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Praxis-Handbuch zum kompakten Hofhaus

Eigentlich Widersprüche: Nachverdichtung, Flächensparen und Einfamilienhaus. Doch mit dem Hofhaus ist das alles möglich. Das zeigen die konzentrierten Forschungsergebnisse in einem neuen Buch.

Von: Christoph Gunßer
Christoph Gunßer ist für das DAB vor allem in Süddeutschland...

15.10.20213 Min. Kommentar schreiben

 

Von Christoph Gunßer

Das Hofhaus ist unter den heutigen planerischen Randbedingungen ein komplexes Thema. Doch sein Potenzial ist groß, gerade bei der Nachverdichtung allzu locker bebauter Quartiere, wie es sie in der westlichen Welt viele gibt.

Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass die drei Autoren Jan Cremers (Architekt), Peter Bonfig (Architekt) und David Offtermatt (Klimaingenieur) das Thema „kompaktes Hofhaus“ im Rahmen ihrer Tätigkeiten an der Hochschule für Technik in Stuttgart erstmals systematisch durchdrungen haben, nachdem das Interesse in der Fachöffentlichkeit zuletzt gewachsen ist. Die Ergebnisse ihres von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts liegen nun in einem (ebenfalls handlichen) Band vor.

Praxis-Handbuch für die Zukunft

Vom Anspruch her richtet sich „Kompakte Hofhäuser – Anleitung zu einem urbanen Gebäudetyp“ definitiv nicht an Laien, sondern an Fachleute in der Praxis. Wer nach einer kulturhistorischen Einordnung des Typus und nach Gründen sucht, warum das Hofhaus im Westen nur eine kurze Konjunktur in der Nachkriegszeit erlebte, wird im Buch also nicht recht fündig (dazu lesen Sie mehr auf DABonline). Die Autoren blicken stattdessen nach vorn. Auf kleinem Raum präsentieren sie alles Wissenswerte zum kompakten Hofhaus. Das Schriftbild ist sehr klein, doch lockern Fotos und eigene Zeichnungen das Layout auf.

Von extrovertiert zu introvertiert

Bereits 60 Quadratmeter, auf jeden Fall aber 100 bis 150 Quadratmeter Baugrund reichen aus, um ein kompaktes Hofhaus zu planen. Die Proportion der Parzelle kann von 1:1 (quadratisch) bis 1:5 reichen. Die Geschossigkeit kann von zwei bis vier Stockwerken, die Ausnutzung also bis zu einer GFZ von 3,5 gelangen.

Grund genug also, diese raffinierte Struktur in Erwägung zu ziehen. Doch sie setzt eine grundlegende Umorientierung der Bebauung voraus, wie sie die westliche Welt bisher ungeachtet neuerer Energiesparmaximen weiter pflegt: Das extrovertierte, also freistehende Haus wird durch die introvertierte Hofhausstruktur ersetzt oder, besser noch, ergänzt. In Deutschland sind von 19 Mio Wohnbauten bekanntlich knapp 16 Mio überwiegend freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser.

Acht Typen von Hofhaus

Acht Typen kompakter Hofhäuser haben die Forscher als Gegenmodell entwickelt. Dabei illustrieren sie ihre Systematik zwar mit konkreten Beispielen aus aller Welt, darunter, wie zu erwarten, viele aus dem eng bebauten Japan. Doch die Autoren sprechen von einem in wesentlichen Aspekten neuartigen Gebäudetyp für verdichtete urbane Strukturen.

Die Forscher thematisieren dabei alle relevanten Parameter, von der Belichtung der Räume bis zur Akustik. Bei besonders dichten Teppichbebauungen gehen sie auch auf die Erfordernisse der Erschließung nach deutschem Recht ein (Gebäudeklassen mit separatem Treppenhaus zum Beispiel).

Hofhaus auch für Nachverdichtungen geeignet

Anwendung kann das Hofhaus dabei nicht nur auf der grünen Wiese, sondern gerade auch bei Nachverdichtungen finden. Sogar hochbelastete innerstädtische Standorte wie Baulücken und Block-Ecken lassen sich damit bebauen.

Zu den Vorzügen der Hofhäuser zählen die Autoren: Überschaubarkeit in komplexen Strukturen, Privatheit des Freiraumes, Sicherheit, insbesondere auch Pandemie-Sicherheit, da wenig kollektive Erschließungsformen damit verbunden sind. In einem Gastbeitrag stellt der Wohnsoziologe Gerd Kuhn heraus, dass Hofhaus-Nachbarschaften konfliktärmer sind (als das gängige Reihenhaus), jedoch auch zur Isolation der Bewohner führen können.

Gerade in Zeiten immer weiter steigender Grundstückspreise verdient es das kompakte Hofhaus, ins Repertoire von Architekten und Entwicklern aufgenommen zu werden. Es ist komplex zu planen, doch die Mühe wert.


Jan Cremers, Peter Bonfig und David Offtermatt
Kompakte Hofhäuser – Anleitung zu einem urbanen Gebäudetyp
Triest Verlag, 2021
160 Seiten, 45 Euro

 

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