Interview: Fabian P. Dahinten
Sind Wettbewerbe für junge Architekt:innen wie dich wichtig?
Beim Thema Selbstständigkeit stellt sich die große Frage, woher die Aufträge kommen. Wenn ich mich da so umschaue, sind die Gründungen in meinem Umfeld vor allem von Direktaufträgen getragen. Das setzt allerdings ein gutes, finanzstarkes und bauwilliges Netzwerk voraus. Auf den Teilnehmer:innenlisten der Wettbewerbe sucht man junge Architekturbüros leider meist vergeblich.
Sollten Wettbewerbe anders besetzt werden?
Das System könnte durchlässiger werden. In solch einer frühen Planungsphase geht es um das beste Konzept für eine Planungsaufgabe. Meines Erachtens könnte hier die Referenzpflicht und der Nachweis wirtschaftlicher Kenngrößen in Gänze entfallen. Auch Büros, die nicht bereits fünf Kindergärten gebaut haben und 30 Mitarbeiter:innen beschäftigen, können gute – oder gar die besten – Entwürfe für diese Aufgabe abliefern. Sollte sich im Anschluss an Wettbewerbe herausstellen, dass Kompetenzen oder Erfahrungen fehlen, können diese noch hinzugezogen werden.
Wie würde das funktionieren?
Beispielsweise durch eine Arbeitsgemeinschaft mit einem größeren Büro. Was nebenbei vielleicht auch den kooperativen Gedanken in unserer Disziplin fördern würde. Die Wettbewerbe könnten aber zumindest vielfältiger werden. Hier ist die Mischung der Teilnehmer:innen der Schlüssel. Neben renommierten Büros braucht es auch lokale und junge Büros. Andere europäische Länder machen damit sehr gute Erfahrungen. Beispielsweise Belgien mit dem Open Oproep. Beworben wird sich dort mit Motivationsschreiben, und es wird auf eine gute Mischung geachtet.
Wieso sollten Wettbewerbe zur Chance für jüngere Büros und Architekt:innen werden?
Wir stehen zurzeit gesellschaftlich vor großen Herausforderungen. Die letzten anderthalb Jahre haben unser Zusammenleben auf den Kopf gestellt und Tendenzen beschleunigt. Wohnen, Arbeiten und Leben verändern sich zurzeit stark. Hier sind wir als Architekt:innen gefragt. Gerade auch im Wohnungsbau geht es um den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Da bedarf es neuer Positionen, Innovation und Experimente. Insbesondere im Umgang mit der Transformation im Bestand. Wenn ich mir die klassischen Verfahren der Wettbewerbe anschaue, tauchen da allerdings oft dieselben Namen auf. Gerade jetzt wäre ein Mehr an frischen Konzepten, neuen Ideen und diversen Positionen auch für einen gesellschaftlichen Diskurs über die Stadt der Zukunft wichtig.
Der Architekt Dennis Ewert hat an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart mit einem Master abgeschlossen. Er hat sich vor Kurzem selbstständig gemacht und engagiert sich im Mannheimer Verein für Baukultur.
Fabian P. Dahinten studierte Architektur an der Hochschule Darmstadt startet nun ins Berufsleben und engagiert sich bei der Nachwuchsorganisation nexture+.
Hier findet ihr alle Nachwuchs-Kolumnen von Fabian.
Wie sind eure Erfahrungen als Architektur-Studierende oder Berufseinsteiger? Hinterlasst uns einen Kommentar auf dieser Seite oder schreibt uns unter DAB-leserforum@handelsblattgroup.com
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: