen
- Gebäudebestand priorisieren
- Innovation ermöglichen
- Aus- und Weiterbildung vertiefen
- Disziplinübergreifende Zusammenarbeit stärken
- Fordern und fördern
- Politische Zyklen überwinden
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