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Zurück Tag der Architektur

Neue Einblicke

An keinem anderen Tag des Jahres bekommen Architektinnen und Architekten mehr Aufmerksamkeit. Wie „Räume prägen“, erläuterten Hunderte von ihnen Ende Juni einer breiten Öffentlichkeit an ihren besten Projekten

16.07.20198 Min. Kommentar schreiben

Von Lars Klaaßen

Wenn Zehntausende Menschen bei bis zu 36 Grad freiwillig Schlange stehen, muss ihr Ziel schon sehr reizvoll sein. Und es gab nicht bloß ein Ziel, sondern Hunderte. Am letzten Wochenende im Juni wurden Wohnungen geöffnet, Büros, Produktionsstätten, Pflegeeinrichtungen, Schulen und vieles mehr. Ob Rückzug, persönliche Entfaltung, gemeinschaftliches Leben, Arbeit oder Vergnügen: Für all unsere Bedürfnisse im Leben braucht es passgenaue Lösungen. Wie die im besten Fall aussehen und was alles möglich ist, erläuterten Architekten bundesweit an gebauten Beispielen.

Baden-Württemberg: Im Bus zur Baustelle

In Baden-Württemberg hieß es wieder „Einsteigen bitte!“, denn hier finden am Tag der Architektur innerhalb des Bereichs einer Kammergruppe stets Busfahrten zu den geöffneten Häusern statt. In Pforzheim und dem benachbarten Enzkreis regten eine umgebaute Kirche und das aufgestockte Bürogebäude eines Metallgroßhändlers zur Diskussion an, wie die Pforzheimer Zeitung berichtet. Highlight war aber der Baustellenbesuch des neuen Rathauses von Remchingen, wo die Besucher die Treppenkaskade im Atrium erklimmen konnten.

Im Landkreis Waldshut machte die Badische Zeitung Trends beim Bauen anhand von vier höchst unterschiedlichen Objekten aus: einer Kita, eines Servicegebäudes für Minigolf und Touristeninformation, eines Zweifamilienhauses und eines Abschiedsraums in einem Bestattungswald.

Bayern: Update zum 50. Geburtstag

Das Baywa-Hochhaus im Münchener Arabellapark wurde 1969 gebaut. Pünktlich zum runden Geburtstag haben Hild und K Architekten die Konzernzentrale komplett saniert. Der Komplex  erhielt eine neue Fassade, wurde um vier Etagen aufgestockt und erhielt ein neues Basisgebäude mit fünf Stockwerken. Das Update beschränkte sich nicht auf das Gebäude, sondern erstreckte sich auch auf die Außenanlagen. Diese wurden von Keller Damm Kollegen Landschaftsarchitektur neu gestaltet: Aus trostlosen Parkplätzen wurde eine Grünzone mit Bäumen. „Bemerkenswert ist das Projekt, weil es zeigt, wie man mit Nachkriegsarchitektur in der Stadt umgehen kann“, schreibt die Süddeutsche Zeitung darüber und kommt mit Blick auf weitere Projekte zu dem Schluss: „Zu Abriss und Neubau gibt es eine Alternative.“

Das Wohnhaus „einfach gebaut“ mit seiner offenen Erschließung. Foto: Boris Trenkel

Berlin: Unbebaubar und doch bebaut

In Berlin, wo das Thema der bezahlbaren Mieten gerade politisch hochkocht, machten sich Tausende auf den Weg, um sich unter anderem anzusehen, wie auf „unbebaubaren“ Grundstücken kostengünstig qualitätsvoller Wohnraum entstehen kann. Auf den Straßen vor den Architektur-Objekten konnte es teilweise eng werden, zum Beispiel in der Friedrichshainer Eckertstraße: Dort tummelten sich viele Neugierige, um einen Blick in den Neubau „einfach gebaut“ von orange architekten zu werfen. Das ungewöhnliche Wohnhaus mit 15 Wohn- und Gewerbeeinheiten besteht aus zwei unterschiedlich proportionierten Baukörpern, die mit offener Infrastruktur zu einem durchlüfteten Raumgefüge verbunden werden.

