Von Matthias Pfeifer, Martin Kraushaar, Simon Adenauer
Die Planungsprozesse der Architektinnen und Architekten aller Fachrichtungen, der Ingenieurinnen und Ingenieure erfolgen schon seit langem überwiegend in digitaler Form. Ein bedeutsamer Medienbruch findet auch im Jahr 2021 zum großen Teil immer noch mit der Einreichung des Bauantrags bei den Bauaufsichtsbehörden statt.
Zwar bieten einige Kommunen bereits seit einigen Jahren die Möglichkeit der digitalen Bauantragsstellung an, richtig Fahrt aufgenommen hat das Thema allerdings erst im letzten Jahr mit dem bereits spürbaren Druck, Verwaltungsleistungen entsprechend des Onlinezugangsgesetzes (OZG) bis Ende 2022 umzustellen. Dieses Gesetz wirft die Frage auf, wie die Rolle der Architekten und Ingenieurinnen bei der digitalen Transformation kommunaler Dienstleistungen in digitale Prozessbeschreibungen zu übernehmen ist.
Einige Bundesländer bei digitaler Baugenehmigung vorgeprescht
Der Bund hat dem Land Mecklenburg-Vorpommern die Federführung zur Entwicklung einer digitalen Lösung übertragen, die dann von allen Ländern kostenfrei übernommen werden kann. Ungeachtet dessen befinden sich aber in verschiedenen Bundesländern eigene Lösungen in Arbeit. So wurden beispielsweise in Nordrhein-Westfalen mit dem Bauportal.NRW, in Hessen oder Bayern auch in großen Flächenländern die Entwicklungen vorangetrieben.
Rolle von Architekten und Ingenieuren bei der digitalen Baugenehmigung
Doch welche Rolle spielen die Architektinnen und Ingenieure denn nun in der digitalen Transformation? Und wie können Sie in diesem Prozess – ihren berufs- und bauordnungsrechtlich geregelten Aufgaben entsprechend – mit digitalen Rollen und Rechten versehen werden? Um diese Fragen zu beantworten, zu beraten und eine Haltung zu entwickeln, gründete die Bundesarchitektenkammer im Jahr 2019 die Steuerungsgruppe „Digitalisierung“ unter Leitung des Vizepräsidenten Martin Müller. Hier entstand die Idee, dass einzelne Länderkammern sich federführend einzelner Bereiche der komplexen Thematik „Digitalisierung“ annehmen und gemeinsam mit weiteren Länderkammern nach vorne bringen.
Digitale Themen bei den Architektenkammern
So ist beispielsweise die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen bundesweit verantwortlich für das Thema „Digitaler Bauantrag“ (Vorsitz: Matthias Pfeifer) und die Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen für das Thema „Kammerseitige Datenbank“ (Vorsitz: Dr. Martin Kraushaar). Aufgrund der thematischen Nähe tagen die Arbeitsgruppen derzeit gemeinsam. Früh war klar, dass der digitale Bauantrag in gleicher Weise Ingenieurinnen und Ingenieure betrifft, daher wurden die Überlegungen gemeinsam mit der Bundesingenieurkammer und den Länderingenieurkammern entwickelt.
Bauvorlageberechtigung muss auch digital geprüft werden
Als ein Ergebnis der Arbeit ist der Referenzprozess aus Sicht des Entwurfsverfassers im digitalen Bauantragsverfahren sowohl in einer grafischen, wie auch textlichen Darstellung entstanden. Dieser beschreibt idealtypisch die Einbindung der Entwurfsverfassenden. Ein entscheidender Aspekt ist hierbei die Transformation der Prüfung der Bauvorlageberechtigung in das digitale Zeitalter.
