In seiner letzten Kolumne hat sich Lorenz Hahnheiser mit der Musterbauordnung befasst. Für diese hatte die Bundesarchitektenkammer (BAK) eine Änderung vorgeschlagen, die man auch als Umbauordnung bezeichnen könnte. Der Entwurf macht sich für den Erhalt und die Weiterentwicklung des Bestands stark, um den Ressourcenverbrauch und den CO2-Ausstoß durchs Bauen zu reduzieren.
Im Studium haben wir uns in genau einer Vorlesung mit dem Baurecht befasst. Auch wenn der Professor wirklich motiviert über die verschiedensten Paragrafen und Formulierungen philosophiert hat – mein Gehirn schaltet einfach ab, wenn ich mir Gesetzestexte durchlese. Aber weil es beim BAK-Entwurf zur Musterbauordnung ums Ganze geht, habe ich mir die Forderungen angeschaut, die sich mit der Landschaftsarchitektur beschäftigen.
Neue Erkenntnis? Bäume brauchen Wasser und Boden
Im Änderungsvorschlag der BAK betrifft §8 der Musterbauordnung die Landschaftsarchitektur. Hier werden nicht überbaute Flächen, Bauwerksbegrünung und Spielplätze behandelt: Diese seien „dauerhaft zu unterhalten“. Ein paar Zeilen danach heißt es, „ausreichend durchwurzelbarer Boden“ und „wasserspeichernde Einrichtungen sind regelhaft herzustellen“. Wie kann es sein, dass wir dies im Jahr 2023 noch fordern müssen?! Warum ist es nicht schon längst gesetzlich vorgeschrieben, Grünanlagen und Freiflächen dauerhaft zu unterhalten?!
Ein Blick durch mein Berliner Umfeld zeigt mir, dass dies definitiv nicht gemacht wird. Aber wir wissen doch nicht erst seit gestern, dass Bäume wachsen, Pflanzen gewässert werden müssen und Staudenpflanzungen mindestens einmal im Jahr – besser öfter – gepflegt werden müssen. Und wenn wir aktuell noch auf einem Stand sind, wo wir ausreichenden Wurzelraum und regelhafte Ausführung einfordern müssen, dann wundere ich mich nicht, warum unsere Städte im Sommer unerträglich heiß sind und bei Regen überschwemmt werden.
Qualifizierter Freiflächenplan in die Bauordnungen
Die BAK fordert in ihrem Änderungsvorschlag außerdem, einen qualifizierten Freiflächenplan in die Bauordnung zu übernehmen. Zuvor hatte der Bund deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) mit Blick auf die Klimakrise einen solchen qualifizierten Freiflächengestaltungsplan erstellt. Der bdla fordert darin unter anderem, Landschaftsarchitektur von Anfang an mit einzubeziehen, um Konflikte früh zu erkennen und dadurch günstiger und schneller Planen zu können.
Daraus folgt laut bdla, dass eine gemeinsame Planung von Architektur und Landschaftsarchitektur effizienter ist, die Freiraum- und Gestaltungsqualität dadurch steigt und damit die Umwelt- und Lebensqualität. Nebenbei würde damit ein wirksamer Beitrag zur Klimafolgenanpassung und Förderung des Artenschutzes und der Biodiversität geleistet. Mein erster Gedanke war: „Machen wir das nicht schon längst so?“ Offensichtlich nicht.
Die Musterbauordnung ist ein wichtiger Schritt
Kopfschüttelnd, dass wir solche Selbstverständlichkeiten nicht schon längst gesetzlich festgehalten haben, hinterlässt mich dies mit nur einem positiven Gedanken: Wenigstens sind wir jetzt auf einem guten Weg, arbeiten nun schnellstmöglich an gesetzlichen Änderungen wie der Musterbauordnung!
Wir alle kennen den Spruch: „Wer günstig kauft, kauft zweimal.“ Genau deshalb sollten wir nun endlich Freiräume von Menschen planen lassen, die es studiert haben und nicht nach der Devise weitermachen „ja das bisschen Grün können wir mitmachen“ – denn dann planen wir zweimal. Und ein Blick auf die Klimakrise und unsere überhitzten Städte zeigt, viel Zeit haben wir nicht mehr.
Luisa Richter absolvierte ihren Bachelor in der Landschaftsarchitektur an der Technischen Universität Berlin und studiert dort nun im Master weiter. Sie engagiert sich in der Bundesfachschaft Landschaft.
Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Fabian P. Dahinten, Johanna Lentzkow und Lorenz Hahnheiser.
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