Brandenburg: Betonquader mit Holzkrone

Als „geradezu aufregender Bau in schlichten Formen“ kommt ein Haus in Werder (Havel) laut Potsdamer Neueste Nachrichten daher. Sein unteres, 85 Quadratmeter großes Betongeschoss ist aufgrund der Hanglage des Grundstücks von der Straße aus nicht sichtbar. Von dort erblickt man zunächst einen Pavillon aus Holzstreben mit Glas dazwischen, der auf dem massiven Quader steht. Die obere Etage des Hauses ist kleiner als das Souterrain, gläserne Falttüren geben von hier den Weg auf die umlaufende Terrasse frei. Architekt Jurek Brüggen bezeichnet das von ihm entworfene Gebäude als Jahreszeitenhaus, da nicht jeder Raum zur ganzjährigen Nutzung geeignet ist: Der Pavillon lässt sich nicht beheizen. Das Feriendomizil wird unter dem Namen „Haus am See“ vermietet.

Einen ausführlichen Nachbericht der Brandenburgischen Architektenkammer lesen Sie hier.

Sieht aus wie Strandurlaub, ist aber Tag der Architektur. Am Waller Sand wurde Hochwasserschutz mit Freizeitnutzung und Landschaftsplanung verknüpft. Foto: Kristin Kerstein

Bremen: Ein Deich wird zum Park

Nicht nur Häuser, auch Landschaftsräume prägen unser Leben. In Bremen etwa stieß die Parkanlage „Waller Sand“ auf großes Interesse. Rund um das Wendebecken im Nordwesten der Überseestadt entsteht ein öffentlicher Erlebnisraum. Die bestehenden Deichanlagen, für den Hochwasserschutz unerlässlich, wurden ertüchtigt und als großzügiger Strandpark gestaltet. Der Entwurf des Büros A24 Landschaft Landschaftsarchitektur verbindet hierbei technische Erfordernisse modernen Deichbaus mit hoher landschaftsarchitektonischer Qualität und alltäglicher Benutzbarkeit.

Hessen: Holzhybride in Serie

Die wohltuende Kühle in den Räumen der Holzhybridhäuser wussten die Besucher an diesem tropisch heißen Tag der Architektur zu schätzen, wie die Offenbach-Post berichtet. Die Neubauten  in der Offenbacher Hans-Böckler-Siedlung punkten nicht nur mit gutem Raumklima, sie wurden auch schnell und günstig fertiggestellt: in weniger als einem Jahr. „Sie sind modular konstruiert und bestehen aus vorgefertigten Teilen, was ihre kurze Bauzeit erklärt“, erläuterte Architekt Andreas Hirschmüller bei einer Führung. Sein Konzept: „Kleine Grundrisse, kein Schnickschnack, aber hohe Qualität.“ Die zwei für die Gemeinnützige Baugesellschaft Offenbach im Juni 2018 fertiggestellten seriellen Systemhäuser beherbergen 28 Einheiten auf 1.800 Quadratmetern, als Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen konfiguriert.

Über das neue Oberlahnbad in Weilburg berichtet Radio Westerwald.

Mecklenburg-Vorpommern: Alt aber autark

In Greifswald wiederum rückte das wichtige Thema Energie in den Fokus. Der Architekt Frank Bräsel zeigte an einem Wohnhaus auf der Stralsunder Landstraße, das um 1880 errichtet worden ist, was geht: Nach Sanierung inklusive der historischen Fassade ist das Gebäude energetisch autark. Für Strom sorgt die Photovoltaikanlage auf dem Dach, für Wärme die Ausnutzung der Temperaturunterschiede im Boden. Eine große Batterie und ein 800-Liter-Wasserspeicher sichern in Mangelzeiten die Versorgung. Trinkwasser kommt aus dem eigenen Brunnen. Das Abwasser wird biologisch geklärt und in den Fluss Ryck geleitet. Der Besitzer ließ sich vom Anschlusszwang an die städtischen Netze befreien.

Die Ostsee-Zeitung stellt außerdem zwei weitere Sanierungsprojekte in Greifswald vor.

