Von Fabian P. Dahinten
Vor dem Atriumgebäude unseres Fachbereichs Architektur gibt es rund 15 Parkplätze – und die sind im Semester immer hart umkämpft. Zwar haben nur Mitarbeitende die Zufahrtserlaubnis zu diesem Teil des Campus, trotzdem reichen die Plätze nie aus. Vielleicht, weil auch ein paar Studierende über unbekannte Wege zu der Berechtigung für die entscheidende Schranke gekommen sind? Wie auch immer: Wenn hier ein Platz frei ist, dann ist es entweder nach Mitternacht – oder ein Sonntag.
So war es jedenfalls bisher. Jetzt dagegen: Vor ein paar Tagen will ich zum ersten Mal seit Wochen mal wieder zum Fachbereich, mit dem Auto meines Freundes. Bis auf zwei weitere Autos ist der gesamte Parkplatz leer! Herrlich skaten könnte man hier, denke ich mir. Und dann fällt mir ein: Nein, es ist doch gar nicht Sonntag, es ist nicht Nacht. Es ist morgens an einem ganz normalen Wochentag. Der Campus ist also weiterhin eine Geisterstadt?
Es ist doch jemand da im Fachschaftsraum
Um so überraschter bin ich, als ich das Gebäude betrete und sehe, dass die Tür zum Fachschaftsraum offensteht. Hurra, Menschen?! Ich biege zielstrebig um die Ecke und will, wen auch immer, begrüßen. Ist es jemand aus dem Fachschaftsrat? Der Hausmeister? Oder jemand aus der Verwaltung, die in unserem Gebäude die Stellung hält?
Kaum stehe ich in der Tür, ruft eine Stimme mir entgegen: „Na! Wann geht es denn endlich wieder los?” Ach, es ist die nette Dame von der Reinigungsfirma! Ich schaue auf die Uhr – kurz nach neun. Aber um diese Zeit ist ihre Truppe doch sonst längst fertig. Nein, in diesen Zeiten ist sie es eben nicht. Wieso sollten sie sich auch beeilen, wenn doch eh kaum einer mehr kommt.
„Aber wann geht es denn endlich wieder los?“
Die Dame kenne ich gut, seit Jahren bereits, von den diversen Nachtschichten, die ich hier schon verbracht habe. Gegen fünf in der Frühe habe ich ihren Trupp dann kommen gehört – und gewusst, nun ist die Nacht nicht mehr lang. Der Arbeitsraum, in dem ich immer saß, lag auf der „Route“ der Frau, die jetzt vor mir steht. Meistens hat sie mich dann geneckt mit: „Na, wieder mal nicht fertig geworden?” Und mir fiel auf, dass ich ihr ja auch im Weg saß und sie von der Arbeit abhielt.
Aber heute ist es anders. Ich freue mich, sie zu sehen. „Putzen Sie weiter hier jeden Tag?“ erkundige ich mich freundlich. „Ja“, sagt sie, „wegen dieser Viren doch jetzt erst recht“. Und dann lacht sie mich an und fragt zum zweiten Mal: „Aber wann geht es denn endlich wieder los?” Und jetzt höre ich es deutlich heraus: Sie vermisst uns doch auch!
Hier findet ihr alle Einträge im Corona-Tagebuch von Katharina und Fabian.
Fabian P. Dahinten und Katharina Körber studieren Architektur an der Hochschule Darmstadt. Im Wechsel schreiben sie für das DAB dieses Corona-Tagebuch
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