Bundesarchitektenkammer, Stand 13. November 2020
- Warum gibt es eine neue HOAI?
- Was ist das ArchLG und warum ist das auf einmal so wichtig?
- Hätte der Gesetzgeber statt der HOAI-Änderung auch exklusive Vorbehaltsaufgaben für Architekten einführen können, um die Mindestsätze zu retten?
- Es ist häufig zu lesen, dass die HOAI-Novelle „minimalinvasiv“ ist. Was bedeutet das?
- Hätte die Bundesregierung auch die HOAI abschaffen dürfen?
- Gibt es jetzt keine Mindest- und Höchstsätze mehr in der neuen HOAI?
- Im ArchLG und im Begründungstext zur HOAI gibt es nun einen Angemessenheitsbezug. Was heißt das?
- Entsprechen „angemessene Honorare“ einem verbindlichen Mindestsatz?
- Was passiert, wenn sich die Parteien nicht auf die Höhe eines Honorars geeinigt haben?
- Gibt es neue Aufklärungs- und Informationspflichten?
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1. Warum gibt es eine neue HOAI?
Anlass und Grund für die neue HOAI war die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019 (C-377/17), dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze gegen das Europarecht verstößt. Mit dieser Feststellung war nun die Bundesregierung verpflichtet, binnen rund eines Jahres die Europarechtswidrigkeit in der HOAI zu beseitigen. Dafür mussten das Ingenieur- und Architektenleistungsgesetz (ArchLG) und die HOAI geändert werden.
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2. Was ist das ArchLG und warum ist das auf einmal so wichtig?
Das Ingenieur- und Architektenleistungsgesetz (ArchLG) ist ein Gesetz, die HOAI ist „nur“ eine Rechtsverordnung. Man benötigt aber ein Gesetz, um überhaupt Rechtsverordnungen erlassen zu dürfen. Dies nennt man Ermächtigungsgrundlage: Das ArchLG ist also die Ermächtigungsgrundlage für die HOAI und musste zunächst geändert werden, um dann im zweiten Schritt die notwendigen Anpassungen in der HOAI vornehmen zu können.
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3. Hätte der Gesetzgeber statt der HOAI-Änderung auch exklusive Vorbehaltsaufgaben für Architekten einführen können, um die Mindestsätze zu retten?
Der EuGH hat die Europarechtswidrigkeit mit einer sogenannten Inkohärenz begründet. Laienhaft mag man dies mit Widersprüchlichkeit übersetzen. Die besteht im Folgenden: Aus Sicht der Bundesregierung und der Architekten bedurfte es der Verbindlichkeit der Mindestsätze wegen des Verbraucherschutzes, der Qualität und der Baukultur. Der EuGH hielt diese Grundannahme für nachvollziehbar und hatte dagegen keine Einwände und hat sogar ausdrücklich ausgeführt, dass Mindestsätze in einem Markt mit vielen Anbietern ein geeignetes Instrument sein könnten.
Aber, so fragt dann der EuGH weiter: Wo bleiben Verbraucherschutz, Qualität und Baukultur bei der Leistungserbringung? Warum darf denn jeder in Deutschland planen? Denn: Es gibt – jenseits der Tätigkeiten, für die es die Bauvorlageberechtigung braucht – keine Vorbehaltsaufgaben für Architekten. Und selbst die Bauvorlagenberechtigung ist in vielen Bundesländern durch die sogenannte „kleine Bauvorlagenberechtigung“, die durchaus umfängliche Bauaufgaben umfassen kann, auf andere Berufsgruppen ausgeweitet, die nicht die Qualifikation von Architekten und Stadtplanern haben.
Der erste Gedanke in der Architektenschaft war natürlich: Dann werden Vorbehaltsaufgaben ins Gesetz aufgenommen, um die Widersprüchlichkeit aufzulösen. Jedoch:
- a) Der EuGH hat nicht gesagt, dass Mindestsätze erlaubt sind, wenn es Vorbehaltsaufgaben gibt. Er bricht nämlich vorher seine Prüfung ab. Durchaus vertreten manche Juristen die Auffassung, dass auch bei Vorbehaltsaufgaben keine verbindlichen Mindestsätze möglich und erlaubt wären.
- b) Die zuständigen Bundesministerien haben erkennen lassen, dass sie europarechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken haben, Vorbehaltsaufgaben für Architekten einzuführen.
- c) Schon rein formal betrachtet wären Vorbehaltsaufgaben nicht in einem Jahr im deutschen Recht umsetzbar, denn es ist unter Juristen umstritten, ob dafür Änderungen des Bundesrechts und/oder des jeweiligen Landesrechts notwendig sind. Zudem möchte sich der Berufsstand erst einmal selbst Klarheit verschaffen, welche Aufgaben überhaupt Vorbehaltsaufgaben sein sollten.