Nordrhein-Westfalen: Wohnhaus als Fernsehstar

Auch in Düsseldorf spielte das Thema Wohnen eine zentrale Rolle. So konnten Besucher sich dort das Projekt der Baugruppe „Wohnen mit Kindern“ (wmk3) ansehen. Es ist das dritte dieser Art, das vom Verein „Wohnen mit Kindern“ (WmK) unterstützt wird. Ziel der aus 30 Familien bestehenden Baugruppe ist es, in einer familienfreundlichen, vielfältigen und selbstbestimmten Nachbarschaft zu wohnen. Hierfür bietet das Haus auch Gemeinschaftsräume. Wie so etwas umgesetzt wird, erläuterte Architekt Norbert Post, der das Gebäude mit seinem Kollegen Dirk Becker entworfen hat, dem anwesenden Fernsehteam des WDR.

Der WDR-Hörfunk berichtete außerdem über die Textilakademie in Mönchengladbach.

Einen ausführlichen Nachbericht der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen lesen Sie hier.

Rheinland-Pfalz: Weinberg und Schuhfabrik

Mit rund 300 interessierten Besuchern war das Haus Weinrebe in Bodenheim ein Publikumsmagnet am Tag der Architektur in Rheinland-Pfalz. Das Wohnhaus hat der Architekt Andreas M. Schwickert (Fachwerk4 Architekten, Wirges) für eine vierköpfige Familie entworfen. Es öffnet sich mit großformatigen Fenstern zum Weinberg. Ein Highlight ist die Dachterrasse im Staffelgeschoss, die einen weitläufigen Ausblick in das Weinanbaugebiet ermöglicht.

Auch das Deutsche Schuhmuseum in Pirmasens lockte zahlreiche, architekturinteressierte Besucher an. Die ehemalige Schuhfabrik ist in der Region Karlsruhe-Mannheim-Saarbrücken das einzige erhaltene gewerbliche Bauwerk, das nach den Prinzipien des Bauhauses erstellt wurde. Neben Architektur- und Museumsführungen zeigte der mobile Pavillon „Raum für Baukultur“ eine kleine Ausstellung zum Architekten des Gebäudes, Josef Uhl aus Primasens.

Über eine Kita in Kaiserslautern, bei der „an alles gedacht“ wurde, berichtet die Zeitung Rheinpfalz.

Saarland: Futuristische Arbeitswelt

Das Ergosign-Gebäude im Saarbrücker Quartier Eurobahnhof eröffnete Einblicke in die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts. Diese ließ sich auch Kulturradio SR2 nicht entgehen. In dem dunklen Alu-Quader arbeiten rund 100 Angestellte des gleichnamigen IT-Unternehmens, das dort auf fast 2.000 Quadratmetern seinen Hauptsitz bezogen hat. 2017 ist das Gebäude aus der Feder des Büros FLOSUNDK architektur+urbanistik fertiggestellt worden. In die Planung waren sämtliche Mitarbeiter aktiv miteinbezogen. Herzstück des im KfW-Effizienzhaus-Standard (KfW 55) gebauten Hauses ist das eindrucksvolle Forum, das zur Kommunikation einlädt. Hingucker am Tag der Architektur waren auch die große Dachterrasse und der Hof im Schatten des futuristisch anmutenden Gebäudes.

Thüringen: Schottland und Malawi in Weimar

Ist das noch Umbau oder schon Neubau? Das „Holzhaisel“ am Stadtrand von Weimar machte es seinen Besuchern nicht leicht, diese Frage zu beantworten. Am Anfang war ein Eigenheim aus den 1950er-Jahren. Seit 2016 steht am selben Ort ein Haus, das „geliebte Wohnerfahrungen und typische Erscheinungen transformiert“, wie Osterwold°Schmidt EXP!ANDER Architekten BDA ihren Entwurf erläutern. Für seine drei Bewohner galt es, drei unterschiedliche Aspekte miteinander zu verbinden: Die erzgebirgische Heimat im Herzen, Jahre an der schottischen Küste und regelmäßige Aufenthalte in Malawi setzten Maßstäbe an die Wohnerwartung.  Das Haus, so die Architekten, „vereint die Vorzüge des Wohnens auf einer Ebene mit dem Schutzraum des Daches und die scharfe Kubatur mit Dachüberstand und Verandamotiv, die dem Haus eine bezeichnende Kontur verleihen, vor allem  jedoch eine besondere Wohnqualität im Übergang von innen nach außen.“

Einen ausführlichen Nachbericht der Architektenkammer Thüringen lesen Sie hier.
Eine Bildergalerie finden Sie hier.

 

 

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