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Zurück Nachwuchs-Kolumne #209

Werkstadt für klimagerechte Lehre 4/7: Theorie trifft Praxis

In Detmold wurde es handwerklich. Dort diskutierten Planende mit verschiedenen Gewerken, wie das nachhaltige Bauen wirklich auf die Baustelle kommt. Zum Beispiel mit weniger Industrieprodukten, mehr Design-Build-Projekten oder mehr Auszeichnungen.

Von: Lorenz Hahnheiser
Lorenz Hahnheiser schreibt über die Architekturlehre an den Unis, architekturpolitische...

26.06.20244 Min. Kommentar schreiben
Die Werkzeugwand: Hier bringen die Teilnehmenden der Veranstaltungsreihe Gegenstände an, die symbolisch zum diskutierten Thema passen.
Bei jeder Werkstadt befestigen die Teilnehmenden symbolische Gegenstände an der „Werkzeugwand“. Diesmal: Protein-Leim als Beispiel für detaillierte klimafreundliche Lösungen, ein rohes Stück Holz als Symbol für den gemeinsamen Arbeitsprozess und eine Plakette um Auszeichnungen als Werkzeug hervorzuheben.

„Formen“ war das diesjährige Motto der Detmolder Design Woche. Acht Tage lang belebten lokale Kunst- und Designprojekte über 40 Standorte und füllten den Leerstand der Stadt, in der 75.000 Menschen wohnen. Teil des Rahmenprogramms war auch die vierte „Werkstadt für Klimagerechte Lehre“.

Im Flyer der Designwoche heißt es „Transform: Alles ist formbar. Nicht nur Keramik und Gips, sondern auch unser Zusammenleben und unsere Zukunft.“ Das will man auch gern der Baubranche zurufen. Doch unter den vielen wirtschaftlichen und rechtlichen Zwängen lässt sich die Bauwende nicht ganz so leicht auf die Baustelle bringen.

In wessen Verantwortung liegt die Bauwende?

Bauen ist so komplex, dass niemand allein die Auswirkungen aller Entscheidungen auf das Klima überblicken kann. Die Podiumsteilnehmer der Werkstadt signalisieren, dass viele im Handwerk sich für nachhaltiges Bauen begeistern. Vielen Architekturschaffenden hingegen falle es offenbar schwer, den Bauausführenden dies zuzutrauen – sie würden oft von oben herab Anweisungen geben.

Diskussionsrunde im Stuhlkreis
Das Podium bildeten dieses Mal Simon Hofmann (mitte), Geschäftsführer des Technologie- und Berufsbildungszentrum Paderborn, Ulrich Steinmeyer (von hinten), Geschäftsführer der ÖkoPlus AG und Brendan Thome (rechts), Inhaber von TechTinyHouse.

Vier pragmatische Forderungen

Anders als bei der letzten Werkstadt wurde es dieses Mal so pragmatisch, dass die zusammengetragenen Forderungen sich auch als konkrete Werkzeuge nutzen lassen:

1. Materialnutzung detailliert durchdenken!

Klimaschädlichkeit wohnt im Detail. Es reicht nicht, dem Haus oder der Küchenarmatur eine Holzoptik zu geben. Hinter der Schale verstecken sich gern Verklebungen, fossile Dämmstoffe, Plastikrohre und vieles mehr. Industriell gefertigte Systeme verführen Planende und Bauende dazu, nicht selbst zu denken. Mehr noch: Wenn sie die Systeme unverändert verbauen, liegt die Haftung im Fall von Mängeln bei den produzierenden Unternehmen. Konstruktionen detailliert zu durchdenken, braucht Fachkenntnis und kostet Zeit.

2. Aus „Bau mir das!“ sollte „Wie bauen wir das?“ werden!

Das Handwerk sollte ins Spiel kommen, bevor alles entschieden ist. So können die Entwerfenden sich die Fachkenntnis der Gewerke schon früh im Planungsprozess zunutze machen. Das kann zu besseren Lösungen führen und eine effizientere Zusammenarbeit auf Augenhöhe befördern.

3. Berufliche und akademische Lehre vernetzen!

Auf dem Papier sind Ausbildung und Studium seit 2014 in ihrer Wertigkeit gleichgesetzt. Doch die allgemeine Wahrnehmung gibt der akademischen Bildung häufig einen höheren Stellenwert. Deshalb gehen manche ins Büro, obwohl sie in der Werkstatt besser aufgehoben wären. Das gemeinsame Arbeiten sollten beide Seiten schon in der Lehre üben. Durch „design and build“-Projekte etwa könnten Studierende gemeinsam mit Lehrlingen ins Machen kommen. Das baut Barrieren ab und gibt Selbstbewusstsein, an nachhaltigen Bauausführungen festzuhalten.

4. Nachhaltiges Bauen auszeichnen!

Es ist wichtig, gute Projekte auszuzeichnen, ihnen damit Aufmerksamkeit zu geben und Nachhaltigkeit zum Statussymbol werden zu lassen. Mit Förderungen, Plaketten und Urkunden kann ein Sog erzeugt werden, der mehr und mehr Bauende ins klimagerechte Denken bringt. Das gilt sowohl für den realen Bau als auch für Ausbildung und Studium. Hier könnten Schemata, die beispielsweise die CO2-Einspeicherung bewerten sogar zur Benotung herangezogen werden.

Gruppenbild der vierten Werkstadt
40 Personen aus dem praktischen wie akademischen Feld kamen in Detmold zusammen. Sie waren teils vor Ort und teils digital zugeschaltet. Klar wurde: Das Handwerk und die Planungsdisziplinen können die Bauwende nur gemeinsam vollziehen.

Zur nächsten Werkstadt dazu-zoomen

In der nächsten Werkstadt geht es am 5. Juli in Leipzig ab 18:30 Uhr endlich direkt an die Lehre. Unter anderem diskutieren die Teilnehmenden mit Professor:innen der Bauwende Ringvorlesung, an welchem Punkt im Studium Klimagerechtigkeit wie viel Raum einnehmen sollte. Interessierte können sich hier dazu-zoomen.

nexture+ lädt sieben Mal zu einer „Werkstadt“ ein, um die überfällige Transformation der Hochschulen strukturell zu beschleunigen. Lorenz Hahnheiser ist Co-Organisator und Co-Moderator der Reihe „Werkstadt für klimagerechte Lehre“. 


Lorenz Hahnheiser hat sein Bachelor-Architektur Studium an der Leibniz Universität Hannover abgeschlossen, sammelte dann erste Bauerfahrungen und studiert nun im Master an der TU Berlin. Er engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+ und ist Beirat der Joanes Stiftung.

Die Nachwuchs-Kolumnen des DAB schreibt ein junges Team, weitere Autor:innen sind Johanna Lentzkow, Fabian P. Dahinten und Luisa Richter.

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