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4. Es ist häufig zu lesen, dass die HOAI-Novelle „minimalinvasiv“ ist. Was bedeutet das?
Minimalinvasiv heißt, dass grundsätzlich nur das geändert wird, was (vermeintlich) europarechtswidrig ist. Für eine größere Reform, die unter anderem die Leistungsbilder und Honorartafeln umfassen müsste, fehlte aufgrund der europarechtlichen Vorgaben die Zeit.
Eine solche Reform wird aber von der BAK und den Landesarchitektenkammern angemahnt und nach sieben Jahren für dringend notwendig gehalten.
Auch ist das Thema der Vorbehaltsaufgaben damit nicht vom Tisch und wird weiter als langfristiges Ziel verfolgt.
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5. Hätte die Bundesregierung auch die HOAI abschaffen dürfen?
Ja, dies wäre möglich gewesen. Die Bundesregierung hätte auch radikal vorgehen und die HOAI komplett abschaffen können.
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6. Gibt es jetzt keine Mindest- und Höchstsätze mehr in der neuen HOAI?
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7. Im ArchLG und im Begründungstext zur HOAI gibt es nun einen Angemessenheitsbezug. Was heißt das?
Beide Parteien dürften grundsätzlich auch Honorare unterhalb und oberhalb des Honorarkorridors der HOAI vereinbaren. Aber die Honorare, die innerhalb der HOAI-Honorarspannen liegen, sind diejenigen, die der Gesetzgeber in jedem Fall als angemessen ansieht. Damit soll es einen Ansatzpunkt geben, dass kein ruinöser Preiswettbewerb stattfindet.
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8. Entsprechen „angemessene Honorare“ einem verbindlichen Mindestsatz?
Nein, ein verbindlicher Mindestsatz ist europarechtswidrig und darf auch nicht „durch die Hintertür“ eingeführt werden. Die Angemessenheit ist kein neuer verbindlicher Mindestsatz.
Die Honorartafeln der HOAI stellen eine Empfehlung des Gesetzgebers und eine Orientierungshilfe zur Ermittlung angemessener Honorare dar. Unangemessene Honorare sind aber nicht per se verboten, solange sie nicht wucherhaft oder sittenwidrig sind. Doch sollte sich jeder Bauherr und jeder Architekt Gedanken machen, ob es sinnvoll ist, unangemessen niedrige Honorare zu vereinbaren.
Wer den sicheren Weg gehen will, vereinbart angemessene Honorare und die finden sich unstrittig in der HOAI. Gerade öffentlichen Auftraggeber sollten vermeiden, ihre Marktmacht zur Vereinbarung unangemessen niedriger und unter Umständen unauskömmlicher Honorare einzusetzen.
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9. Was passiert, wenn sich die Parteien nicht auf die Höhe eines Honorars geeinigt haben?
Auch die neue HOAI hat dafür eine Lösung: Sofern keine oder keine wirksame Vereinbarung über die Höhe getroffen wurde (und zwar in Textform), gilt für die Grundleistungen der Basishonorarsatz als vereinbart.
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10. Gibt es neue Aufklärungs- und Informationspflichten?
Ja, der Verordnungsgeber führte nun in die neue HOAI ein, dass der Architekt seinen Auftraggeber vor Vertragsschluss in Textform darauf hinweisen muss, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als die in den Honorartafeln erzielten Werte vereinbart werden kann. Diese Regelung gilt nur gegenüber Verbrauchern, also nicht gegenüber Unternehmen. Unterbleibt der Hinweis, so gilt der Basishonorarsatz als vereinbart, aber nur sofern das vereinbarte Honorar darüber gelegen hat. Ein ohne Verbraucherhinweis vereinbartes niedrigeres Honorar bleibt hingegen unverändert. Auch dies spricht dafür, oberhalb der früheren Mindestsätze zu bleiben.
Einen ausführlicheren Überblick über die wesentlichen Regelungen und Änderungen der HOAI 2021 inklusive Praxistipps finden Sie ebenfalls bei uns.
Die Bundesarchitektenkammer übernimmt keine Haftung und Gewähr für die Angaben und die unter den Links aufgeführten Angaben. Verfasser der FAQ: Dr. Eric Zimmermann, Architektenkammer Baden-Württemberg, und Dr. Florian Hartmann, Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
Mehr lesen Sie auch in unserer Artikelsammlung zur HOAI auf DABonline sowie auf der Website der Bundesarchitektenkammer.
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