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Zurück Licht und Dunkelheit

Schwarz sehen

Deutschland ist durchweg erhellt. Das Dorf Gülpe in Brandenburg pflegt dagegen die Finsternis. Ein Bericht aus Dunkeldeutschland.

01.03.20164 Min. Kommentar schreiben

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Text: Roland Stimpel

„Dunkeldeutschland“ war in den Jahren nach dem Mauerfall ein westlicher Schmähbegriff für den funzlig illuminierten Osten. Aber heute klagt man landesweit über Lichtverschmutzung; die schwarze Nacht hat Ansehen gewonnen. Das höchste genießt sie bei Astronomen, denen jeder irdische Scheinwerfer ein Stück vom Blick ins Universum zerleuchtet. Andreas Hänel, Leiter der Sternwarte Osnabrück, suchte darum systematisch nach dem lichtfreiesten Fleck im ganzen Land – und fand ihn im westlichen Brandenburg nahe der Havel, wo die Dörfer Namen wie Stodehne und Wassersuppe, Witzke und Ohnewitz führen.

Im Herzen der Finsternis liegt Gülpe, ein 160-Einwohner-Örtchen, dessen Namen man auf Google Maps vergeblich sucht. Noch vor zwei Jahren gab es hier nichts weiter als ein paar Bauernhäuser, eine Agrargenossenschaft, einen „Hof der Stille“ und die „Kreativoase“ des Malerpaares Jordis und Ingolf Hammer. Aber jetzt ist der Ort in den Blickpunkt all derer gerückt, die Entfernungen in Lichtjahren messen: Nach Andreas Hänels Entdeckung adelte vor zwei Jahren die „International Dark Sky Association“ die Gegend zum ersten „Sternenpark“ in Deutschland; weitere in der Eifel und der Rhön folgten. In und um Gülpe hat ein kleiner astronomischer Boom eingesetzt – mit Wissenschaftler-Begegnungen und „Astrotreffs“ von Hobby-Guckern, mit nachtaktiven Individualgästen und von Veranstaltern per Teleskop gebotenen „Ausflügen zum Sternenmeer“.

Schon tagsüber ist die Gegend optisch angenehm reizarm. Es dominieren die gedämpften Grün-, Braun- und Grautöne der märkischen Landschaft. Schon ein silbrig schimmernder Gänseschwarm vor dem Horizont hebt sich kräftig ab. Und nachts soll am Boden nur das nötigste Minimum an Sichtbarkeit herrschen. Für die Bewahrung der Dunkelheit sorgt nicht zuletzt Jens Aasmann, Direktor des Amtes Rhinow, zu dessen Verwaltungsgebiet Gülpe gehört. Als die Dunkelheits-Idee aufkam, gründete er rasch einen Förderverein, in dem Anwohner, Behörden und Naturschützer kooperieren. Denn anfangs galt es, lokalen Widerstand zu überwinden: Bürger fürchteten Lichtverbote; Einzelne warfen anfangs aus Protest sogar besonders grelle Scheinwerfer an. Inzwischen herrscht aber in Gülpe Konsens bei allen dunklen Absichten.

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