Dieser Abgleich der Bauvorlageberechtigung ist aus Sicht der Kammern unabdingbar. Die Bauvorlageberechtigung bewirkt, um es mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts zu sagen, „im öffentlichen Interesse etwas…, was sich durch die Bauaufsicht nicht erreichen lässt, nämlich eine allgemeine Verbesserung der baulichen Qualität im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, rationelle Gestaltung und Funktionsfähigkeit der Gebäude, nicht zuletzt aber auch im Hinblick auf die Baukultur.“ (BVerfGE 68, 272-287).
di.BAStAI: digitale Auskunftstelle zur Bauvorlageberechtigung
Vor diesem Hintergrund haben die Architektenkammern gemeinsam mit den Ingenieurkammern eine bundesweite digitale Auskunftsstelle der Architekten- und Ingenieurkammern (di.BAStAI) zur Erleichterung der Prüfung der Bauvorlageberechtigung im digitalen Verfahren entwickelt. Mit Unterzeichnung zur Gründung durch die Präsidenten und Geschäftsführer der Länderkammern Ende Februar 2021 wurde auch das entsprechende politische Signal gesetzt.
Abgleich in XBau-Standard integriert
Nicht nur aus Sicht der Kammern bietet die Bereitstellung einer Auskunftsstelle Vorteile. Es wird auch den Bauaufsichtsbehörden die Möglichkeit gegeben, auf einfachem Weg Rechtssicherheit darüber zu erlangen, ob die einreichenden Entwurfsverfasser geeignet sind, weil sie aufgrund der Eintragung in ein Berufsverzeichnis oder eine Liste der Ingenieurkammern als bauvorlageberechtigt gelten. Des Weiteren ist es sinnvoll, die Bauvorlageberechtigung sowie perspektivisch auch Nachweis- und Prüfberechtigungen zu weiteren Zeitpunkten im Verfahren zu prüfen. So wurde auch auf Bundesebene die Relevanz erkannt und der Abgleich mit der digitalen Auskunftsstelle seit Dezember 2020 in den XBau-Standard integriert. Dieser ist künftig für alle Fachsoftwareprodukte zur Abwicklung von digitalen Fachverfahren der Bauaufsichtsbehörden verpflichtend.
Referenzprozess zur Baugenehmigung transparent und dokumentiert
Im Weiteren befasst sich der Referenzprozess aus Sicht des Entwurfsverfassers auch mit formalen und rechtlichen Aspekten. So erscheint eine Freigabe der Unterlagen zur Einreichung des Bauantrags durch die Bauherrenschaft sowie durch den Entwurfsverfasser sinnvoll. Ebenso begrüßenswert ist die Transparenz des gesamten Verfahrens. Insofern fordert der Referenzprozess den Einblick in wichtige Verfahrensstände durch alle direkt am Verfahren Beteiligten. Neben den allgemeinen Forderungen sind hier auch detailliertere, aber nicht minder wichtige Aspekte, wie durchdachte Dateibenennungen oder Dokumentationspflichten zu finden.
Kammern als Ansprechpartner für Politik und Wirtschaft
Um insgesamt eine nicht zu differente Entwicklung und für alle zu komplexe Gemengelage zu erzeugen, verstehen sich die Kammern als Ansprechpartner für Ministerien, Softwareunternehmen und allen an der Umsetzung von digitalen Bauantragsverfahren Beteiligten. Eine Zersplitterung von Interessen erscheint in diesem Zusammenhang wenig zielführend. Gemeinsames Ziel sollte die Verbesserung der Rechtssicherheit, die Erleichterung und Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens durch die Digitalisierung auf einheitlicher Basis in der gesamten Bundesrepublik sein.
Der ausführliche Referenzprozess aus Sicht der Entwurfsverfasser mit grafischer Darstellung ist auf der Website der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen zu finden.
In einem Interview berichten Matthias Pfeifer und Martin Kraushaar mehr über das neue Tool di.BAStAI zur digitalen Prüfung der Bauvorlageberechtigung. Einen Beitrag von 2020 zum Thema digitaler Bauantrag, der weitere Hintergründe darstellt, finden Sie ebenfalls auf DABonline.de
Matthias Pfeifer ist Geschäftsführender Gesellschafter bei RKW Architektur + und in seiner ehrenamtlichen Funktion bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen Berichterstatter der Ad-hoc Arbeitsgruppe „Digitaler Bauantrag“ der Bundesarchitektenkammer.
Dr. Martin Kraushaar ist Hauptgeschäftsführer der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen und Berichterstatter der Ad-hoc Arbeitsgruppe „Kammerseitige Datenbankstruktur mit Schlüsselstelle zu Bauaufsichtsbehörden“ der Bundesarchitektenkammer.
Simon Adenauer ist Referent für Digitalisierung bei der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
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